Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
Angela ganz langsam ihren Kopf, während sich ihr Körper nach vorne bog, und erwiderte Deannas Blick.
Sogar durch die Nebelschleier ihres Schocks sah Deanna ihr kurzes Lächeln, die verhohlene Freude, bevor der gequälte Gesichtsausdruck einrastete. »O mein Gott!« Angela versetzte Marshalls Schulter einen Stoß. »Deanna.« In ihrer
Stimme schwang der Schrecken mit, den sie nicht ganz in ihren Blick bringen konnte.
Er drehte den Kopf. Seine dunklen, glasigen Augen richteten sich auf Deanna. Alle Bewegungen erstarben, als hätte ein Schalter die beiden in ein abscheuliches Standbild verwandelt. Deanna durchbrach diese Szene mit einem erstickten Aufschrei. Sie fuhr herum und rannte davon, zertrampelte dabei die Rosen, die sie fallengelassen hatte.
Heftig atmend erreichte sie den Fahrstuhl. Ein fürchterlicher Schmerz ging von ihrer Brust aus. Immer wieder hieb sie auf den Abwärtsknopf am Fahrstuhl ein. Wie von Furien gehetzt wirbelte sie dann herum, raste in Richtung Treppe. Sie konnte nicht stillstehen, konnte nicht denken. Sie stolperte die Stufen nach unten und bewahrte sich eher instinktiv als mit einer bewußten Anstrengung vor einem Sturz. Sie wußte nur noch, daß sie weg mußte, stürmte Stockwerk um Stockwerk die Treppen hinab, verfolgt von den Echos ihres schluchzenden Atems.
Im Erdgeschoß rannte sie wie blind gegen die Tür, hämmerte weinend mit den Fäusten dagegen, bis sie sich wieder soweit unter Kontrolle hatte, daß sie die Klinke herunterdrücken konnte. Sie schob sich durch die Öffnung und stieß gegen Finn.
»He!« Belustigung flammte in ihm auf, war aber im nächsten Moment wieder verflogen. Als er ihr Gesicht sah, verging ihm das Lachen; sie war kreidebleich. »Bist du verletzt?« Er packte sie an den Schultern, zog sie nach draußen in die Sonne. »Was ist passiert?«
»Laß mich los.« Sie wand sich hin und her, stieß ihn von sich weg. »Verdammt noch mal, laß mich in Ruhe!«
»Das werde ich nicht tun.« Instinktiv nahm er sie in seine Arme. »Okay, ich halte dich, und du kannst einfach loslassen.«
Er wiegte sie hin und her, strich ihr über die Haare, während sie an seiner Schulter weinte. Sie hielt nichts zurück, ließ den Schock und die ganze Verletzung mit den Tränen aus sich herausfließen. Der wogende Druck in ihrer Brust nahm ab wie eine Schwellung in kühlem Wasser. Als Finn spürte,
daß sie ruhiger geworden war, führte er sie über den Parkplatz zu einer niedrigen Steinmauer.
»Komm, setzen wir uns hin.« Er zog ein Taschentuch aus seiner Tasche und drückte es ihr in die Hände. Obwohl er die Tränen einer Frau nicht ausstehen konnte, hätte er sich als Feigling von der schlimmsten Sorte offenbart, wenn er jetzt vor Deannas Tränen davongelaufen wäre. »Jetzt reiß dich ein wenig zusammen und erzähl Onkel Finn, was passiert ist.«
»Geh zum Teufel«, murmelte sie und putzte sich die Nase.
»Na, das ist doch schon mal ein guter Anfang.« Sanft strich er ihr die Haare von den feuchten Wangen. »Was ist geschehen, Deanna?«
Sie wich seinem Blick aus. In seinen Augen war viel zuviel Sorge, viel zuviel Bereitschaft, sie zu verstehen. »Ich habe gerade herausgefunden, daß ich ein Idiot bin, daß ich keinerlei Menschenkenntnis besitze und keinem trauen kann.«
»Das klingt ja wie das Resümee einer Nachrichtensprecherin im Fernsehen.« Als sie nicht lächelte, nahm er ihre Hand. »Ich habe keinen Whiskey bei mir und letztes Jahr das Rauchen aufgegeben. Das Beste, was ich dir anbieten kann, ist eine Schulter.«
»Von der scheine ich doch schon Gebrauch gemacht zu haben.«
»Ich habe noch eine zweite.«
Anstatt sich jedoch an ihn zu lehnen, richtete sich Deanna wieder auf und verkniff sich alle weiteren Tränen. Vielleicht war sie ja ein Idiot, aber sie hatte immer noch ihren Stolz. »Ich bin gerade bei einer Frau hereingeplatzt, die ich eigentlich für eine Freundin hielt, und habe dort einen Mann überrascht, den ich für einen Geliebten hielt.«
»Na, das ist ja wirklich eine ganze Menge.« Ihm fielen keine klugen Worte ein, mit denen sich irgend etwas bemänteln ließe. »Der Psychologe?«
»Marshall, ja.« Ihre Lippen zitterten, mit einer bewußten Anstrengung konnte sie es unterbinden. Sie schämte sich nicht der Tränen, die sie vergossen hatte, aber jetzt waren sie versiegt, und sie wollte, daß das auch so blieb. »Und Angela. In ihrem Büro.«
Einen Fluch murmelnd, blickte er zum sechzehnten Stock hoch. »Und ich vermute, die Situation war
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