Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
eindeutig.«
Ihr Lachen war staubtrocken. »Ich bin eine geübte Beobachterin. Wenn ich zwei Menschen sehe, die sich gegenseitig befummeln und von denen einer halbnackt ist, dann weiß ich, worauf die aus sind. Dann brauche ich auch keine weitere Bestätigung.«
»Vermutlich nicht.« Für einen Moment verstummte er. Der Wind flüsterte auf der kleinen Grasfläche hinter ihnen und ließ die Tulpen auf der Böschung schwanken, die so angeordnet waren, daß sie in sonnigem Gelb die Buchstaben CBC bildeten. »Ich könnte ja ein Team zusammentrommeln, mit Kamera, Lampen und Mikrofon bewaffnet in den sechzehnten Stock hochgehen und ihm das Leben zur Hölle machen«, überlegte Finn.
Dieses Mal klang ihr Lachen nicht mehr ganz so gezwungen. »Du willst ihn am Tatort interviewen? Das ist ein nettes Angebot.«
»Das würde mir tatsächlich Spaß machen.« Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr hielt er es für die perfekte Lösung. »Dr. Pike, welche Erklärung geben Sie uns als angesehener Familienberater dafür, daß Sie am Vormittag mit heruntergelassener Hose in einem Büro erwischt wurden? War das ein dienstlicher Besuch? Eine neue Form der Therapie, die Sie vielleicht dem Publikum vorstellen wollen?«
»Die Hose war noch nicht ganz heruntergelassen«, meinte sie mit einem Seufzer. »Ich habe die beiden unterbrochen. Und obwohl dein Angebot recht verführerisch ist, kann ich mich jetzt auch genausogut wieder selbst um alles kümmern.« Sie drückte ihm das benutzte Taschentuch in die Hand. »Verdammt noch mal, die haben mich wirklich zum Narren gehalten.« Deanna sprang von der Mauer weg und schlang sich die Arme um den Körper. »Das hat alles Angela eingefädelt. Ich weiß zwar nicht warum, ich weiß nicht einmal wie, aber sie hat das geplant. Ihr Blick hat es mir verraten.«
Diese Nachricht überraschte ihn nicht. Bezüglich Angela überraschte ihn sowieso nichts mehr. »Hast du sie vielleicht in letzter Zeit mit irgend etwas wütend gemacht?«
»Nein.« Sie hob die Hand, um ihr Haar nach hinten zu schieben, hielt dann aber plötzlich inne. New York, dachte sie und hätte fast gelacht. »Vielleicht doch«, meinte sie leise. »Und vielleicht will sie mir auf diese verdrehte Weise heimzahlen, daß ich mich ihr gegenüber in ihren Augen undankbar verhalten habe.« Wut flammte erneut in ihr auf, als sie sich wieder zu Finn umdrehte. »Sie wußte, was ich für ihn empfinde, und hat das ausgenutzt. Und der Zeitpunkt war bestens gewählt: Weniger als eine Stunde später geht es für mich schon wieder im Studio weiter.« Sie blickte auf die Uhr und schlug die Hände vors Gesicht. »O Gott, das ist ja in zwanzig Minuten.«
»Immer mit der Ruhe! Ich kann hinuntergehen und dich bei Benny krankmelden. Sie werden schon einen Ersatz finden.«
Für einen kurzen Augenblick zog sie es in Erwägung, dem nachzugeben. Doch dann sah sie wieder Angelas verschlagenes zufriedenes Lächeln vor sich. »Nein, darüber würde sie sich viel zu sehr freuen. Ich bin in der Lage, meine Arbeit zu tun.«
Finn sah sie prüfend an. Die Tränen hatten auf ihrem Gesicht deutliche Spuren hinterlassen, ihre Augen hatten rote Ränder und waren geschwollen, aber Deanna stand zu ihrem Entschluß. »Leute aus Kansas sind ja ganz schön zäh«, meinte er anerkennend.
Ihr Kinn fuhr noch ein bißchen weiter in die Höhe. »Und das ist auch verdammt gut so.«
»Dann sollten wir uns schleunigst um dein Make-up kümmern.«
Erst nachdem sie den Parkplatz überquert hatten und durch die Tür gegangen waren, sagte sie wieder etwas: »Danke.«
»Nichts zu danken.«
Sie begann die Treppe hochzugehen. »Sieht es eigentlich sehr schlimm aus?«
»Ach, es könnte schlimmer sein.«
Während er ihr beim Make-up behilflich war, hielt er das Gespräch in unverfänglichen Bahnen. Er brachte ihr Eis für
die Augen und Wasser für die Kehle und blieb bei ihr, um mit ihr zu plaudern, während sie die schlimmsten Stellen mit kosmetischen Mitteln kaschierte. Seine Gedanken jedoch arbeiteten dabei auf Hochtouren, und sie waren alles andere als unbeschwert und freundlich.
»Das ist gar nicht übel«, meinte er. »Versuch es mal mit ein bißchen mehr Rouge.«
Er behielt recht. Deanna strich sich mit dem Pinsel über die Wange. Und entdeckte im Spiegel Marshall. Ihre Hand zitterte kurz, dann legte sie den Pinsel beiseite.
»Deanna. Ich habe die ganze Zeit nach dir gesucht.«
»Ach ja?« Sie spürte, wie sich Finn neben ihr anspannte wie eine große Katze, die im
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