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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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drängte er und strich sich mit einer gereizten Bewegung das Haar zurück. Und dann begann er, die salzigen Spuren auf ihrem Gesicht mit seinen Küssen zu verwischen. Überrascht, auf diese Art getröstet zu werden, kramte sie ein Taschentuch aus ihrer Hose und putzte sich geräuschvoll die triefende Nase.
    „Ich war zu Tode erschrocken. Ich habe einfach nicht überlegt. Ich würde dir niemals wehtun. Das weißt du, nicht wahr?“
    „Wie oft willst du es noch hören? Oder verwechselst du mich mit einem Papagei? Natürlich weiß ich es. Wenn du mir nicht glaubst …“ Alain verstummte und fragte sich verzweifelt, was er ihr eben hatte vorschlagen wollen. Hatte er angesichts seiner überschießenden Gefühle den Verstand verloren?
    „Ja . Ich will es sehen“, kam sie ihm zuvor und schluchzte zur Bekräftigung noch einmal steinerweichend. „Zeig her.“
    Sie hatte die Spuren der Misshandlung bereits zu Gesicht bekommen, als sie noch nicht vernarbt waren und wesentlich schlimmer ausgesehen haben mussten. War es Scham, die ihn zögern ließ? Oder hatte er schlichtweg Angst, sie könnte diese Geste trotz ihrer Zuneigung falsch deuten?
    „Dieses Ansinnen bringt mic h in der Tat aus der Fassung.“
    Er trat einen Schritt zurück, um sich außer Reichwe ite von Beate zu bringen. Es mutete nach Flucht an, nicht allein räumlich, sondern auch innerlich zog er sich von ihr zurück. Was zum Teufel sollte er nur mit ihr anfangen? Es war viel zu gefährlich für sie zu bleiben. Er musste dafür sorgen, dass sie ihn verließ, bevor es zu spät war.
    Aber sie hatte schon den Teil von ihm geweckt, der ihm schlafend am liebsten war. Der Teil, der Anteil am Wohl und Wehe anderer nahm. Und der eigentliche Grund, weswegen er dagegen war, dass sie blieb. Sie jagte ihm Angst ein. Er hatte große Mühe darauf verwandt, kein Gefühl für Frauen zu entwickeln, das über Desinteresse oder reine Lust hinausging. Er hatte seine Erfahrungen mit Liebe gemacht. Und es hatte ihn beinahe zerstört.
    Er musterte seinen Untergang von Kopf bis Fuß. Was keine gute Idee war. Jetzt lächelte sie ihn an, offen und herzlich und sah dabei so verdammt unschuldig und süß aus. Er fluchte lautlos. Er wusste, das hier war ein riesiger Fehler. So, wie sie ihn anlächelte, wirkte es, als dächte sie, sie könnte wirklich Licht in die dunkelsten Ecken seines Herzens bringen und ihn heilen.
    Himmel, sie jagte ihm gewaltige Angst ein.
    „Du kannst mir glauben, dass ich deinen halbherzigen Fausthieb überleben werde. Der war höchstens in die Kategorie Fliegengewicht einzuordnen. Schau dich an, du halbes Hemd.“
    „Alain“, drängte sie , ohne auf sein Ablenkungsmanöver einzugehen.
    Er war noch ein Stück weiter von ihr weggerückt und erwiderte unwillig: „Du hast es dir bereits angesehen.“
    Sie überhörte seinen Einwand, trat stattdessen auf ihn zu und öffnete entschlossen den obersten Knopf seiner Hose. Er hielt die Luft an, während sie langsam sein Hemd aus dem Hosenbund zog und nach oben schob.

2 7. Kapitel
     
    Blitzschnell schlossen sich seine Finger um ihre Handgelenke und hielten sie fest. Besorgt und keineswegs verärgert, wie sie erwartet hatte, murmelte er: „Tu es nicht, Bea. Das kann ich niemandem … keiner Frau zumuten. Du wirst dich erschrecken … dich vor mir ekeln. Genauso, wie ich es tue.“
    Kaum merklich schüttelte sie den Kopf . „Mich ekeln? Du glaubst, ich würde dich abstoßend finden? Warum? Weil dein Körper nicht mehr perfekt ist – was auch immer du darunter verstehen magst? Ich halte es für ein Grundübel in dieser Familie, stets alles perfekt machen und haben zu wollen. Pierre und du, ihr duldet nichts Geringeres als Vollkommenheit. Euer Ruf in der Geschäftswelt, euer Benehmen in der feinen Gesellschaft, eure äußere Erscheinung – makellos und einwandfrei. Etwas anderes wäre für euch undenkbar. Ein schwarzes Schaf, wie ich es bin, passt da vermutlich ebenfalls nicht in euer Bild. Kein Wunder, dass du …“
    „Sei still“!
    Zögerlich ließ er seine Hände sinken und betrachtete Beate nachdenklich. Sie hatte Recht, sein Verständnis von Perfektion hatte sich gewandelt. Und war er etwa ein anderer Mensch als noch vor einem halben Jahr, weil seine Haut heute ein paar zusätzliche Schrammen zierten? Oder hielt er sich nicht mehr für annehmbar, weil er lediglich eine funktionstüchtige Niere besaß – die nicht mal seine eigene war?
    J a doch! Er hatte sich verändert! Und nicht, weil er eine zerfetzte

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