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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Ende ihrer Tage.
    W ie gesagt: wenn dies ein Märchen wäre oder ein Film. Wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre und nicht wie eine Praline, bei der man nicht sicher sein konnte, welche Füllung sie enthielt. Wenn das Leben ein funkelnder Smaragd wäre, wie der, den Alain in seiner Tasche trug, und nicht wie eine Truhe, die vergessen auf dem Grund eines Sees lag und von der niemand wusste, was sich darin verbarg. Ein Schatz? Sand und Steine? Leichenteile?
    Im wahren Leben geht es anders zu als in einem Roman voller Klischees und jede Geschichte ist anders. Zwar heißt es, die Nacht sei am dunkelsten kurz vor dem Sonnenaufgang. Allerdings stimmt der Umkehrschluss leider auch: Vor Sonnenuntergang ist es am hellsten.
    Damit man besser sehen kann, was man verliert.
     
    Leise schloss Alain die Tür hinter sich und schlenderte beschwingt die Treppe zum Erdgeschoss hinab. Er bemerkte einen schwachen Lichtschein unter der Tür zu Pierres Büro und das Lächeln in seinen Augen erlosch wie eine Kerzenflamme im Wind. Seine Hände ballten sich unwillkürlich zu Fäusten. Das hätte ihm gerade gefehlt, wenn er jetzt seinem Bruder über den Weg lief und der ihm die gute Laune verdarb!
    Er verlangsamte seine Schritte und überlegte, ob er weitergehen sollte. Vielleicht fand sich ja noch etwas zu trinken in seiner Wohnung.
    Nein! Nein, verdammte Hölle, e r sah nicht ein, sich vor Pierre zu verstecken. Im Übrigen war er davon überzeugt, dass sein Bruder längst wusste, was sich zwischen Beate und ihm entwickelt hatte. Wozu also dieses nervenaufreibende Katz-und-Maus-Spiel?
    Mit einem Ruck blieb er stehen und lauschte angestrengt mit erhobenem Kopf. Da, wieder! Ein abscheuliches Keuchen war durch die angelehnte Tür des Arbeitszimmers zu hören. Der flackernde Lichtschein verriet, dass Pierres Fernsehgerät lief.
    Was, zum Teufel, sollte das? Wieso sah er um diese Zeit in seinem Büro und nicht in seinen Privaträumen fern? Noch dazu …
    Eine dumpfe Ahnung stieg in Alain auf, während ihn seine Füße gegen seinen Willen Schritt für Schritt vorwärts trugen. Als hätte ihn ein Blitz getroffen, hörte er plötzlich Stimmen, die aus den Tiefen der Erinnerung in sein Bewusstsein drangen und sich mit dem Ton aus dem Fernsehapparat vermischten. Die Haare in seinem Nacken richteten sich auf. Es waren die gleichen Stimmen! Totenbleich stieß er die Tür auf.
    Pierre lag mehr, als dass er in seinem hohen Ledersessel saß, und stöhnte leise. Alain bemerkte nicht sofort die Hand in Pierres offener Hose, sondern starrte mit weit aufgerissenen Augen zum Bildschirm des Fernsehgerätes.
    Das Video! Ihm drehte sich der Magen um bei den Aufnahmen, die er noch nie gesehen hatte und trotzdem sofort erkannte. Er schluckte verzweifelt an der aufsteigenden Übelkeit. Instinktiv klammerten sich seine Finger fester um die Schachtel in seiner Hosentasche, wie um sich zu versichern, dass nicht diese Bilder sondern das seine Zukunft bestimmen würde.
    Er wankte schwer atmend auf den Schreibtisch zu, um nach der Fernbedienung zu greifen. Kalter Schweiß lief ihm von der Stirn und in die Augen, aber er bemerkte das Brennen des salzigen Wassers nicht.
    „Wo … woher hast du … das?“
    „Hall i-hallo, mein süßes Bruderherz! Wie schön, dass du dich zu mir gesellst.“
    Pierre zeigte sich nicht im Geringsten überrascht, ihn in seinem Büro zu sehen. Im Gegenteil, es hatte ganz den Anschein, als hätte er ihn bereits erwartet.
    „Macht sich gut, dieses Muster “, bemerkte er anerkennend und deutete mit dem Kinn auf Alain. „Ein Hakenkreuz auf dem Körper eines Kommunistenschweins! Einfach zum Brüllen. Etwas Passenderes wäre selbst mir nicht eingefallen.“
    „Du … du hast …“
    „Natürlich habe ich ihnen den Tipp gegeben.“ Sein glasiger Blick flog zwischen dem Fernsehgerät und seinem Bruder hin und her. „Jetzt!“, johlte er und fuchtelte aufgeregt mit der fast leeren Whiskeyflasche in seiner Hand. „Jetzt, guck hin! Nun mach schon, du verpasst sonst die beste Stelle. Da geht mir jedes Mal einer ab, wenn ich mir die ansehe. Mann-oh-Mann, wie sie dich da zu zweit aufreißen!“
    Ziemlich wacklig auf den Beinen schob sich Pierre aus seinem Sessel, nahm einen weiteren großen Schluck aus der Flasche und ließ sie achtlos zu Boden fallen.
    „Tz, tz, tz, ich wusste gar nicht, was für ein talentierter Bursche du bist. Wie viel Geld für deine akademische Ausbildung hätte ich mir sparen können, wenn du bloß ein einziges Wort über

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