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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Wut also gefälligst nicht an mir aus.“
    Sans gê ne schlug er ein Bein über das andere und wippte mit dem Fuß. Unbeeindruckt von ihren Worten bemerkte er lakonisch: „Übrigens siehst du gut aus, wenn du schimpfst. Doch gib Acht, es nicht zu übertreiben. Du könntest mir sonst gefallen. Und da sei Gott vor!“
    Er warf ihr einen Blic k nackter Herausforderung zu, fuhr sich durch die langen Haare und verschränkte die Finger im Nacken. Seine Augen wanderten wie Hände über Beates Körper, abschätzend und unverfroren. Einfach impertinent! Offenbar war es nicht so übel, was er sah, denn er ließ den Blick langsam wieder nach oben schweifen und nickte nachdenklich.
    „Kaum zu glauben, wie wenig Ähnlichkeit du mit Pierre hast. Nicht bloß äußerlich, obwohl du für eine Frau schon ein ziemlich langes Elend bist. Pierres verbissene Schweigsamkeit ist manchmal belastend, dein zügelloses Plappermaul hingegen ist nahezu unerträglich.“
    Ihr Unterkiefer klappte nach unten. Als ihr bewusst wurde, wie dämlich sie gerade wieder aussehen musste, presste sie die Lippen aufeinander. Sie suchte krampfhaft nach einer passenden Erwiderung und öffnete erneut den Mund.
    Aber das Gottesgeschenk an die Frauen kam ihr auch dieses Mal zuvor. „Einen gut gemeinten Rat, meine Süße …“, sagte er mit einer solchen Flüchtigkeit, dass Beate sogleich alarmiert war und sich ihre Stacheln aufrichteten.
    „Ich bin sicher, ich will ihn nicht hören, Süßer !“, funkte sie dazwischen und schaffte es, diese Anrede so klingen zu lassen, als müsste sie sich jeden Moment übergeben.
    „Es interessiert mich nicht, was du hören willst oder auch nicht. Und vor allem dulde ich es nicht, dass man mich unterbricht, wenn ich rede! Merke dir also eines: Germeaux hat dich eingeladen. Es ist sein Haus und du bist seine Tochter. Also lass mich in Ruhe. Hier laufen genügend junge und vor allem hübsche Schwestern umher, die mir ausreichend Ablenkung bieten, sodass ich auf deine Anstandsbesuche leicht verzichten kann.“
    Beate hatte sich längst umgedreht und schritt mit in die Höhe gereckter Nase und betont gleichmütig zur Tür. Um keinen Preis dieser Welt sollte er bemerken, welch ein Vulkan in ihr brodelte, denn damit würde sie ihm Gelegenheit bieten, sich weiter über sie lustig zu machen. Am liebsten hätte sie ihm auf der Stelle die sündig blitzenden Augen ausgekratzt.
    „He , du!“
    Beate hörte das Schnalzen seiner Zunge, als kommandiere er einen Ackergaul.
    „Warte! Ich bin noch nicht fertig.“
    Sie zwang ein – wie sie hoffte – reizendes Lächeln auf ihre Lippen und drehte sich zu ihm um.
    „Erwarte nicht, dass ich mit dir weiterhin Deutsch rede. Ich habe diese Sprache schon immer gehasst. Alles, was mit euch Deutschen zu tun hat, hasse ich. Vergiss das niemals. Salue poupée! “
    Das war eindeutig genug. Damit meinte er auch sie, vermutlich sogar in der Hauptsache sie. Mit ihrer Beherrschung war es endgültig vorbei. Sie machte einen letzten großen Schritt auf die Tür zu, riss die Klinke nach unten und stürmte hinaus. Mit einem Knall fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
     
    Ungestüm bahnte sich Beate ihren Weg durch ein Gedränge und Durcheinander, das an die Wühltische beim Sommerschlussverkauf erinnerte. Ärzte und Kranke, Pfleger und Besucher wuselten zwischen Bandagen, Gestellen, Rollstühlen und Krücken umher und scheinbar jeder wusste, welche Aufgabe und welcher Platz in dieser Welt ihm zugedacht war. Und wo blieb sie? Nicht zum ersten Mal in ihrem Leben fragte sie sich, zu welchem Zweck Der da oben eine Niete wie sie erschaffen hatte. Damit die anderen was zu lachen hatten?
    Sie marschierte schnurstracks auf die Damentoilette zu, sank zu Boden, hob die Hände vors Gesicht und brach in lautes Schluchzen aus. Es schmerzte richtiggehend in der Brust, als sich all der angestaute Druck in ihrem Inneren Bahn brach, ihre Kehle brannte und ihr Schädel dröhnte, denn in diesem Augenblick strömten sämtliche Gefühle, die sie bisher unter Kontrolle halten musste, in einer heißen Flut aus ihr heraus.
    Bis sie völlig ausgetrocknet war.
    Was hatte sie nur verbrochen? War sie nicht vor ihrer Reise nach Paris voller Tatendrang und Abenteuerlust gewesen? Hatte sie nicht sogar die Hoffnung gehegt, hier die nötige Ablenkung zu finden, um über den schmerzlichen Abschied von ihren Freunden hinwegzukommen und unbeschwert von Altlasten ein neues Leben zu beginnen? Alles besser zu machen? Oh nein, das wäre viel zu

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