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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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schön für einen Verlierer wie sie gewesen, weil sie nämlich unbedingt diese sturzbetrunkene, fiese Ratte finden und retten musste. Und als Krönung durfte sie sich von der nichts als wüste Beschimpfungen und Beleidigungen anhören! Saß vielleicht tief in ihr verborgen der Wunsch herauszufinden, ob es ein Leben nach dem Tod gab? Sie musste nicht mehr ganz bei Sinnen gewesen sein.
    Das war wieder mal ein klassischer Fall von Selbstüberschätzung , rügte sie sich wenig ernsthaft. Nun ja, konnte passieren, denn die meiste Zeit hatte sie trotz ihrer Fehler eine Menge Spaß gehabt. Aber, so schwor sie in der nächsten Sekunde, es würde nie wieder passieren. Und während ihr aufging, woher die tiefe Abneigung ihres Vaters gegenüber Alain rührte, hatte sie sich ihr Versagen an diesem Morgen bereits verziehen. Sie war nicht der Typ, der sich die eigenen Fehler lange nachtrug.
    Sie trug lieber anderen ihre Fehler nach. Ihr grauste schon jetzt bei der Vorstellung, mit Alain, diesem degenerierten Ekelpaket, unter einem Dach leben zu müssen. Pierre war nicht zu beneiden, denn im Gegensatz zu ihr musste er sich mit seinem Adoptivbruder arrangieren, während sie jederzeit die Flocke machen konnte. Und genau das würde sie tun, sobald Alain aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Für sie beide war kein Platz in der Villa Chez le Matelot .
    Als die Tür in den Waschraum geöffnet wurde, blieb sie einfach sitzen, den Kopf gesenkt, um zu demonstrieren, dass sie in Ruhe gelassen werden wollte. Eine leichte Berührung am Ellbogen (und ihre Neugierde) veranlassten sie, dann doch aufzublicken. Es war die freundliche Schwester mit dem runden Gesicht, die sie vor wenigen Minuten vor Alain gewarnt hatte.
    „Alles in Ordnung mit Ihnen?“
    „Scheiße“, schnaufte Beate auf Deutsch und das war auch schon alles, was ihr dazu einfiel. Nicht unbedingt das beste Wort, wenn man sich eines aussuchen durfte, andererseits war es ja ihre Spezialität, im entscheidenden Moment das Falsche zu sagen und zu tun. Sie hob die Hand und ließ sie wieder sinken, während sie schniefend ihre tropfende Nase hochzog.
    „ Alles okay. Mit mir zumindest, wohingegen mit diesem …“ Beate drehte sich hektisch um und deutete mit einer Kopfbewegung in keine bestimmte Richtung. „Mit diesem Scheusal scheint mehr als nichts in Ordnung zu sein. Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass er völlig durchgeknallt ist? Sie hätten mich nicht wie ein ahnungsloses Schaf in die Höhle des Löwen schicken dürfen. Willkommen in den Abgründen der Zivilisation! Er hat all seinen Verstand versoffen, nicht wahr? Vielleicht hat er ja auch nie welchen besessen, wer weiß? So etwas wie ihn sollte man einfach nicht ungestraft auf die Menschheit loslassen.“
    „ Gehen wir doch ein wenig an die frische Luft, Mademoiselle. Und dann erzählen Sie mir in aller Ruhe, was passiert ist.“
    Als sie aus dem Klinikgebäude traten und die Schwester den Weg zu einem weitläufigen Park einschlug, entdeckte sie hinter einem der Fenster den Urheber von Beates Tränen. Sein Blick hing zweifelsohne an der Deutschen, nicht schadenfroh, wie nach seinem glanzvollen Auftritt zu vermuten gewesen wäre, sondern eher nachdenklich. Oder gar schuldbewusst? Sie lotste Beate durch die Grünanlage zu einer Bank im Schatten, wo sie außer Sichtweite von Alain Germeaux sein würden.
    „Schöne Blumen haben Sie da.“
    „Schön, ja?“ Beates Gesicht war eine Studie der Frustration, als sie voller Abscheu auf den Strauß blickte, der durch ihre heftigen Bewegungen arg gelitten hatte. „Davon war auch ich bis vor kurzem überzeugt.“ Sie stopfte die Blumen in den Papierkorb neben der Bank, als wären sie voller Läuse.
    Die Krankenschwester hörte Beate zu und ertrug mit bewundernswerter Gemütsruhe deren ungezügelten Wortschwall , mit dem sich all ihre mühsam zurückgehaltene Wut über Alains ungebührliches Benehmen einen Weg aus ihrem aufgewühlten Inneren bahnte. Beschwichtigend tätschelte sie die Hand der Besucherin. Die verletzende Überheblichkeit und das Machtgehabe von Alain Germeaux hatte auch sie bereits zu spüren bekommen. Er konnte unausstehlich sein, wenn jemand nicht nach seiner Pfeife tanzte oder eine Sache nicht seinen übertriebenen Ansprüchen genügte.
    „ Ich glaube, jetzt geht es mir schon viel besser. Ich danke Ihnen, Schwester, dass Sie mein Gezeter und Jammern über sich ergehen ließen. Meine Freundinnen könnten bestätigen, wie schwer es zu ertragen ist, wenn ich mit

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