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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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die spürte, wie ihr der Kamm schwoll. Angesichts der floskelhaften Fragen, auf die der smarte Arzt augenscheinlich keine Antwort erwartete, unterbrach sie mit einem eindeutigen Handzeichen seinen Redefluss. „Doktor Ferrard, entschuldigen Sie vielmals, doch wenn mich mein Gedächtnis nicht im Stich lässt, sitze ich allein aus dem einen Grund vor Ihnen, weil Sie mir etwas über ein Problem mit Alain Germeaux erzählen wollten. Oder habe ich das falsch verstanden? Mir steht der Sinn nicht nach einem netten Plauderstündchen. Also, was ist mit ihm?“
    Überrascht schoss der raubvogelartige Kopf des Chefarztes in die Höhe. Zu Beates heimlicher Freude erstarb sein honigsüßes, falsches Grinsen. Verärgert zwirbelte er die Spitzen seines gepflegten Oberlippenbartes zwischen Daumen und Zeigefinger. „Wie Sie wollen, Mademoiselle.“
    Dann eben Konfrontation, fügte er in Gedanken an. Noch sitze ich am längeren Hebel.
    „Alain Germeaux ist Ihr Onkel?“
    „Mein Onkel?“
    Warum legten alle dermaßen viel Wert auf diese Feststellung? Als ob es einzig auf ihre Familienverhältnisse ankäme! Und was ging diesen Gnom ihre Beziehung zu Germeaux an, wenn sie selber nicht einmal damit klarkam?
    „Ja. Ja, ich denke, das ist richtig.“
    „Ich weiß nicht, wie weit Ihr Einfluss innerhalb der Familie reicht, dessen ungeachtet sollten Sie mit sämtlichen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln Alain Germeaux dazu bewegen, Anzeige zu erstatten.“
    „Anzeige?“
    „Ganz genau das sagte ich. Anzeige wegen Körperverletzung.“
    „Wegen … was?“
    „ Sie sollten wirklich Ihr Französisch verbessern, Mademoiselle, wenn Sie sich auch in Zukunft mit mir unterhalten wollen.“
    „Ich habe Sie sehr gut verstanden“, presste Beate zwischen den Zähnen hervor.
    Gütiger Himmel, dabei verstand sie reineweg gar nichts! Nicht ein Wort! Abgesehen davon beabsichtigte sie ohnehin nicht, ein weiteres Mal mit diesem wandelnden Meter zu reden. Warum hatte ihr die Schwester nicht gleich verraten, worum es diesem domestizierten Zwerg ging? Wenn sie jetzt nachfragte, müsste er es wie einen inneren Vorbeimarsch empfinden.
    „Eine Anzeige wegen Körperverletzung? Gegen wen überhaupt? Alain war – gelinde ausgedrückt – betrunken. Stockbesoffen. Voll wie ein Eimer, als ich …“
    „ Sie haben diese merkwürdigen Verletzungen auf seiner Bauchdecke gesehen, als Sie ihn fanden? Man sagte mir, Sie hätten Monsieur Germeaux bereits entkleidet, bevor der Notarzt eintraf. Sogar Sie müssen mir zustimmen, dass sich kein Mensch etwas Derartiges selber beibringt.“
    „Vielleicht ist er “, sie zuckte gleichmütig mit der Schulter, obwohl ihr der Gedanke einen Schauer über den Buckel jagte, „Masochist?“
    „Das ist kein Scherz!“, kreischte Ferrard noch eine Oktave höher. „Die Schmerzen, die er beim Abziehen seiner Haut erleiden musste, kann ein Mensch höchstens unter Betäubung ertragen. Oder in bewusstlosem Zustand. Es ist unmöglich, dass er das selbst getan hat. Und genauso halte ich es für ausgeschlossen, dass er sich freiwillig für diese Tortur zur Verfügung stellte.“
    „Wer weiß? Immerhin hatte er auch keinerlei Skrupel , sich mit Alkohol zu vergiften. Wie erklärt er sich das? Diese Verletzung?“
    „Ihr Onkel äußert sich nicht dazu, mit keinem Wort, was natürlich nicht weiter verwunderlich ist. Eine Teilamnesie nach einer Alkoholvergiftung diesen Ausmaßes ist nichts Ungewöhnliches , was bedeutet, Monsieur Germeaux kann sich an nichts erinnern, was vor dem exzessiven Alkoholgenuss passierte, wo er mit wem zusammen war oder wie es zu diesen Verletzungen kam.“
    Beate schaute auf und hob in einer resignierten Geste die Hände. „Und was soll ich …“
    „Mit ihm reden, was sonst?“ Schnippisch platzte Ferrard ihr erneut ins Wort , zog pikiert die Brauen nach oben und bedachte Beate mit einem Blick, den er für besonders dumme Fragen reserviert hatte.
    „Es ist Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit mitnichten entgangen, dass Germeaux mich vor wenigen Minuten freundlicherweise aus seinem Zimmer geworfen hat. Mein Einfluss auf ihn reicht vermutlich nicht einmal bis in seine Hörweite, ganz zu schweigen davon, dass er meine Einmischung in ei ne solch delikate und höchst persönliche Angelegenheit dulden würde. Glauben Sie mir, ich beabsichtige keineswegs, ihm ein zweites Mal die Chance zu einem Rausschmiss zu geben. Unsere Familienbande sind einfach nicht eng genug geknüpft.“
    „Oh, das tut mir aber

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