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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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unvermittelt.
    „Ich habe den halben Tag nichts anderes gemacht als anzurufen, bis mir das Ohr geglüht hat. Eure Telefonrechnung ist vermutlich schneller als eine Rakete in astronomische Höhen gestiegen.“
    „Das ist vollkommen egal. Was haben sie gesagt?“
    „ Suse war an Bord des Frachters, als er sank. Und sie ist heute Mittag gerettet worden.“
    Seine Reaktion traf sie absolut unvorbereitet, denn mehr als gespieltes Interesse hatte sie von ihm nicht erwartet.
    „Dem Himmel sei Dank“, stieß er hervor und atmete erleichtert auf. Mit einer selbstverständlichen Geste griff er über den Tisch nach ihrer Hand und hielt sie fest. „Es gab so viele Tote und Vermisste und ich hatte Angst … Heute Mittag erst, sagst du? Das würde bedeuten, sie war zwei Tage lang … Es geht ihr doch gut?“
    Beate war bei seiner sanften Berührung zusammengezuckt. Sie wagte nicht , ihre Hand zurückzuziehen. Obwohl er versichert hatte, ihr nie ungebeten zu nahe zu treten, fühlte sie sich nicht wohl in ihrer Haut. Sie wusste längst, dass sie sich mehr vor ihren eigenen Gefühlen fürchten musste als vor der Unberechenbarkeit dieses Mannes. Der sanfte Druck seiner Finger übte eine tröstende, beruhigende Wirkung auf sie aus. Es fühlte sich gut an. Viel zu gut. Und total in Ordnung. Ganz genau so, wie es sein musste.
    Aber genau das war es, was nicht in Ordnung war.
    „Ich werde morgen noch einmal mit Suses Eltern telefonieren. Sie hoffen, dass die Überlebenden bereits am Wochenende nach Deutschland ausgeflogen werden.“
    „Erzählst du mir von deiner Freundin? Es gibt nicht viele Frauen, die zur See fahren.“
    Misstrauisch schaute sie auf. Würde er sie erneut damit aufziehen, dass sie unfähig gewesen war, ihr Studium ebenfalls erfolgreich zu beenden? Dass sie, anstatt wie ihre Freundin als Funkoffizier zur See zu fahren, sich lieber auf Kosten von Pierre Germeaux in Paris vergnügte? Langsam zog sie ihre Hand zurück.
    Irritiert erklärte Alain: „Ich wollte damit sagen, dass ich … ich weiß nicht viel von dir und … vielleicht lerne ich … Erzähle mir von dir. Etwas Überraschendes, etwas, das ich nie erraten würde.“
    Noch immer blickte Beate ihn schweigend an, das Gesicht ein einziges Fragezeichen.
    „Es muss ja kein dunkles Geheimnis sein “, beeilte er sich anzufügen. „Obwohl mich das natürlich am meisten interessiert, wie du dir denken kannst. Aber für den Anfang würde ich mich schon mit etwas Unerwartetem zufriedengeben. Ich möchte dich verstehen, Bea.“
    Mit einem schiefen Lächeln wischte er sich kleine Schweißperlen von der Oberlippe. Er wollte alles über sie erfahren, jedes noch so kleine, scheinbar unbedeutende Detail, er musste sie einfach kennenlernen. Und dann hätte er ihr gern gesagt, dass er ihr bis ans Ende der Welt folgen würde.
    „Hey“, sagte sie leise. „Du bist doch nicht etwa dabei, irgendetwas Dummes zu tun?“
    „Etwas Dummes?“, echote er.
    „Wie zum Beispiel, irgendwelche Gefühle zu entwickeln?“
    „Gefühle?“
    „Ich finde, es ist eine Sache, Spaß miteinander zu haben, aber … dieses andere ist völlig …“ Sie zuckte in Ermangelung eines passenden Wortes mit der Schulter. „Das ist etwas anderes, verstehst du?“
    „Ich …“, begann er und versteifte sich , als er verstand. „Ich wollte nur nett sein. So tun, als wäre ich an dir interessiert, weil wir nun mal unter einem Dach leben. Sonst nichts.“
    „ Schon gut, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen“, murmelte sie, „oder nervös machen. Und, Alain, bloß zur Information, ich habe keine Angst vor dir.“
    „Ist das … Sicher?“
    Beate konnte förmlich hören, wie ihm ein tonnenschwerer Stein von der Brust fiel und neben ihr zu Boden krachte.
    Und Alain wusste plötzlich wieder, wie man atmet .

1 9. Kapitel
     
    Beate ließ das Kinn in ihre aufgestützten Hände sinken und seufzte leise, weil sie sich in gerade dieser Sekunde nichts sehnlichster wünschte als einen rabenschwarzen Kaffee, der Tote aufwecken könnte. Wenngleich sie sich bereits den halben Tag in der Universitäts-Bibliothek herumdrückte und ihr inzwischen der Kopf rauchte wie ein Fabrikschlot, ließ sich das Ergebnis ihrer Arbeit höchstens als kümmerlich bezeichnen.
    Und dabei hatte sie i hr Mentor beim Tourismusverein lediglich gebeten, sich in Vorbereitung einer Führung deutscher Manager über das Wirtschaftswachstum der Stadt zu informieren. Das Konzept, das sie bruchstückhaft in ihrem Hirn vor sich

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