Tödliche Mitgift
Petrucci und seine Leute haben die Aufgabe, den illegalen Kunsthandel einzudämmen, indem sie die Händler, Sammler und auch bestimmte Museen, die darin verwickelt sind, überwachen und überführen. Es existieren zwei oder drei größere Organisationen, die in den illegalen Kunsthandel verstrickt sind. Es sind die Drahtzieher, hinter denen sie her sind. Leute aus der Kunst- und Antiquitätenszene, die in der Lage sind, falsche Provenienzen für Kunstwerke und Antiquitäten aus Raubgrabungen zu erstellen, ohne die man keine anständigen Preise erzielt.«
»Provenienzen?«
»Ein lückenloser Herkunftsnachweis, der ein Fundstück zum Beispiel einer legalen Grabung zuordnet.«
»Bernhard Löwgen soll in den Raub von Kunstschätzen verwickelt sein? Das erscheint mir ziemlich weit hergeholt.« Pia klang skeptisch.
»Nur als Randfigur. Aber er könnte wertvolle Informationen für Petrucci und seine Leute haben.«
»Wir wollen in erster Linie den Mord an Annegret Dreyling aufklären«, sagte Pia eindringlich.
»Letzten Endes wird das alles miteinander zusammenhängen«, antwortete Vittoria Sponza. »Achtung, wir bekommen Besuch …«
Pia hatte über ihren Becher hinweg schon gesehen, dass sich Marco Petrucci gemächlich erhoben hatte und zu ihnen herübergeschlendert kam. Er hielt einen Packen Fotos in der Hand, die er auf den Tisch warf, bevor er sich einen Stuhl heranzog.
»Capitano Petrucci möchte, dass wir uns ein paar Bilder ansehen«, übersetzte Vittoria Sponza sein Anliegen, nachdem sie einige Worte mit ihm gewechselt hatte.
»Kein Problem, va bene!«, sagte Pia und sah zu, wie er die Fotos der Commissaria zuschob. Diese nahm sie auf, blätterte sie der Reihe nach durch und gab sie dann an Pia weiter. Es waren Aufnahmen von nicht sonderlich guter Qualität, wie mit einem starken Teleobjektiv und unter schwierigen Lichtverhältnissen fotografiert, und sie zeigten Personen, die Pia völlig unbekannt waren.
»Es geht um ein paar Deutsche, die in den illegalen Kunsthandel verwickelt sind. Vielleicht haben Sie einen von ihnen schon mal gesehen«, übersetzte die Commissaria Capitano Petruccis Erklärung zu den Fotos.
Während sie langsam Bild für Bild betrachtete, fühlte Pia den aufmerksamen Blick des Capitano auf sich ruhen. Als sie das Foto eines korpulenten, kahlköpfigen Mannes in der Hand hielt, deutete Marco Petrucci mit dem Zeigefinger darauf. Die Fotografie sah aus, als wäre sie auf einem Flughafen aufgenommen worden. Der Mann stand am Schalter einer Fluggesellschaft und sprach mit einer Angestellten der Airline. Der Fotograf hatte das Gesicht des Mannes noch einmal herangezoomt, sodass es im Halbprofil recht deutlich zu erkennen war.
»Das ist Georg Regner, Kunst- und Antiquitätenhandel«, erläuterte die Sponza. »Er ist Deutscher und wohnt in München. Vielleicht haben Sie ihn schon mal irgendwo gesehen?«
»Nein, nicht dass ich wüsste«, meinte Pia und blätterte langsam weiter. Das nächste Foto zeigte wieder Regner, diesmal in der Totalen, wohl auf dem Weg zu seinem Gate. Neben ihm sah sie einen Mann, dessen Statur Pia stutzen ließ. Petrucci, der ihr Zögern bemerkt hatte, redete sofort auf die Commissaria ein.
»Vielleicht kennen Sie ihn ja doch?«, fragte sie an seiner Stelle. »Es kann aber auch sein, dass sein Foto in Deutschland schon mal in der Presse erschienen ist.«
»Nein, ich kenne ihn nicht …«, erklärte Pia bestimmt und versuchte gleichzeitig, ihre Irritation über Regners Begleiter zu verbergen. »Wer ist der Mann, der neben Georg Regner steht?«
Petrucci reckte den Hals.
»Es ist einer von Regners Mitarbeitern, gewissermaßen seine rechte Hand. Ebenfalls Deutscher … Techow ist sein Name. Kennen Sie ihn?«, übersetzte Vittoria Sponza die Frage des Capitano.
»Nein.« Pia blätterte weiter. Wenn man zu viele Gesichter betrachtete, musste einem ja früher oder später eines bekannt vorkommen, dachte sie. Das war auf die Art zurückzuführen, wie das menschliche Gehirn arbeitete. Techow – sie hatte den Namen noch nie gehört. War es derselbe Mann, der ihr schon auf der Rolltreppe aufgefallen war? Das nächste Bild zeigte die beiden Männer am Durchgang zum Gate. Der Mann namens Techow wandte den Kopf in Richtung Kamera, wie um sich zu vergewissern, dass er nicht beobachtet wurde. Das Bild war unscharf, der Fotograf hatte weit entfernt gestanden. Trotzdem … verdammte Ähnlichkeit!
Petrucci redete eindringlich auf Vittoria Sponza ein.
Sie wandte sich wieder an
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