Tödliche Nähe
Menschen nicht steuern kannst.«
Das wusste Nia. Trotzdem blickte sie dem Gespräch nicht gerade freudig entgegen. Sie würde nicht versuchen, ihre Miete wieder zurückzubekommen, sie hatte einen Vertrag unterschrieben, und an den hielt sie sich natürlich auch. Roz konnte das Geld behalten. Nia würde jedoch unter keinen Umständen in der Hütte wohnen bleiben. Und Law zeigte sich mehr als nur bereit, sie bei sich einziehen zu lassen. Bei ihm fühlte sie sich ohnehin sicherer. Außerdem gab es bei ihm einen unschlagbaren Extraservice.
Als sie hinter ihnen den Streifenwagen entdeckte, aus dem gerade einer der Deputies ausstieg, verzog sie den Mund. »Glaubst du, er wird überall herumerzählen, dass ich mich bei dir einquartiere?«
»Nee, Ethan nicht.« Er warf einen Blick über die Schulter, dann grinste er Nia an. »Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Roz diese Aufgabe übernehmen. Heute Abend weiß es die ganze Stadt. Möchtest du das?«
Nia zuckte mit den Schultern. »Könnte mir nicht mehr am A… vorbeigehen.« Sie griff nach seiner Hand. »Und du? Wirst du Probleme bekommen?«
Er schnaubte. »Ach, was. Die halbe Stadt hält mich für einen Drogendealer oder Mädchenhändler – oder zumindest für irgendetwas in dieser Richtung. Anderen Gerüchten zufolge bin ich das uneheliche Kind irgendeines New Yorker Multimillionärs, weshalb ich auch nicht arbeiten gehe oder mich unters gemeine Volk mischen möchte.«
»Sie sind in all den Jahren nicht darauf gekommen, womit du dein Geld verdienst? Wie hast du denn dieses Wunder vollbracht?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich erzähle es ihnen einfach nicht. Meine Agentin löst meine Honorarschecks ein, und das Geld landet auf einer Privatbank, sodass ich mich hier nicht am Schalter blicken lassen muss. So können sie es gar nicht herausfinden. Und unsere Kleinstadt-Tratschtanten haben sowieso viel mehr Spaß an hanebüchenen Geschichten über Drogendealer als über so banale Menschen wie Autoren.«
»Schriftsteller zu sein, ist überhaupt nicht banal.«
Law lachte. »Ach, nein? Frag doch einmal einen. Es ist ein Handwerksjob, Nia. Mit all seinen schönen und unschönen Seiten, genau wie bei jedem andere Beruf. Ich muss mich auch jeden Tag stundenlang abrackern, da gibt es nichts Glanzvolles oder Aufregendes. Die Leute stellen sich immer sonst etwas vor, aber schlussendlich ist es einfach nur ein normaler Job.« Er hielt ihr die Tür auf und ließ sie eintreten.
Sie streichelte ihm dabei über den Bauch. »Ich finde den Job sexy – man muss intelligent dafür sein, oder etwa nicht? Und Intelligenz macht ausgesprochen sexy.«
»Ich weiß ja nicht … Hab auch schon ein paar Holzköpfe unter den Kollegen getroffen«, brummte er. Dann nahm er ihre Hand. »Still jetzt.«
Sie ließ den Blick durch die Wohnstube und über die Gäste schweifen, die sich dort aufhielten. Schmunzelnd fuhr sie sich mit der freien Hand über die Lippen, als zöge sie einen Reißverschluss zu. »Mensch, damit könnte ich dich ja richtig gut erpressen«, neckte sie ihn leise.
»Oh nein, nicht du auch noch.« Er seufzte und führte sie durch einen langen Flur.
Nia schaute sich neugierig um. »Was soll denn das heißen?«
»Na ja, wenn Lena nicht weiterweiß, droht sie immer, es in der ganzen Stadt herumzuerzählen.«
»Was wäre daran eigentlich so schlimm?«
»Wenn jeder erfahren sollte, was ich so treibe, würde ich kein Pseudonym benutzen«, brummte er. Er öffnete eine Tür mit der Aufschrift Privat und ging, ohne zu zögern, hindurch.
Nia zog eine Augenbraue hoch. »Ich muss dich wohl nicht extra fragen, ob du dich hier auskennst, oder?«
»Nö.« Wieder erreichten sie einen Korridor, dieses Mal blieb Law jedoch sofort an der ersten Tür stehen – offensichtlich befand sich dahinter ein Büro.
Und in dem saß Roz an einem Schreibtisch und telefonierte. Lächelnd bedeutete sie den beiden, auf dem Sofa Platz zu nehmen, und hob einen Finger – nur eine Minute , schien das zu heißen.
»Hören Sie, das ist mir egal – und wenn Sie es auf einem Schlitten mit acht fliegenden Rentieren hertransportieren müssen! Sie haben mir versprochen, dass die Lieferung um zwei bei mir ist, und das erwarte ich dann auch«, sagte Roz mit kühlem, forschem Tonfall.
Augenrollend wartete sie die Antwort ab.
Nia beugte sich zu Law. »Sollen wir lieber später wiederkommen?«
»Nein.« Law setzte sich und zog Nia neben sich. »Sie hat eigentlich nie eine freie Minute und immer etwas mit
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