Tödliche Nähe
ihr vorbeigekommen.«
»Wahrscheinlich hast du mich mit Puck reden hören«, antwortete Lena, beugte sich hinunter und kraulte ihrem Hund den Kopf. »Du hast Roz also gerade gesehen?«
»Ja, draußen, mit ihrem Mann.«
Lenas hielt inne, dann krallte sie ihre Finger in das seidige Fell. »Carter. Du hast sie mit Carter gesehen«, wiederholte sie leise.
»Genau.« Irgendetwas in Lenas Stimme jagte Hope einen kalten Schauer über den Rücken.
Hinter sich hörte sie eine Tür zuschlagen, Stimmen ertönten.
Langsam richtete Lena sich auf. »Hope«, flüsterte sie nahezu tonlos. »Komm mit. Jetzt. «
Nur zu gern hätte Hope gewusst, was um alles in der Welt gerade eigentlich los war.
Aber Hope kannte diese Angst. Sie wusste, wann der Selbsterhaltungstrieb bei jemandem einsetzte. Ohne ein Wort zu verlieren, lief sie Lena hinterher und hörte, wie die Stimmen hinter ihnen lauter wurden. Die beiden Frauen schlüpften aus der Küche, und Lena drückte vorsichtig die Schwingtür zu, damit das Klappern sie nicht verriet.
Kurz darauf hörten sie Roz rufen: »Lena, bist du da drin?«
Lena drehte sich zu Hope um und legte den Finger an die Lippen.
Schweigend liefen sie den Flur entlang. Hope war angespannt und versuchte, Lenas Tempo zu halten. Ihre Schritte schienen zumindest in ihren eigenen Ohren unheimlich laut zu hallen, sie dröhnten geradezu.
»Wir gehen zur Großküche. Da arbeitet gerade die Tagesschicht. Du darfst bloß nichts sagen – und vor allem keine Fragen stellen. Ezra ist auf dem Weg hierher«, raunte Lena ihr zu.
Ezra …
Hope zog vorsichtig ihr Handy aus der Hosentasche.
Da ging vor ihnen plötzlich eine Tür auf.
Puck blieb wie angewurzelt stehen und gab ein kehliges Knurren von sich.
Noch bevor er hinter der Tür hervortrat, wusste Hope, um wen es sich handelte.
Carter Jennings stand vor ihnen. Durch die spiegelnden Gläser seiner Brille konnte sie seine Augen nicht sehen. Ein beunruhigendes Gefühl.
Doch sein Grinsen war nicht zu übersehen.
Und das jagte ihr erst recht Angst ein.
»Hallo, Ladys.«
»Hi, Carter.« Lena klang ruhig und gelassen wie immer.
Hope fragte sich, ob Carter bemerkte, dass sie zitterte – ganz leicht zumindest. Sie drückte sich noch ein bisschen näher an Lena heran und musterte den Mann.
Wo war Roz?
Wo war Ezra?
Und was zum Teufel war hier eigentlich los?
Puck fing wieder an, zu knurren, es klang ganz leise und rau, und kam tief aus seiner Brust. Lena fasste seine Leine kürzer. »Ruhig, Dicker«, murmelte sie. »Ganz ruhig. – Er ist heute ein bisschen kribbelig«, setzte sie laut hinzu. »Geht wahrscheinlich vielen von uns so.«
»Wahrscheinlich.« Carter stand weiter einfach nur so da und schaute die beiden Frauen unverwandt an.
Hope bekam einen trockenen Mund und schluckte schwer. Irgendetwas an seinem Blick beunruhigte sie.
Lena dagegen – Wie schaffte sie das nur? – lächelte ihn unverkrampft an. »Apropos kribbelig, ich wollte Hope gerade in die Großküche schleifen, weil ich deiner Frau ein paar Schokokekse versprochen habe. Allerdings brauche ich zuerst dringend einen Kaffee, und meine Sorte steht bei euch nicht im Schrank. Vielleicht pansche ich mir noch ein bisschen Kahlua rein, aber so etwas trinkt Roz ja nicht.«
Carter lächelte leicht. »Nein, so etwas trinkt sie nicht.« Dann machte er einen Schritt zur Seite und verstellte den beiden Frauen die Tür, die in einen Flur führte. »Ich komme dann später vorbei und hole mir auch ein paar Kekse ab, Mädels.«
»Mach das. Und warte nicht zu lange, sonst isst Roz sie alle auf.« Lena gab Puck den Befehl zum Weiterlaufen, und Hope, die immer noch an ihrer Seite klebte, folgte ihr mit gesenktem Kopf. Aus den Augenwinkeln heraus versuchte sie, an Carter vorbeizuspähen.
War das etwa Roz …?
Sie hörte Carter seufzen.
Lena versteifte sich und lief schneller.
»Du weißt Bescheid, nicht wahr, Lena?«, rief er ihnen hinterher.
»Worüber, Carter?« Doch sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern eilte durch die nächste Tür, griff nach Hopes Hand und zerrte diese beinahe schon hinter sich her – und ließ nicht mehr los. Gemeinsam rannten sie an der Küche vorbei. Lena lief mit großen, beständigen Schritten immer weiter. »Puck, Tür«, befahl sie ihrem Hund.
»Lena, was ist denn überhaupt los?«, wollte Hope wissen, warf einen Blick zurück über die Schulter und erwartete fast schon, Carter hinter sich auftauchen zu sehen.
»Ich weiß es nicht.« Mittlerweile klang Lena nicht
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