Tödliche Nähe
nicht Nein sagen können.
Dabei fiel es ihm an sich nicht schwer, Nein zu sagen. Ezra schlug eine Bitte ohne zu zögern ab, wenn ihm das richtig erschien.
In dem Fall war es ihm aber nicht so ergangen.
Tatsächlich hatte es sich absolut richtig angefühlt, zuzusagen – fast so richtig, wie Lena einen Antrag zu machen. Auch wenn er sich die Verantwortung, die man als Sheriff trug, ursprünglich nicht hatte aufladen wollen, passte alles zusammen.
Er eignete sich für den Job, war wie gemacht dafür.
Die Arbeit gestaltete sich wesentlich entspannter als bei der State Police, wo er früher im Einsatz gegen das organisierte Verbrechen und Hehlerei gewesen war – das hatte bedeutet, diverse Spuren zu verfolgen, ständig in neue Sackgassen zu geraten, elendig lange Ermittlungen zu führen … zwölf, achtzehn Monate lang hinter einer Sache her zu sein, manchmal für nichts und wieder nichts. Nein, das hier war besser.
Viel besser. Und diese Dienstbesprechungen , mit denen Lena ihn aufgezogen hatte, hielt er viel besser aus. Das heute war zwar keine richtig offizielle Besprechung, aber solche gab es auch. Alle paar Wochen trommelte er die Mannschaft zusammen und unterhielt sich einfach mit den Jungs.
Es hatte ganz formlos angefangen – und lief auch immer noch ziemlich ungezwungen ab, aber Dwight Nielson hatte die Messlatte ziemlich hochgelegt. Es war gar nicht so leicht, in seine Fußstapfen zu treten. Nicht wenige Deputies fanden, anstelle irgend so eines Typs von außerhalb hätten sie die Stelle bekommen sollen.
So gestaltete es sich nicht gerade einfach, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie alle zusammenarbeiten konnten. Diese lockeren Treffen waren ein Mittel, um voranzukommen. Ezra wollte einen Kollegen nach dem anderen für sich gewinnen.
Wem diese Art nicht gefiel, der konnte ihn mal kreuzweise.
So schnell würde er nicht von hier verschwinden, und er kümmerte sich auch nicht um ihre eingefahrenen Strukturen. Ezra hatte vor, länger zu bleiben – damit mussten sie sich abfinden.
Zum Glück gab es nicht allzu viele von der sturen Sorte.
Als er im Bistro ankam, brummte der Laden bereits. An der hinteren Wand sah er seine Männer sitzen, und es gab nur zwei leere Stühle. Keith war da, zusammen mit Ethan Sheffield, Walter Manning; sein stellvertretender Sheriff Steven Mabry mit seinem Bruder Kyle, Kent Jennings, ein paar der Jungs von der Nachtschicht … Ezra lächelte. Mehr als letztes Mal.
Er bahnte sich seinen Weg zwischen den Tischen hindurch – wie an den meisten Vormittagen war das Bistro proppevoll.
An einem Tisch saß der Bürgermeister mit ein paar Verwandten – darunter Carter, Remy und Hope sowie Angie Shoffner und ihr Mann Bill. Angies Mädchenname war Jennings. Wahrscheinlich gehörte die Hälfte der Tischgesellschaft dem Familienclan an, doch genau wusste Ezra es nicht. Er kannte immer noch nicht alle Namen.
Offenbar gehörte den Jennings fast die ganze Stadt.
Auch Lucy Walbash war im Bistro und frühstückte mit zweien ihrer Enkelsöhne – Ezra konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, wie die beiden hießen. Sie strahlte ihn an, und er lächelte zurück, doch es kam ihm ganz gelegen, dass er in dem vollen Lokal nicht zu ihr durchgehen konnte. Lucy war eine enge Freundin seiner Großmutter gewesen, und er betete sie an, aber sie redete wie ein Wasserfall.
Am Tisch seiner Männer ließ Ezra sich auf einen der freien Stühle fallen und sah sich um. »Musstet ihr mit Festnahmen drohen, um Plätze zu bekommen?«
»Nö.« Keith lächelte über den Rand seiner Kaffeetasse hinweg.
Ethan grinste. »Da läuft was zwischen Keith und Natalie – sie hat ihm den Tisch frei gehalten.«
»Du und Natalie?« Ezra musterte den Mann zu seiner Rechten mit hochgezogenen Augenbrauen und versuchte, sich das vorzustellen – was ihm jedoch nicht gelang. Keith wurde von vielen Frauen angeflirtet; sie warfen sich ihm förmlich an den Hals, aber er nahm sie gar nicht wahr. Der Kerl schien sich nicht sonderlich für Frauen zu interessieren.
Doch nun lief er rot an und beschäftigte sich intensiv mit seiner Kaffeetasse. »Mutig, mutig«, konnte Ezra sich eine Bemerkung nicht verkneifen. »Ich weiß ja nicht, ob ich den Schneid hätte, einer von Miss Lucys Enkelinnen den Hof zu machen. Die Frau jagt mir Angst ein – wahrscheinlich würde ich mich sogar noch eher an eine von Miss Tuttles Mädels herantrauen.«
Keith warf Ezra einen bösen Blick zu, während er Ethan einen Klaps auf den
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