Tödliche Nähe
sie einfach wandern gewesen.
Remy hatte das Ganze überhaupt nicht gefallen, das war Law sofort aufgefallen. Und irgendwann hatte sich der Anwalt schließlich vor ihm und Ezra aufgebaut und sie angeblafft: »Was habt ihr eigentlich vor? Uns alle in die Scheiße zu reiten?«
»Mensch, Remy … Ich habe dir gegenüber nie explizit erwähnt, was wir genau machen wollten«, gab Ezra ungerührt zurück. »Ich habe lediglich kurz fallen lassen, dass Nia einige Bedenken geäußert hat … und dass wir eine Runde wandern gehen. Und um ehrlich sein, bin ich nicht davon ausgegangen, auch wirklich fündig zu werden.«
Remy schien vor Wut beinahe zu platzen. »Und das soll ich dir abkaufen?«
»Mach, was du willst. Aber ich sage dir frei heraus, dass ich nicht damit gerechnet habe, irgendetwas zu entdecken. Ich dachte ernsthaft, unsere Chancen wären gleich null.« Ezra zuckte mit den Schultern und sah ihn mit seinen grünen Augen unverwandt an. »Reilly und ich waren ja schon vor ein paar Wochen dort draußen – und haben nicht das Geringste gesehen. Warum hätte es dieses Mal anders sein sollen?«
»War es aber. Und wie zum Teufel soll es jetzt weitergehen?«, schnauzte Remy ihn an. »Du bist der gottverdammte Sheriff und hast Zivilisten an einem mutmaßlichen Tatort herumlaufen lassen!«
»Eigentlich war es nur ein Zivilist«, berichtigte Law ihn. »Und wir sind rein zufällig in der Gegend gewesen – ich hatte ein paar meiner alten Karten ausgegraben. Dieser Keller war auf einer von ihnen verzeichnet, und ich wollte mir das einmal genauer ansehen. Also bin ich vorausgegangen, und als ich auf Nia und Ezra warten musste, habe ich ihn schließlich gesucht und gefunden.«
Remy schnaubte. »Das glaubt doch kein Schwein.«
Law schaute auf seine Karten, dann wieder zu Remy. »Na ja, diesen Plan besitze ich tatsächlich. Und komm schon, Remy, betrachte es doch einmal logisch. Wenn Ezra gedacht hätte, auf einen Tatort zu stoßen, dann hätte er doch wohl seine Männer mitgenommen, oder etwa nicht? Also sagt uns allein schon der Verstand, dass er erst gar nicht davon ausgegangen ist.«
»Ja, sicher, er wollte nur ein bisschen frische Luft schnappen«, brummte Remy. »Und deswegen musste ich mir extra einen Tag freinehmen … ohne irgendwem zu sagen, warum genau. Und deswegen hat er ebenfalls ohne Begründung einen Tag Urlaub eingereicht. Da wird bestimmt keiner misstrauisch. Was soll die ganze Geheimniskrämerei überhaupt?«
»Der Sheriff weiß noch nicht genau, welche Einwohner der Stadt in die Sache involviert sind und welche nicht«, erwiderte Law mit ausdrucksloser, fester Stimme.
Remy starrte ihn verständnislos an.
Offenbar hatte der Anwalt noch nicht so weit gedacht. Wahrscheinlich war er zu nah am Geschehen dran. Na ja, Law hatte nicht sein ganzes bisheriges Leben in Ash verbracht und war auch nicht verwandt oder verschwägert mit ungefähr einem Drittel der Leute in dieser Region. Remy dagegen schon. Er war tief verwurzelt in dem Ort. Höchstwahrscheinlich kannte er den Mörder, pflegte vielleicht sogar eine Freundschaft mit ihm.
Großer Gott. Was für eine Vorstellung.
»Weißt du was? Für einen schlauen Anwalt hast du eine ziemlich lange Leitung«, bemerkte er.
»Reilly, Klappe halten.« Ezra wandte sich Remy zu. »Überleg doch mal, Jennings. Wenn er recht hat, ist unser Mörder ein Einheimischer. Das ist zumindest die einzig sinnvolle Erklärung. Er kommt von hier … und du wirst ihn kennen.«
»Nein.« Remy schüttelte den Kopf und spie das Wort förmlich aus, als schmecke es bitter. » Herrgott noch mal , nein!«
»Doch. Deswegen wollte ich auch keinen Aufruhr um diese Unternehmung machen. Wir konnten es nicht aufschieben – Nia war gestern schon dort, und nachts hatte sie einen merkwürdigen Besucher. Daraus schließe ich, dass jemand sie ganz genau beobachtet. Es wäre zu riskant gewesen, mich nicht dort umzusehen, verstehst du das nicht?«
»Du bist verrückt«, knurrte Remy. »Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass …«
»Aber alles andere ergibt keinen Sinn«, warf Law leise ein. »Wenn Nias Vermutung stimmt, dann hat der Kerl ihre Cousine auf mein Grundstück gelegt, um die Aufmerksamkeit von Lena abzulenken, nachdem sie damals diese Schreie gehört hat. Und das wiederum bedeutet, dass der Täter entweder wusste, dass wir uns nahestehen, oder ihm klar war, dass die Leute in der Stadt mich als Einzelgänger sehen … oder beides. Dieser Keller … nur eine Person, die schon lange in Ash
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