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Toedliche Offenbarung

Titel: Toedliche Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Kuhnert
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den Händen das Messer mit dem Walnussgriff. Er schnitzt an einem schmalen Haselnussstecken. Immer wieder gleitet die Klinge rauf und runter, schmale Holzschnitzel fliegen zur Seite und fallen vor seine Füße.
    Wörstein bleibt vor ihm stehen. Er verschränkt seine Arme im Nacken, beugt sich vor und versucht, zu Atem zu kommen.
    »Alles klar, Matusch?«, keucht er. »Was macht Plan B?«, schiebt er flüsternd hinterher.
    Matusch blickt auf und verzieht den Mund.
    »Karl ist verschwunden.«
    »Du machst die Sache prima«, wispert Wörstein. Laut sagt Wörstein: »Karl, wo kann der bloß sein?« Er atmet ein paar Mal ein und aus.
    Matusch schüttelt den Kopf. »Der ist echt weg. Noch vor Plan B. Der hat Lunte gerochen. Ich habe überall nach ihm gesucht. Der ist nirgends zu finden.«
    Ganz langsam senkt Wörstein seine Augenlider und beißt die Zähne aufeinander. Verdammt. Dieser Kerl macht Ärger.
     

3
     
    Als Martha von den Sonnenstrahlen erwacht, die durch den Schlitz ihrer Vorhänge aufs Bett fallen, bleibt sie mit geschlossenen Augen liegen und lauscht. Nichts ist zu hören. Kein noch so leiser Atemzug.
    Sie dreht den Kopf zur Seite und blinzelt durch ihre dichten dunklen Wimpern. Nichts. Das Kopfkissen ist leer. Ob Max einen Cappuccino macht? Es ist nichts zu hören, weder Zischen noch Blubbern. Sie setzt sich auf, greift nach ihrem dünnen Morgenmantel und zieht ihn über. Mit nackten Füßen geht sie in die Küche. Die Weingläser stehen unverändert auf der Spüle, genau wie die schmutzigen Teller. Kein Zettel auf dem Tisch – so wie früher. Enttäuscht gießt sie sich kaltes Wasser aus dem Hahn in ihr Glas ein und trinkt es mit kleinen Schlucken. Wie ein Phantom ist Max Beckmann gestern Abend aufgetaucht und verschwunden. Dazwischen war es allerdings … sie seufzt. Viel zu schön ist es gewesen. Dabei hatte sie sich in den letzten Wochen immer wieder die Vorteile des Alleinseins vorgebetet, hatte fast schon geglaubt, sich daran zu gewöhnen. Was für einen Blödsinn man sich einreden kann. Als sie in seinen Armen lag, spürte sie, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Sein schneller Atem, die Schweißtropfen, die von seinem Kinn auf ihre Stirn tropften, ihr … Sie hört ein leises Kratzen an der Tür. Ist er zurück? Sie läuft zum Hauseingang und drückt die Klinke herunter. Der kleine schwarze Kater mit dem weißen dreieckigen Fleck auf der Brust legt seinen Kopf auf die Seite und maunzt vorwurfsvoll.
    »Na, du Rumtreiber.« Martha gießt Milch in eine Schale und verdünnt sie mit Wasser. Sie streicht dem Kater übers Fell. »Ich sollte dich Beckmann nennen.«
    Als Martha wenig später mit einer Tasse Tee im Bett liegt, greift sie zu dem Stapel Blätter, der vom Manuskript noch übrig geblieben ist, und fängt an zu lesen.
     
    Aaron Borgas
    Wie lange ich in diesem Misthaufen gehockt habe, weiß ich nicht. Als Josef in dieser Sträflingskolonne an mir vorbeiging, konnte ich nicht einmal weinen, ich hatte keine Tränen mehr. Ich stand völlig verkrümmt in diesem stinkenden Haufen, hungrig und vor Durst fast besinnungslos, meine Lippen eine einzige vertrocknete Kruste. Hoffnungslos und erschöpft, wie ich war, glaubte ich, das sei das Ende. Plötzlich dann das Kettengeklirr auf der Straße. Direkt vor meinem Misthaufen rollten englische Panzer entlang. Unglaublich.
    Ich versuchte zu rufen, aber nur ein Krächzen kam heraus. Ich presste die Faust gegen den Mist und wollte schnell zu ihnen. Es ging nicht. Ich drückte stärker. Nach etlichen Versuchen stießen meine Finger durch die feste Masse. Ich ruderte mit ihnen in der Luft, machte Zeichen. Die Ketten der Panzer rasselten weiter, niemand bemerkte mich.
    Stück um Stück riss ich den Dung um mich herum weg und endlich war ich mit meinem Kopf bis zur Nase draußen. Meine Hand wedelte hin und her. Ich hatte es geschafft. Die mussten mich doch sehen.
    Wieder schaffte ich nur ein leises Krächzen. Ich winkte, als einer der Männer in meine Richtung blickte. Er stutzte und blieb stehen, er zeigte auf mich. Wenige Augenblicke später standen drei Soldaten vor mir. Vorsichtig entfernten sie die einzelnen Schichten des Misthaufens und zogen mich heraus. Sie trugen mich zum Panzer, dann kam ein Sanitätswagen.
     
    Adalbert Messerschmidt
    Am 12. April rollten Panzer in die Stadt. Die Engländer marschierten ein. Dann kamen auch noch Neger. Alle waren sauber und gut genährt. Nicht so wie unsere Jungs, die sahen ja ganz abgemergelt aus, als sie in den letzten

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