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Toedliche Offenbarung

Titel: Toedliche Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Kuhnert
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und mustert sie.
    »Ich wollte mit Ihnen über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg reden.«
    »Hast du die Pflaumen schon gepflückt?«
    Martha wirft ihm einen verständnislosen Blick zu. »Gestern habe ich Ihren Sohn getroffen. Ich soll Sie grüßen.«
    Emil Zander blinzelt und reibt sich hinter den Brillengläsern am Auge.
    »Ein guter Junge. Hat er auch den Schlüssel mitgenommen? Dauernd klingelt er, wenn er nach Hause kommt. Sogar nachts.«
    Martha ist unschlüssig, was sie machen soll. Emil Zander scheint mit ihrem Hinweis auf seinen Sohn nichts anfangen zu können. Kurz entschlossen setzt Martha sich neben Emil Zander auf die Bank. Vielleicht macht Nähe den alten Mann gesprächiger.
    »Kennen Sie einen Herbert Müller?«
    Statt einer Antwort starrt der alte Mann vor sich hin.
    Nach zähen Minuten, in denen Martha nur das Klackern des im Gaumen hin- und hergeschobenen Gebisses hört, spuckt er plötzlich mit unvermutetem Schwung auf den sandigen Boden zu seinen Füßen.
    So schnell gibt Martha nicht auf. »Können Sie sich an Herbert Müller erinnern? Der wohnte bei Ihnen in der Nachbarschaft.«
    Langsam dreht Emil Zander den Kopf in Marthas Richtung.
    »Herbert Müller«, seine Lippen formen langsam den Namen.
    »Sie waren zusammen auf einer Schule.«
    »Schule …«, murmelt Zander und lässt seinen Kopf hängen. »Gab immer was auf die Finger, wenn einer frech war.«
    Plötzlich hat Martha eine Idee.
    »Hausmeister Pietsch war ein ganz strenger.« Jetzt muss er sich doch einfach erinnern. Diesen Abend in den Kleingärten kann er nicht vergessen haben. Pietsch hat ihm eine Pistole in die Hand gedrückt. Das ist eine ganz frühe Erinnerung, heute würde man sie mindestens als traumatisch bezeichnen, das kann doch nicht aus dem Gedächtnis verschwunden sein.
    »Pietsch, der alte Pietsch …«, murmelt Zander.
    Endlich, jubiliert Martha innerlich. Jetzt kommt die Geschichte langsam hoch. »Hausmeister Pietsch hat Ihnen die Pistole in die Hand gedrückt, als die Bomben fielen.«
    Der alte Mann hebt den Kopf und mustert Martha, als wenn er sie noch gar nicht gesehen hätte. »Pistole?«
    »Ja, die Pistole. Überall lagen Tote.«
    »Tote?« Er nickt. »Viele sind tot. Mutti, Vater, Tante Selma.«
    Der Mann scheint wirklich alles vergessen zu haben. Mit dem Frühstadium der Altersdemenz scheint sein Sohn nicht richtig zu liegen. Martha seufzt enttäuscht. Den Weg hätte sie sich sparen können. Gerade als sie zum innerlichen Rückzug bläst, greifen die von Arthritis gekrümmten Finger nach ihr.
    »Schön, dass du mich besuchst. Hast du mir was mitgebracht?«
    Verdammt, daran hat sie nicht gedacht. Und was hätte sie ihm auch mitbringen sollen? Schokolade?
    »Hast du mir nichts mitgebracht?« Wie ein kleines Kind sieht er sie schmollend an.
    Da fallen ihr die Fotografien ein. Sie zieht das Album aus ihrer geräumigen Umhängetasche und schlägt es auf.
     

7
     
    Borgfeld öffnet die Tür des Autos und prallt von der ihm entgegenkommenden heißen Luft zurück. Der Einsatzwagen hatte sich in der Morgensonne unerträglich aufgeheizt. Verdammt, warum hatte er beim Parken nicht auf einen schattigen Platz geachtet!
    »Warte noch einen Moment«, raunt er Streuwald zu und lässt die Fensterscheiben herunter. »Das wird gleich besser.«
    »Ich hätte auch dahinten unter den Eichen geparkt.«
    Borgfeld zieht seine Jacke aus und wirft sie auf den Rücksitz. »Willst du fahren?«
    »Kann man hier überhaupt nichts mehr sagen?«, brummt Streuwald und lässt sich auf den Beifahrersitz fallen.
    Borgfeld folgt dem Alten Postweg, passiert einen weiteren Teich und taucht dann in den Schatten des Staatsforsts Lohne ein. Er bremst ab, als er einen Radfahrer überholt.
    »Was ist das denn für ein seltsames Ding?«, fragt Streuwald und deutet auf das quadratische Steinmonster im Wald. »Das habe ich auf dem Hinweg gar nicht gesehen.«
    »Soll ich mal anhalten?«
    Borgfeld interpretiert Streuwalds Brummen als »ja« und hält, dann legt er den Rückwärtsgang ein und sucht sich einen Parkplatz im Schatten.
    »Recht so?«
    »Nun werd mal nicht komisch. Ich denk ja auch an dich. Die Hitze ist nicht gut für den Kreislauf.« Streuwald steigt ächzend aus und macht einen Schritt auf den hellen Baukörper zu.
    »Das ist ja wohl ein Riesending hier am Waldrand«, ruft er Borgfeld zu. Er geht noch einen Schritt näher heran und liest das Hinweisschild der Denkmalschutzbehörde:
    Gerhard Hoyermann, Apotheker in Hoheneggelsen, entdeckte den

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