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Toedliche Offenbarung

Titel: Toedliche Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Kuhnert
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gießt ihr großzügig vom Doppelkorn ein.
    »Was wollnse?« Sie hebt das Glas an ihre Lippen und trinkt es zur Hälfte aus. Ein wohliges Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. »Das ist ja mal ein guter Tropfen.«
    »Ich mache mir Sorgen um Ihren Sohn. Eigentlich ist er ein feiner Kerl, aber ….« Ausführlich erzählt Wörstein, dass ihr Sohn gerade die Chance seines Lebens verspielt, er, Wörstein, jedoch bereit sei, ihm eine neue zu geben. Eine letzte. »Der Junge braucht eine vernünftige Ausbildung. Nicht nur für ihn ist das wichtig, sondern genauso für Sie – wie will er sonst später für Sie sorgen?« Wörstein füllt ihr nach und sie lächelt ihn dankbar an, während sie das Glas austrinkt.
    »Wirklich nett, dasse sich Gedanken um Kevin machen. Er hat doch außer mir niemanden. Sein Vater ist ja auf und davon. Hat sich seit Jahren nich blicken lassen. Vorm Unterhalt drückt er sich auch, dieser Scheißkerl. Lässt mich hier sitzen und ich kann mich um alle Probleme kümmern. So einen Jungen zu erziehen, is nich einfach, dass könnse mir glauben.«
    Nach dem nächsten Glas berichtet sie ihm, dass ihr Sohn gestern Nachmittag überraschend aufgetaucht sei.
    »Er sah so komisch aus mit dieser platten Nase. Ich hab ihn erst gar nich erkannt.« Ihre Stimme ist bei diesem Satz schon eine Spur schwerer. Erneut gießt Wörstein ihr nach.
    »Erzählt hat der nich viel. Der war aber immer schon maulfaul.« Sie trinkt und hält plötzlich inne. »Vorhin hat er im Marktspiegel geblättert, dann isser aufgesprungen. Hat gesagt, dass er jemanden im Krankenhaus besuchen will.«
     
    Als Wörstein aus Burgdorf zurückkommt, ist er mehr als zufrieden. Der mitgebrachte Schnaps ist eine sinnvolle Investition gewesen. Ein zynisches Lächeln umspielt seine Lippen. Der Artikel, den dieser kleine Hosenscheißer gelesen hat, liegt nun vor ihm. Das in allen Haushalten kostenlos verteilte Werbeblättchen hat ausführlich von Felix Rinsing und seinem Krankenhausaufenthalt berichtet. Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren. Wörstein legt die Zeitung zur Seite, beugt sich aus dem Fenster und pfeift nach Matusch. Jetzt wird es ernst.
     

13
     
    Martha sitzt an ihrem Computer und starrt auf den Bildschirmschoner. Statt an dem Artikel über die Eröffnung des neuen Kindergartens zu arbeiten, geht ihr das Gespräch mit Emil Zander immer wieder durch den Kopf. Der alte Mann mag zwar vieles vergessen haben, aber an diese lange zurückliegenden Gespräche mit Clara kann er sich erinnern. Kein Zweifel, Clara Rosenthal hat gelebt, sie ist kein Fantasieprodukt. Clara ist zu den Bewohnern Celles gegangen und hat unangenehme Fragen nach den Ereignissen des 8. April 1945 gestellt. Sie hat Sachen ans Licht gebracht, die manche schon als erledigt betrachtet hatten. Vor allem Bollund und Müller. Ein Foto zeigt den jungen Müller mit einem unübersehbaren Feuermal. Es sieht genauso aus, wie Borgas den Blutschwamm des Flakhelfers beschrieben hat. Ist das der Beweis, dass Müller Dimitri vor Borgas’ Augen erschossen hat? Nachdenklich reibt Martha ihre Fingerspitzen aneinander. Ein Gedanke nimmt langsam aber sicher Form an. Sie wägt ihn ab. Wieder und wieder. Es würde passen. Das Auftauchen der Aufzeichnungen hat Müller nervös gemacht. So nervös, dass er deshalb Broderich und Trott ermordet.
    Sie darf jetzt keinen Fehler machen. Was weiß sie wirklich?
    Herbert Müller könnte identisch mit dem Jungen im Wald sein. Herbert und Clara treffen sich bei Müller in der Denickestraße. Seine Mutter ist nicht da. Am nächsten Tag ist Clara verschwunden.
    Halt, ermahnt sich Martha erneut. Kein Mensch verschwindet einfach so. Jemand muss nach ihr gesucht haben. Schließlich hat sie Angehörige gehabt. Von Tante Ida ist die Rede und von ihrer Mutter.
    Marthas Gedankenfluss gerät ins Stocken. New York ist weit weg. Damals noch viel weiter als heute. Das Telefonieren war schwierig und teuer. Und: Wen hätte die Mutter oder die Tante auch in Celle anrufen sollen? Martha zögert erneut, aber dann ist sie sich sicher. Wenn die Tochter spurlos verschwindet, fragt jede Mutter nach. Gibt zumindest eine Vermisstenanzeige auf. Vielleicht weiß Roswithas Historiker Rat. Irgendwo müssen diese Vermisstenanzeigen doch gesammelt werden.
    Martha seufzt tief und atmet langsam aus. Diese Gedanken bringen sie nicht weiter. Absolut nicht. Sie muss sich an das halten, was sie weiß: Am Tag nach dem Treffen der drei war die Stelle neben dem Komposthaufen in

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