Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)
Ely ein unauslöschliches Bild ihres Profils in die Netzhaut seines geistiges Auges gebrannt (ein aus vielen raschenBlicken zusammengesetztes Bild, wenn eine leere Straße es ihm einmal erlaubte, einen Moment lang seine Konzentration vom Lenkrad abzuwenden), munter, aber doch mitfühlend und gelassen.
Und neben diesen herrlichen Autofahrten gab es noch die glücklichen Stunden, die sie am Strand verbrachten, in der warmen Sonne und mit dem Geplapper der Kinder im Ohr, das ihn gerade noch wach hielt – George Ely war nicht erfahren genug, um zu erkennen, wie Marjorie mit Takt und raschem Eingreifen die Kinder stets davon abhielt, ihn zu stören, sodass er das ganze Vergnügen ihrer Gesellschaft erlebte, aber keinerlei Störungen oder Verantwortungen. George war von sich aus sehr kinderlieb und begann, die Berührung von Annes zarten Händen und Derricks spitzbübische Freundschaft zu genießen. Es war kein großes Wunder, dass sowohl für Marjorie als auch für George diese Wochen nur so dahinflogen.
Am Abend eines dieser goldenen Tage kam Marjorie auf die Veranda hinaus, nachdem sie zwei müde und überglückliche Kinder zu Bett gebracht hatte. George war nicht dort, er wusch sich die Hände, jetzt, da das Badezimmer frei war – einer der Unterschiede zwischen George und Ted war auch, wie regelmäßig Ersterer sich die Hände wusch –, aber Mutter saß strickend in ihrem Liegestuhl.
»Nun, Liebes?«, sagte sie, als Marjorie auftauchte.
»Derrick hat schon geschlafen, noch ehe ich Anne hinlegen konnte«, erzählte Marjorie lachend und ließ sich in ihren Liegestuhl fallen. Sie legte den Kopf zurück und reckte den Busen empor, als wollte sie sich der auf sie einströmenden Abendsonne in die Arme werfen.
»Dieser Urlaub hat uns allen außerordentlich gut getan, so viel ist sicher«, sagte Mutter.
Vielleicht hatte eine gewisse Endgültigkeit im Ton ihrer Stimme gelegen oder in der Art, wie sie sprach, irgendeine Anspielung darauf, dass nun ein Kapitel zu Ende gehe. Denn Marjorie verkrampfte sich ein wenig, und die Sonne schien ihr etwas an Wärme zu verlieren, und die in goldenes Licht getauchte grüne Landschaft nahm einen Hauch von Grau an. Zum ersten Mal in diesen unglaublichen Wochen erinnerte Marjorie sich daran, dass sie enden mussten, und das schon bald.
»Was für ein Tag ist heute?«, fragte Marjorie rasch.
»Mittwoch«, sagte Mutter. »Am Samstag fahren wir nach Hause. Als du herausgekommen bist, dachte ich gerade daran, dass wir damit anfangen müssen, die Lebensmittel hier zu verbrauchen, Liebes. Und an deiner Stelle – ich will mich nicht einmischen, Liebes, aber ich dachte, ich sollte dich daran erinnern – würde ich eine Liste der Einkäufe machen, die du brauchst, wenn du nach Hause kommst. Du wirst so ziemlich alles brauchen, und du hast nur den Samstagabend, um alles zu besorgen.«
Marjorie erwiderte nichts auf diese Rede über häusliche Dinge – sie hörte nur mit halbem Ohr hin. Es trennten sie nur noch zwei volle Tage von Ted oder von der Entscheidung, die sie treffen musste. Entsetzen erfasste sie bei dieser Erkenntnis, genau so wie den Verschwender, der die soeben unerwartet eingetroffene Mitteilung von der Bank anstarrte, dass sein Konto überzogen ist. Mutter fuhr gelassen mit dem Stricken fort – natürlich, es war ganz ausgeschlossen, dass sie etwas von Marjories Unglück ahnte, trotz des scharfen Blicks, den sie von den emsigen Stricknadeln hob.
Marjorie versuchte verzweifelt nachzudenken, doch immer wieder schweiften ihre Gedanken von dem Problem ab. Jetzt war sie in Panik; und einmal musste sie sogar ein wenigihre Willenskraft bemühen, damit sie nicht tatsächlich die Flucht antrat.
»Ah, da bist du ja, George«, sagte Mutter, als Ely auf die Veranda trat. »Willst du dich nicht zu uns setzen?«
George nahm im dritten Liegestuhl Platz, und Mutters Stricknadeln klapperten in einem fort, und die Sonne sank immer tiefer im Westen.
»Du bist heute ja gar nicht mit dem Auto ausgefahren«, sagte Mutter im Plauderton.
»Nein«, erwiderte George. »Ich hatte zu viel damit zu tun, mit Derrick und Anne eine Sandburg zu bauen.«
»Es ist ein schöner Abend«, sagte Mutter. »Warum fährst du nicht jetzt noch los?«
Das war ein großartiger Vorschlag, fand George. Er sah Marjorie an.
»Oh ja!«, rief Marjorie, und fügte dann mit einem kleinen Gewissensbiss hinzu: »Und was machst du, Mutter?«
»Ich komme schon zurecht«, erwiderte Mutter. »Ich will diese Ferse hier noch
Weitere Kostenlose Bücher