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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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verlangte, und sie konnte gut schwimmen. George fiel auf, wie gut sie schwimmen konnte; so weit, dass er auch ihre Figur bemerkt hätte, hatten die Dinge zwischen ihnen sich aber noch nicht entwickelt. Was ihm jedoch auffiel, war, dass ihre weiße Badekappe, ein unter dem Kinn zu knöpfendes Modell, ihre dunkle Schönheit nur noch umso stärker unterstrich und sie jünger, mädchenhafter und zugänglicher erscheinen ließ.
    Er war so glücklich, dass es ihm nicht einmal unangenehm war, zum An- und Auskleiden als Schutz vor den Augen der Öffentlichkeit nicht viel mehr zu haben als eine äußerst ungeeignete Mulde im Kiesstrand; und das wäre George unter weniger glücklichen Umständen doch recht schnell unangenehm geworden, denn er war jung genug und schüchtern genug und auf so unerfreuliche Art großgezogen worden, dassihm das Umziehen an einem offenen Strand peinlich gewesen wäre, selbst wenn alle anderen dasselbe tun mussten.
    Die ungewohnte Bewegung und der Sonnenschein hatten ihn ein wenig müde gemacht, und so verbrachte er den Nachmittag damit, müßig die Seiten des Abenteuerromans umzublättern, den er sich als Urlaubslektüre mitgebracht hatte. Marjorie legte sich auf Anraten ihrer Mutter einfach ganz schamlos ins Bett, um sich von den Anstrengungen der letzten Tage zu erholen, und Mrs Clair ließ die Kinder fröhlich auf der angrenzenden Wiese toben. Am Abend saßen sie alle drei zusammen auf der tiefen Veranda des Guardhouse und sahen der Sonne dabei zu, wie sie langsam hinter den Hügeln der Sussex Downs verschwand. Sie legten die Füße aufs Geländer, und rauchten Zigaretten, und plauderten leichthin und mit wachsender Vertrautheit. Marjorie behielt für sich, was für einen Unterschied es für sie machte, einen Mann um sich zu haben, der mit großem Gleichmut einen ganzen Abend an sich vorüberziehen lassen konnte, ohne Bier zu trinken. Schon seit Jahren waren all ihre Erlebnisse mit dem einen Mann, mit dem sie etwas zu tun hatte, davon getrübt und beeinflusst, dass an jedem Abend, egal, wo sie waren oder was sie taten, Bier getrunken oder stattdessen zumindest rabiat geschimpft werden musste. Im Laufe von nunmehr dreitausend Tagen, von denen jeder einzelne dieser speziellen Ausprägung unterworfen war, hatte sie eine so starke seelische Furcht entwickelt, dass die Befreiung davon wie eine Erlösung war.
    Doch dies war nicht der einzige und beileibe auch nicht der wichtigste Faktor, der Marjories seelische Verfassung bestimmte an diesem Abend. In den drei vor ihr liegenden Wochen war sie befreit von der dringenden Notwendigkeit einer Entscheidung darüber, was sie in der Angelegenheit mit ihremEhemann tun sollte. Drei aufeinanderfolgende Wochen am Stück erschienen ihr, nach den Tagen der furchtbaren Ungewissheit vor dem Urlaub, unendlich lang. Sie musste sich um nichts sorgen. Und sie hatte sich schon heute zu einem langen und erholsamen Nachmittagsschlaf hinlegen können. Kein Wunder, dass sie so lebhaft und unbeschwert war und mit ihrer freimütigen Plauderei die anderen beiden die ganze Zeit bestens unterhielt.
    George Ely wurde unwiderstehlich von dieser Heiterkeit angezogen. Er fühlte sich, als hätte er noch nie richtig gelebt vor diesem Urlaub – so fühlte er sich, auch wenn er dieses Gefühl in Worten natürlich niemals so ausgedrückt hätte, denn George war ein unartikulierter junger Mann und einer, der nie gelernt hatte, weder in der Schule noch im Leben, auf methodische Weise zu denken. Wie so viele von seiner Art ließ George sich in seinen Angelegenheiten von Instinkten und Impulsen leiten. Und so war denn auch das Einzige, was er in diesem Moment wahrnahm, ein Gefühl des Behagens und der Überlegenheit; und er unternahm nicht den geringsten Versuch, herauszufinden, warum.
    Als sie an diesem Abend zu Bett gingen – Marjorie teilte mit ihrer Mutter das Zimmer, das sie sonst im Urlaub stets mit Ted geteilt hatte, während George das Zimmer hatte, das Dot stets mit Mrs Clair geteilt hatte –, sagte Marjorie: »Es war ein herrlicher Tag. Ich glaube, diesen Urlaub werde ich mehr genießen als jeden Urlaub, den ich je hatte.«
    »Das hoffe ich, Liebes«, erwiderte Mrs Clair. »Das hoffe ich sehr!«
    Das Nachthemd bereits übergeworfen, schlängelte Mrs Clair sich aus ihrer Unterwäsche heraus, zog den kümmerlichen kleinen Zopf grauen Haars unter dem Kragen ihres Nachthemds hervor und kniete neben ihrem Bett nieder, umihre Gebete zu sprechen – doch mit Marjorie im Zimmer sprach

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