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Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tödliche Ohnmacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Angst, dass Grainger abheben könnte. Immer wenn der Abend kam, war er voller Verlangen, Marjorie zu sehen, und voller Sorge, ob ihr auch kein Unglück widerfahren war. Und in der Stunde vor Einbruch der Dunkelheit sehnte er stets begierig den Augenblick herbei, in dem sie zu ihm herauskam.
    Und dennoch war er mittlerweile erfahren genug, um mit Bitterkeit die Enttäuschungen vorauszusehen, die der Abend bringen würde. Da waren die Minuten des bangen Wartens, verzehrt von der Sorge, dass Ted sie zurückhalten könnte. Dann vielleicht fünf Minuten im Schatten des Holunderbaums – fünf Minuten des Flüsterns, damit Mrs Taylor sie nicht hörte, fünf Minuten der Angst, ob Grainger sich auchnicht heimlich an sie heranschlich, fünf Minuten in tropfender Nässe, wenn es zufällig regnete. Und dann musste Marjorie zurückkehren zu Ted, und er musste zurückkehren in seine Unterkunft, aufgewühlt und gereizt und unglücklich, mit einer weiteren Nacht und einem weiteren Tag vor sich, die er überstehen musste, und dann begann die ganze Tortur von Neuem. Er zeigte bereits erste Anzeichen der Überlastung, wie Mrs Clair rasch feststellte, als sie seine Miene musterte.
    Diese zeigte er auch, als Marjorie zu ihm hinaus in den hinteren Teil des Gartens kam.
    »Wo ist Grainger?«, fragte er.
    »Er hört Radio. Im Augenblick geht es – sie senden ein Buntes Programm, und so etwas gefällt ihm.«
    »Ich kann also nicht hineinkommen?«
    »Nein, Liebster, und ... und ... ich kann auch nicht lange bleiben.«
    »Wann wird das mal wieder anders sein?«
    »Ich weiß nicht, Liebster. Ich kann nie im Voraus sagen, was Ted tun wird.«
    Sie küsste ihn und tat ihr Bestes, um Erfüllung in diese flüchtigen Sekunden zu legen. In diesem Augenblick kam ihm eine andere Idee.
    »Könnten wir nicht einmal abends miteinander ausgehen?«, fragte er. »Irgendwo im Westend? Ins Kino oder so etwas?«
    »Ooh, das wäre schön«, sagte Marjorie. Es war Jahre her, seit sie »irgendwo im Westend« mit einem Mann aus gewesen war. Die Vorstellung, das wieder einmal zu tun, war verlockend.
    »Also, wäre es möglich?«, hakte George nach.
    »Ja, vermutlich«, sagte Marjorie zweifelnd. Sie hatte auchschon mal daran gedacht. »Ich könnte Mutter bitten, abends zu kommen. Dann wäre es egal, was Ted vorhat.«
    Dann hielt sie plötzlich inne. Das letzte Mal, als sie in die Stadt gefahren war, hatte sie Millicent Dunne besucht. Damals war Dot gekommen, um die Kinder zu hüten, und Dot war tot gewesen, als sie wieder nach Hause kam.
    »Also, dann los. Lass uns ausgehen – lass uns morgen gleich ausgehen«, sagte George.
    Und so kam es, dass Marjorie am Mittwochabend mit dem Zug um 19.50 Uhr in die Stadt hineinfuhr. Sie bekam ihn gerade noch, indem sie wie eine Wilde die Treppe hinunterrannte, als der Zug schon auf den Bahnsteig einfuhr, wo George wütend wartete. Sie war so atemlos, dass sie weder Worte noch Küsse hatte für George, bis sie schon zwei Stationen weiter waren auf ihrem Weg – sie konnte ihn nur schwach anlächeln, während sie versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ted hatte sie erzählen müssen, dass sie Millicent Dunne besuchen wollte, damit er, wenn auch widerwillig, seine Zustimmung gab, und dieselbe Geschichte hatte sie auch ihrer Mutter erzählen müssen. Am Morgen hatte sie Millicent Dunne in der Fabrik angerufen, wo sie als Sozialfürsorgerin arbeitete.
    »Hallo, Mill«, sagte sie. »Hier spricht Marjorie. Marjorie Grainger.«
    »Hallo, Marjorie. Hattest du einen schönen Urlaub?«
    »Ja, danke.« Marjorie hatte so viel anderes im Kopf, dass sie tatsächlich einen Augenblick lang nachdenken musste, welchen Urlaub Millicent meinte. »Was ich sagen wollte, ich gehe heute Abend aus und wollte Mutter und Ted erzählen, dass ich dich besuchen fahre. Ist das in Ordnung, Mill?«
    »Mhm, glaube schon«, sagte Millicent nach einem kurzen Schweigen. »Was hast du denn vor, junge Frau?«
    »Nichts, Mill. Nichts Besonderes. Ich will nur dieses eine Mal ausgehen. Das ist alles.«
    »Na, dann nimm dir den Rat einer ledigen Frau zu Herzen und mach so was nicht zu oft.«
    An diesem Abend musste Marjorie zunächst Ted noch seinen Tee machen und die Kinder zu Bett bringen; und Ted war so mürrisch und widerspenstig gewesen, wie er es immer war bei den seltenen Gelegenheiten, wenn Marjorie zu ihrem eigenen Vergnügen ausging; und Derrick war so ungezogen gewesen, wie er es immer war bei derselben Gelegenheit. Mutter war gekommen, als Marjorie sich

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