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Tödliche Option

Tödliche Option

Titel: Tödliche Option Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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darüber nachgedacht, Wetzon, meine
Freundin«, drang Howies ölige Stimme aus dem Hörer. »Ich möchte weiterkommen. Ich
nehme eine Woche Urlaub, und danach können wir loslegen.«
    Wetzon hob den Brief vom Tisch auf. Er war in
violetter Tinte an sie adressiert. Das Papier war schweres Bütten von der
Tiffany-Art.
    »Du bist ein solcher Schatz...«, sagte Smith
gerade.
    »Prima, Howie«, sagte Wetzon, während sie den
Brief umdrehte und mit einem Finger aufriß. »Ich stellte eine Firmenliste für
Sie zusammen, und dann reden wir wieder miteinander, wenn Sie zurück sind.«
    Sie legte das Telefon rechtzeitig auf, um Smith
sagen zu hören: »Sie ist eifersüchtig, daß ich ihr diesmal die Schau stehle.«
Wütend drehte sie sich mit dem Stuhl um, bereit, es mit Smith auszufechten, und
zog dabei automatisch die Karte aus dem Umschlag. Die Unterschrift ließ sie
innehalten. Sie war von Janet Barnes.
    Die trauernde Witwe lud sie beide zum
Mittagessen am Montag ein.

  Wetzon trat nach ihrer Ballettstunde auf
die 57. Street, euphorisch gestimmt wie immer nach dem Kurs, so lebendig, daß
ihre Haut wie aufgeladen prickelte. Ihr langes aschblondes Haar, das sie aus
dem Knoten gelöst hatte, wippte als lockerer Pferdeschwanz hin und her, während
die feuchten Strähnen in ihren Kopf trockneten. Als sie auf den Broadway
zumarschierte, überlegte sie, daß sie zu Fuß nach Hause gehen könnte. Es war
noch hell, und sie würde eine von vielen sein, die in Kostüm und Reeboks — der
bevorzugten Aufmachung der berufstätigen Frau in Manhattan — nach Hause ging.
    »Juhu, Häschen!« Carlos stand an der Ecke
Broadway und 57. oder, besser gesagt, machte Jetés, der schlanke, geschmeidige
Körper noch genauso gelenkig wie damals, als beide Gruppentänzer am Broadway
gewesen waren.
    »Du erregst Aufsehen, du wunderbares Geschöpf.«
Sie fing ihn ein, indem sie die Hände auf seine Schultern legte, ihn festhielt
und einen Kuß auf die Lippen drückte. Sie waren genau gleich groß.
    »Als ob mir das war ausmachte.« Er warf den
dunklen Kopf zurück. Der große Diamantknopf an seinem linken Ohrläppchen
funkelte. Genaugenommen funkelte alles an Carlos. »Ich bin nicht derjenige mit
dem vorschriftsmäßigen Kostüm und den unpassenden Schuhen. Schämst du dich
deiner alten Freunde?« Er bedachte sie mit einem strengen Blick, aber dabei
lächelte er breit, und in seinen tiefschwarzen Augen sah sie das vertraute
teuflische Glitzern.
    »Wie kannst du so etwas Schreckliches sagen,
aber von dir ist ja nichts anderes zu erwarten.« Carlos verabscheute ihren
Beruf, hielt ihn für herzlos und gemein. Wetzon vermied es, darüber zu
sprechen. »Wo gehst du hin?«
    »Hoch zu Arthur.« Er legte seinen Arm um sie und
nahm ihre Aktentasche.
    »Wie geht es Arthur?« Sie machte einen
halbherzigen Versuch, ihm die Tasche wegzunehmen, dann gab sie auf.
    »Über beide Ohren mit Stiftungen und Immobilien
beschäftigt. Wie geht’s dem Sergeant?« Sie gingen jetzt den Broadway hoch.
    »Er ist Lieutenant geworden.«
    »Schön. Jetzt kann er sich eine Frau leisten.«
    Sie blieb stehen und drohte ihm mit dem Finger.
»Sieh mich an, Ungeheuer. Siehst du mich als Frauchen?«
    Er starrte sie an, neigte den Kopf zurück und
zur Seite, schloß ein Auge. »Ach, ich weiß nicht. Du könntest gut aussehen mit
einer Schürze.«
    »Wehe, du sagst noch ein Wort.« Sie gingen im
Gleichschritt weiter. »Ich komme gerade vom Kurs...«
    »Das habe ich bemerkt.«
    »Wie? Falls das wieder eine witzige Bemerkung
auf meine Kosten sein soll, bekommst du die Wolldecke im Juli nicht.« Sie
besaßen gemeinsam eine Wolldecke in Rot, Weiß und Blau, die sie zusammen
anläßlich der Zweihundertjahrfeier gehäkelt hatten, als sie 1976 für Bob Fosse
in Chicago tanzten. Sie hatten verabredet, sich die Decke zu teilen,
indem sie jeder jeweils ein Jahr besaß, und dies war ihr Jahr — wenigstens bis
zum 4. Juli.
    »Nein, ehrlich, Häschen. Du hast deinen Sinn für
Humor völlig verloren, seit du die Firma mit dem Barrakuda hast.«
    »Fang nicht damit an.« Carlos und Smith haßten
sich, und Wetzon sorgte dafür, daß die zwei nicht zusammenkamen, denn dann
flogen regelmäßig die Fetzen.
    »Liebes, es macht mich wahnsinnig, daß du nicht
siehst, was für eine intrigante Lügnerin diese Frau ist.« Sie gingen Arm in
Arm, links, rechts, links, rechts.
    »Was gibt’s Neues bei dir?«
    »Themawechsel?«
    »Ich versuche es.«
    »Okay. Ich hör’ schon auf — vorerst. Keiner ist so
blind

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