Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Panne: Ein Las-Vegas-Krimi

Tödliche Panne: Ein Las-Vegas-Krimi

Titel: Tödliche Panne: Ein Las-Vegas-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rex Kusler
Vom Netzwerk:
von einem weißgrauen Bart eingerahmt wurde. Der Mund stand offen und lose, dünne Haarsträhnen fielen über tiefliegende Augen mit schweren Lidern.
    Der Mann kniff die Augen zusammen. »Sie … was wollen Sie? Ihre Zwanzig zurück?«
    Snow trat ein paar Schritte zurück. »Würden Sie bitte aus dem Boot steigen?«
    »Sind Sie ein Bulle?«
    »Nein«, erwiderte Snow. »Aber fünf Reihen weiter sitzt einer in einem Streifenwagen. Ich kann ihn holen, wenn Sie das wollen.«
    Der Alte hielt immer noch die Plane fest. »Ist das Ihr Boot?«
    »Nein.«
    »Warum stört es Sie dann, dass ich hier drin liege?«
    »Es stört mich nicht, dass Sie da drin liegen. Aber im Augenblick wäre es mir lieber, wenn Sie heraussteigen, damit ich hineinschauen und kurz mit Ihnen reden kann.«
    »Worüber?«
    Snow seufzte. »Also gut, ich hole jetzt den Polizisten.« Er ging in Richtung Bootsspitze.
    »Nein!« Der Alte richtete sich hastig auf, hob die Plane über den Kopf und ließ sie los. Sie fiel auf die Sitze hinter ihm. »Ich komm ja schon raus.« Er krabbelte zur Seitenwand des Bootes, schwang ein Bein darüber hinweg, stieg auf den Rahmen des Wohnwagens und sprang auf den Boden.
    »Für einen alten Obdachlosen sind Sie ziemlich beweglich«, sagte Snow.
    Der Alte langte ins Boot, packte seine Baseballmütze am Schirm, strich seine Haare zurecht und zog sich die Mütze über. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er Snow unter dem Mützenschirm hervor an. »Ich bin nicht obdachlos«, erklärte er trotzig. »Und ich bin auch kein Penner, sondern ein Tramp.«
    »Was ist der Unterschied?«
    »Das ist ein großer Unterschied. Ein Penner ist faul, bleibt immer am selben Ort und will nicht arbeiten. Ein Tramp reist auf der Suche nach Abenteuern herum und ist sich für keinen Job zu schade, wenn er Geld braucht.«
    Snow nickte. »Wenn Sie meinen. Wie lange machen Sie das schon?«
    »Neun Jahre«, sagte er. »Davor war ich Geschichtslehrer und Basketballtrainer an einer Highschool in Buckleman, Iowa.«
    »Was machen Sie dann hier?«
    »Man hat mich entlassen. Und dort ist es um diese Jahreszeit zu kalt, um im Freien zu schlafen. Deshalb bin ich hier. Die haben die Schule zugemacht. Alles, vom Kindergarten aufwärts. Aber wen wundert’s – der ganze Staat ist seit den siebziger Jahren im Eimer. Amerikas Kernland hat ’nen gewaltigen Herzinfarkt bekommen.« Er warf die Hände nach oben. »Also bin ich einfach weg. Hab mein Haus verloren, und dann ist die Arbeitslosenunterstützung abgelaufen – aber die reicht sowieso hinten und vorne nicht. Ich hab schnell kapiert, wie der Hase läuft. Verdammt, ich hab’s ja in amerikanischer Geschichte durchgenommen. Die Weltwirtschaftskrise, Millionen von arbeitsfähigen Männern, die auf Güterzügen quer durchs Land fahren, in Landstreicherlagern hausen und sich irgendwie durchschlagen, koste es, was es wolle.« Er zeigte mit dem Finger auf Snow. »Man schlägt sich durch, so gut es eben geht … schläft auf dem Boden, in einem Boot, wo auch immer …«
    »Sind Sie verheiratet? Haben Sie Kinder?«
    »Ich war mal verheiratet«, sagte der Alte. »Ich hatte Kinder. Aber ist ’ne andere Geschichte – und ich hab keine Lust, darüber zu reden.«
    »Haben Sie irgendwelche Ausweispapiere bei sich?«
    »Hab ich«, sagte er. »Ich hab ’nen Führerschein, ausgestellt vom Staat Iowa. Der ist schon vor ein paar Jahren abgelaufen, aber ich trag ihn immer noch mit mir rum, damit man weiß, wer ich bin, wenn man mich irgendwann tot im Straßengraben findet – aber das interessiert die Leute eh keinen feuchten Dreck.«
    Er griff in seine Gesäßtasche, zog eine abgewetzte Brieftasche aus Leder hervor, warf einen Blick hinein, nahm den Führerschein heraus und gab ihn Snow.
    Snow holte eine Mini-Taschenlampe mit LED-Leuchte aus der Tasche, knipste sie mit dem Daumen an und richtete den Lichtstrahl auf den Führerschein. »William Dale Hoffman«, las er laut. »Jahrgang achtundvierzig, dann sind Sie also einundsechzig – geht langsam auf die Rente zu.«
    Der Alte nickte. »Ja, sicher. Auf dem Friedhof.«
    Snow schlug sein Notizbuch auf, schrieb die Angaben auf dem Führerschein ab und gab ihm das Dokument zurück. »Waren Sie gestern Nacht hier, Mr. Hoffman?«
    »Willie. Sie können Willie zu mir sagen.« Er verzog die Lippen und schüttelte den Kopf. »Nein, war ich nicht.«
    »Sie sind überhaupt nicht hier gewesen?«
    »Nein.«
    »Wo haben Sie dann geschlafen?«
    Er machte eine Handbewegung in Richtung

Weitere Kostenlose Bücher