Tödliche Panne: Ein Las-Vegas-Krimi
So wie ich mich heute Nachmittag benommen habe, glauben sie jetzt womöglich mehr an meine Schuld, als wenn ich beim Test durchgefallen wäre.«
»Was die Ermittler denken, spielt keine Rolle«, sagte Snow. »Es kommt allein darauf an, was sie dir nachweisen können.«
Willie öffnete die Beifahrertüre, stieg ohne etwas zu sagen aus, machte die Tür zu und schlenderte in Fahrtrichtung den Gehsteig entlang, die Hände in den Hosentaschen.
»Es spielt schon eine Rolle«, sagte sie. »Sie werden jedes noch so unwesentliche Detail ausgraben, das sie gegen mich und Steve verwenden können. Sie werden es so hinstellen, als ob wir den Mord geplant und gemeinsam begangen hätten. Und dann legen sie das den Geschworenen vor. Sie manipulieren sie so lange mit komplizierten und verworrenen Informationen, bis alle zwölf für schuldig stimmen. So funktioniert unsere Justiz, das weiß doch jeder. Wenn man reich oder berühmt ist oder beides, kann man sich die besten Anwälte leisten, und die schaffen es dann, einen freizubekommen. Kleine Leute wie ich sind dagegen am Arsch.«
»So läuft es nicht immer, Schwesterherz«, sagte Snow.
Sie stieß einen schwachen Seufzer aus. »Na ja, jetzt ist es auch egal. Ich hab die Schnauze voll. Ich kann nicht mehr. Mich hat das alles verrückt gemacht. Aber damit ist jetzt Schluss. Basta.« Sie machte eine kurze Pause. Dann sagte sie: »Jimmy, ich hab dich sehr lieb … ich muss jetzt Schluss machen … tschüss.«
Dann war es still am anderen Ende.
»Karen.«
Keine Antwort. Snow legte auf und drückte die Kurzwahltaste für ihre Handynummer. Nach dem ersten Klingeln sprang sofort die Mailbox an. Er wählte ihre Festnetznummer. Nach dem fünften Klingelton meldete sich der Anrufbeantworter.
Er klappte das Handy zu, hielt es fest umklammert und starrte auf das Lenkrad.
Dann ließ er den Motor an, blieb neben Willie stehen, der gerade auf ihn zukam, und rief ihm zu: »Willie, fahren Sie mit dem Taxi in Ihr Motel zurück. Wir sehen uns dann morgen!«
Willie trat einen Schritt zurück, nickte und winkte ihm zu.
Snow drückte das Gaspedal durch. Der Wagen geriet ins Schleudern, der Motor heulte auf. Snow schaltete die Warnblinkanlage und die Scheinwerfer ein und fuhr so schnell, dass er den Wagen gerade noch unter Kontrolle hielt. Vorihm schaltete eine Ampel auf Rot; er hielt an und wartete, sah auf die Uhr und trommelte mit den Daumen nervös auf dem Lenkrad herum, während vor ihm eine endlose Autoschlange vorbeifuhr. Dann wurde es endlich grün und er trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und raste weiter.
Neun Minuten, nachdem seine Schwester aufgelegt hatte, brachte Snow den Wagen in ihrer Einfahrt schlitternd und mit quietschenden Reifen zum Stehen. Er sprang heraus, ließ die Tür offen und rannte zu ihrer Eingangstür.
Er drückte viermal hintereinander in schneller Folge die Klingel und schlug mit der Faust an die Tür. Er horchte. Im Haus blieb es still.
»
Karen!
«, schrie er die verschlossene Tür an.
Er klingelte noch einmal und hämmerte dann mit der Faust gegen die Tür.
»Scheiße!«, fluchte er.
Aber niemand machte auf.
Er trat bis an den Rand des Treppenabsatzes zurück, drehte seinen Körper zur Seite und warf sich gegen die Tür. Er hörte ein leichtes Knacken und war sich nicht sicher, ob das Geräusch vom Türrahmen oder seiner Schulter gekommen war. Obwohl er einen dumpfen Schmerz in der Schulter spürte, nahm er ein zweites Mal Anlauf. Doch dann hörte er plötzlich, wie seine Schwester hinter der Tür mit leiser Stimme seinen Namen rief.
Es klickte, als der Schließbolzen im Schloss umgedreht wurde, und dann ging die Tür auf.
Karen stand im Türrahmen, mit einem lila Bademantel bekleidet. »Jimmy«, sagte sie. »Was um Himmels willen machst du da?« Sie hatte ein blasses Gesicht und gerötete Augen.
Snow atmete erleichtert auf, trat auf sie zu und schloss sie in seine Arme.
Dann trat er einen Schritt zurück und sah ihr ins Gesicht. »Ich würde gerne wissen, was
du
machst.«
»Ich wollte gerade ein Bad nehmen.«
»Warum?«
»Weil ich Lust dazu hatte.«
»Warum hast du vorhin einfach aufgelegt?«, wollte Snow wissen.
Sie sagte: »Ich hatte nichts mehr zu sagen.«
»Du hast dein Handy ausgeschaltet.«
»Der Akku war fast leer«, sagte sie. »Ich lade ihn gerade auf. Möchtest du nicht reinkommen?«
Sie trat ein paar Schritte zurück. Snow kam herein und bückte sich zu der Stelle am Türrahmen, wo die Schlossfalle angeschraubt war. Ober-
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