Tödliche Recherche
Sorgen zu machen, dann mache ich mir auch keine Sorgen.“
Thea seufzte laut. „Ist ja auch egal. Ändern können wir jetzt ohnehin nichts mehr.“
Bahn überlegte krampfhaft, um der Witwe etwas Aufmunterndes zu sagen. Aber es fiel ihm nichts ein. Sein Gehirn war blockiert. So beendete er das Gespräch mit dem Versprechen, Thea so oft anzurufen, wie es die Zeit zuließe.
Der Journalist war sich nicht schlüssig. Sollte er Theas Version über Schramms Volontariat glauben oder eine eigene Antwort suchen auf den vermeintlichen Widerspruch. Konrad hatte seiner Frau gegenüber Bedenken hinsichtlich des Volontariats angedeutet und Krupp gegenüber ausdrücklich vom Scheitern seiner erhofften Ausbildung gesprochen. Der Chefredakteur hatte hingegen wohl geschrieben, daß der Volontärsvertrag unterschriftsreif sei, fast zwei Monate vor Beginn der Ausbildung.
Bahn konnte sich den Widerspruch nur damit erklären, daß der Chefredakteur in seiner angenehmen, aber auch salbungsvollen Art Thea Trost aussprechen wollte und eine in Wirklichkeit nicht gegebene Zukunftsperspektive aufgezeigt hatte. Der wollte Thea damit nur sagen, welche hohe Meinung er von Schramm hatte, stellte Bahn für sich fest.
Zugleich verwunderte es Bahn aber, daß sein Verlag so spendabel war. Von dieser menschlichen Seite hatte er seinen Arbeitgeber noch nicht erlebt. Das machte den Verlag gleich wieder sympathischer.
„Na, hast du deinen Telefonflirt beendet?“ Gisela störte bissig seine Gedankengänge. „Mit welcher Schnepfe hast du dich denn jetzt schon wieder verabredet.“ Bahns Dauerfreundin war eingeschnappt.
Er habe mit Thea Schramm gesprochen, rechtfertigte sich der unruhige Bahn, der ein Gespür dafür entwickelt hatte, wann sich wieder eine Krise zwischen ihnen beiden anbahnte.
„Wenn du glaubst, ich glaub’ dir das, dann glaubst du was, das ich dir nicht glaube“, meinte Gisela schnippisch. Männer, sagte sie sich und rauschte mit dem Telefon wieder ab.
Bahn versuchte, sich wieder auf seine Handwerkerarbeit zu konzentrieren. Wiederholt fluchte er, wenn sein Versuch, einen Dübel im sandigen Putz anzubohren, fehlschlug. Irgendwann im Laufe des Nachmittags glaubte er, das Telefon zu hören. Gisela wird schon drangehen, dachte er.
So schien’s auch zu sein. Denn wenig später war es wieder still. Dann knallte die Haustür. Das war immer schon Giselas Abschiedsgruß gewesen, wenn sie wütend war.
Bahn machte sich keinen weiteren Gedanken darüber und werkelte unverdrossen weiter. Plötzlich ging es zügig vorwärts, alle Dübel hielten, die Regale im Vorratsraum hingen schnell.
Wieder klingelte das Telefon. Zunächst ließ Bahn es läuten, doch blieb der Anrufer hartnäckig. Schließlich machte sich Bahn auf die Suche nach dem schnurlosen Gerät, das Gisela nicht am angestammten Platz im Wohnzimmer deponiert hatte. Er fand es schließlich auf der Küchenbank.
„Tach, Helmut.“ Es war unverkennbar, Wolfgang Breuer, der ehemalige CDU-Bürgermeister, rief ihn an. „Wat soll dat“, meinte er in seiner burschikosen Art, „wat wollt ihr eigentlich?“
Bahn wußte nicht, woran er war. „Was meinen Sie, Herr Breuer.“ Es störte ihn nicht im geringsten, daß Breuer ihn duzte. Breuer duzte halt jeden. Man kannte ihn ja als ländlichrustikal. Es störte Bahn nur, daß er nicht wußte, was Breuer wollte.
„Tu doch nicht so blöd, Helmut. Erst intrigiert ihr gegen mich vor der Wahl und schlachtet mich für eure Freunde von den Sozis. Und jetzt kolportiert ihr noch, dat wir Schramm auf dem Gewissen haben.“
„Was ist?“
„Dat wird doch überall in Düren erzählt: Die CDU habe Schramm auf dem Gewissen.“ Breuer schnaufte wütend. „Der Kerl hat uns verraten und kratzt dann ab. Wir haben doch nichts getan.“
„Ich verstehe nicht“, Bahn gab sich unschlüssig. „Und ob du verstehst. Mich ärgert es ungemein, wenn ich in meiner Stammkneipe darauf angesprochen werde, dat ich ein Journalisten-Killer sei. Die erzählen, wir hätten Schramm fertiggemacht.“ Breuer wiederholte sich: „Wir haben doch nichts getan.“
„Nein, ihr habt überhaupt nichts getan. Ihr habt ihm nur angedroht, seine Berichterstattung werde Konsequenzen haben“, erinnerte sich Bahn an sein Gespräch mit Krupp. „Dat ist ja auch legitim. Wenn der mir meine Existenz kaputtmacht, dann muß ich mich doch wehren.“
Du armer Sack, dachte sich Bahn, der Breuer stinkt doch vor Geld.
„Wir haben dem nur auf die Finger geklopft, aber wir haben dem doch
Weitere Kostenlose Bücher