Tödliche Recherche
da?“
Es sei ja schön und gut zu schreiben, daß Schramm eine Ausbildung hätte beginnen können, erklärte Bahn. Aber wenn Taschen erst am Montag ein Volontariat als nicht machbar hingestellt habe, könne er ja wohl von Makulatur sprechen. „Der Schramm konnte sich das Volontariat an die Backe schmieren.“ Taschen habe behauptet, der Verlag würde einem freien Mitarbeiter aus Bergheim den Vorzug geben.
Jetzt war Waldmann an der Reihe, energisch zu widersprechen. „Sie erzählen absoluten Unfug, Herr Bahn, und ich kann nur hoffen, daß Sie diesen Unfug für sich behalten.“ Am Montagnachmittag habe die Chefredaktion noch mit Taschen über Schramm gesprochen. „Ihr Lokalchef hat dabei nochmals die Qualifikation von Schramm betont.“
„Und der Skandal in der Dürener CDU mit Breuer, der hatte keine Auswirkungen?“
Waldmann stockte kurz. „Da gab es zwar Vorstöße und Beschwerden über Schramm. Aber die Chefredaktion hat sie entschieden zurückgewiesen. Für uns alle war klar, daß ab Januar Schramm bei uns als Volontär arbeitet.“
Da müsse Bahn offensichtlich etwas völlig falsch verstanden haben, betonte Waldmann. Oder Krupp, dachte sich Bahn, oder Schramm.
Wenig später beendete Bahn seinen Sonntagsdienst und verließ schnell die Redaktion, bevor die Mitarbeiter für den Lokalsport einfielen und alle Plätze in Beschlag nahmen. Lustlos und ohne direktes Ziel lief er durch die Fußgängerzone. Nach Hause wollte er noch nicht wegen Gisela, beim Stollenwerk war es brechend voll nach dem Fußballspiel von Düren 99 in der Westkampfbahn. Jetzt trafen sich Fans und Spieler im Vereinslokal zur Analyse der erfolglosen Kickerei.
So zog Bahn weiter zum Franziskaner am Hoeschplatz, seinem zweiten Stammlokal in der City. Dort stieß er auf Krupp, der alleine an der Theke saß und prompt fragte: „Kannst du mich nach Hause fahren?“
Gegen ein flüssiges Honorar willigte Bahn ein. Auch auf Krupps Bitte, zuvor noch durch die Violengasse an der Nachrichten-Redaktion vorbeizufahren, ging Bahn mit einem zweiten Glas Kölsch bereitwillig ein.
„Erzähl’ mir doch noch einmal genau, was dir Konrad über die angebliche Absage des Volontariats gesagt hat“, bat er Krupp, als sie über Nord-Düren am Landeskrankenhaus entlang in Richtung Birkesdorf unterwegs waren.
„Da gibt es nicht viel zu sagen“, entgegnete Krupp. Er wiederholte sich. „Konrad hat mir gesagt, Taschen habe ihm ausdrücklich erklärt, der Verlag würde ihm einen Bewerber aus Berheim vorziehen.“
Am Akazienweg kletterte Krupp aus dem Porsche und fragte neugierig: „Aber warum willst du das eigentlich so ausführlich wissen?“
„Ach, nur so“, murmelte Bahn, der schnell wieder losfuhr. Er lenkte seinen Sportwagen zur Zollhausstraße, in der Hoffnung, Thea zu Hause anzutreffen.
Er hatte Glück. „Kannst du mir mal den Brief des Chefredakteurs zeigen?“ Bahn hielt sich nicht lange an einer Vorrede auf.
Bereitwillig holte Thea das Schriftstück aus einer Schublade, und Bahn konnte schwarz auf weiß nachlesen, was ihm Waldmann und Thea gesagt hatten.
„Darf ich diesen Brief mitnehmen? Ich möchte ihn mir gerne kopieren.“
Schramms Witwe nickte zustimmend. „Hast du vielleicht noch Sachen von Konrad in der Redaktion? Ich möchte alles sammeln, was es von ihm gibt. Dann habe ich wenigstens etwas von ihm.“ Sie begann zu weinen und hielt sich den dicken Bauch. „Und das Baby.“
Bahn versprach ihr, nachzusehen und Konrads Sachen am nächsten Tag vorbeizubringen.
Rasch fuhr er in die Boisdorfer Siedlung, und er war froh, daß das Haus leer war. Gisela wäre ihm jetzt gewaltig auf den Geist gegangen. Er wollte seine Ruhe haben, schnappte sich seine Arbeitsgeräte und klopfte den bröckeligen Putz von den Wänden seines zukünftigen Arbeitszimmers.
Vielleicht brauche ich ja auch eine Sekretärin oder Mitarbeiterin, dachte sich Bahn bei der Vorstellung seines baldigen freien Journalistentums. Er beschloß, Thea zu fragen, ob sie für ihn arbeiten wolle, wenn das Kind geboren war. Thea ist schon eine patente Frau, sagte er sich und er pfiff leise eine Melodie vor sich hin.
Erst sehr spät bemerkte er, daß es sich dabei um Schramms „So Far Away“ handelte.
Montag, 11. November
Das hatte Bahn gerade noch gefehlt in seiner Übelgelauntheit. Es war der elfte im elften. Unweigerlich begann Punkt elf Uhr elf im Rheinland die fünfte Jahreszeit, die Zeit des Karnevals. Bahn hatte sich in der Vergangenheit beim Tageblatt zum
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