Tödliche Recherche
erzählst du denn für einen Schwachsinn“, brauste Bahn auf. „Meinst du, es bereitet mir etwa Freude, meinen Posten durch den Tod eines Freundes erhalten zu können? Da irrst du aber gewaltig. Ich habe tatsächlich die Schnauze voll. Das Tageblatt ist für mich gestorben.“
„Was hat denn der Tod von Konrad damit zu tun?“ Krupp suchte einen Aschenbecher, den er aber nicht finden konnte, weil der Nichtraucher Bahn ihn aus dem Porsche ausgebaut hatte. Krupp schob die Zigarette notgedrungen zurück in die Schachtel und erzählte beinahe schon gelangweilt: „Weißt du etwa nicht, daß Konrad überhaupt kein Volontariat beim eurem Verlag bekommen hätte?“
Vor Überraschung trat Bahn auf die Bremse. „Was erzählst du denn da?“ Ungläubig blickte er seinen Beifahrer an.
Krupp wollte sich zuerst bedeckt halten und schwieg.
Doch Bahn drängelte auf eine Antwort: „Konrad ist tot. Du kannst ihm jetzt nicht mehr schaden.“
„Na gut.“ Krupp begann zu erzählen. Schramm hatte ihm am Montag gegen achtzehn Uhr mit nach Birkesdorf genommen, wie so oft, wenn sie fast zeitgleich Feierabend machten. „Bei der Fahrt hat er mir dann gesagt, daß er sich das Volontariat abschminken könne. Das hat ihm Taschen wohl gegen Mittag gesagt.“ Wie Krupp weiter berichtete, soll Taschen erklärt haben, der Verlag hätte sich gegen Schramm und für einen Aspiranten aus Bergheim entschieden.
„Das war natürlich ein Hammer für Konrad, das kannst du dir ja denken. Studium geschmissen, Frau schwanger und keine Aussicht auf eine Festanstellung. Die ganze Arbeit als freier Mitarbeiter war umsonst gewesen. Für’n Appel und ‘n Ei hat der sich bei euch krummgelegt. Und wofür? Für nix!“ Taschen habe sogar Schramm aufgefordert, er solle sich nach etwas anderem umsehen. Seine Zeit beim DTB neige sich dem Ende zu.
Krupp genierte sich fast. „Konrad hatte mich gebeten, niemandem etwas über diese Quasi-Kündigung zu sagen, damit seine Frau nicht hinten herum etwas erführe und beunruhigt würde. Er hat mich dann auch noch gefragt, ob wir bei den Nachrichten nicht einen Job für ihn hätten.“ Aber das habe sich ja jetzt erledigt, meinte Krupp verschämt, für eine Weile schweigend schaute er aus dem Seitenfenster.
„Ich kann mir gut vorstellen, daß Konrad Selbstmord begangen hat“, setzte er Minuten später das Gespräch fort. „Irgendwann war auch der mal am Ende. Nach dem totalen Einsatz während der letzten Zeit jetzt dieser Rausschmiß. Das hat den armen Kerl vollkommen fertiggemacht.“ Und mit der Aufdeckung des Skandals bei Breuer habe er sich auch keine Freunde geschaffen. „Bei eurer konservativen Zeitung ist das ja schon gleichbedeutend mit einem Todesurteil!“ Krupp sah es nüchtern: „Obwohl die Story bombig war, hat Konrad sich damit nur geschadet. Er hätte besser die Klappe gehalten.“
Doch Bahn widersprach heftig. „Konrad war ein Kämpfer. Der hatte sich bei uns in der Redaktion gegen alle anderen freien Mitarbeiter durchgesetzt und hätte auch woanders seinen Weg gemacht. Der arbeitete doch fast schon wie ein Redakteur.“
Die Geschichte über Breuer habe Schramm auf Anraten von Taschen gemacht. „Die war bis ins letzte recherchiert und sogar von der Chefredaktion abgesegnet. Da ist dem kein Strick draus gedreht worden“, versuchte Bahn überzeugend zu sagen. Aber ganz so sicher war er sich da auch nicht.
Jedoch verstand Bahn jetzt auch, warum Schramm nachdenklich „So Far Away“ pfeifend nach dem Gespräch mit der Eminenz ins Zimmer gekommen war.
Schramm hatte immer gepfiffen, wenn die Situation brenzlig wurde.
Bahn ließ den Nachrichten-Mitarbeiter an der Wilhelmstraße aussteigen und suchte sich erfolgreich am Pletzerturm einen Parkplatz.
Bahn war Profi genug, um die redaktionelle Alltagsarbeit routinemäßig zu absolvieren. Am Freitag, dem Samstag der Redakteure, war erfahrungsgemäß wenig zu tun. Die Aufmacher für die Wochenendausgabe waren schon seit Tagen im Kasten. Die bei den anderen Redakteure hatten während seiner Abwesenheit die Manuskripte der Mitarbeiter bearbeitet und die Meldungen geschrieben. Für Bahn blieb nur noch das Layouten der hinteren Seiten übrig.
Die erste Seite war Chefsache. Das gab dann montags regelmäßig Ärger, wenn der Redakteur des Sonntagsdienstes die Seite nicht so gestaltet hatte, wie er sie nach Auffassung des Lokalchefs hätte gestalten müssen.
Daß es am Montag gewaltigen Zoff geben würde, war Bahn jetzt schon klar. Er hatte Dienst am
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