Tödliche Schatten (Romantik-Thriller / Unheimlich) (German Edition)
wieder mit ihrem Bruder vereint war.
Die jungen Leute überquerten die Straße und suchten sich ein Restaurant am Ufer des Darro. Es war in einem der alten Häuser untergebracht und besaß wie die meisten einen wunderschönen maurischen Innenhof. Doch in diesem Fall war der Hof zu einer Seite offen und bot einen herrlichen Blick auf den Fluß und die Alhambra.
Während des Essens erzählte Cynthia ihrem Begleiter, daß sie am vergangenen Abend noch einmal im Albayzin gewesen war, um das Haus der deMurillos aufzusuchen. Ungesehen hatte sie das verwahrloste Gebäude an seiner rechten Seite betreten.
"Es ging viel einfacher, als ich befürchtet hatte", sagte sie. "Das Portal war nur angelehnt. Vermutlich hat sich schon seit Jahren niemand mehr um das Haus gekümmert." Ein Lächeln umhuschte ihre Lippen. "Ich habe mich beim Portier unseres Hotels nach einigen der ganz alten Häuser im Albayzin erkundigt. Ganz von selbst sprach er auch von dem Besitz der deMurillos. Ich sagte ihm, ich sei bei meinem Spaziergang am Nachmittag an ihm vorbeigekommen, und dann erwähnte ich das verwahrloste Haus. Er erzählte mir, daß es ursprünglich auch den deMurillos gehört hätte, doch vor über hundert Jahren verkauft worden sei. Die Familie, die es damals kaufte, lebt heute in Madrid. Seitdem würde sich niemand mehr darum kümmern."
Brian nahm ihre Hand und drückte sie kurz. "Sie sollten nicht solche gefährlichen Dinge unternehmen", meinte er besorgt. "Warum haben Sie nicht gewartet, bis ich in Granada bin?"
"Hin und wieder muß man ein Risiko eingehen, Mister McArthur. Zudem hat mich niemand gesehen, als ich das Haus betrat. Die meisten Gebäude in dieser Gegend sind unbewohnt."
"Haben Sie einen Blick in den Hof werfen können?"
"Ja, ich stieg bis zum überdachten Dachgarten hinauf. Die Treppe knarrte ziemlich gefährlich unter meinen Füßen, und das Geländer durfte ich nicht anfassen, sonst wäre es sicher zusammengebrochen. Aber ich schaffte es." Sie lachte leise. "Mein Schutzengel hat bestimmt Überstunden gemacht."
"So sieht es aus", bemerkte der Kunsthistoriker kopfschüttelnd.
"Vom Dachgarten aus konnte ich in den Hof blicken. Ich mußte eine ganze Weile warten, bevor ich jemanden sah. Zum Glück habe ich aus England das alte Nachtfernglas meines verstorbenen Vaters mitgebracht und es gestern abend mitgenommen. Cedric hat mir vor seiner Abreise ein Foto seiner Verlobten gezeigt, dennoch bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, ob das Mädchen, das ich gesehen habe, Marcella ist. Allerdings konnte ich deutlich erkennen, daß sie schwanger ist."
"Dann wird es wohl Marcella gewesen sein", meinte Brian. "Haben Sie mit ihr Verbindung aufnehmen können?"
"Ich versuchte es. Ich rief hinunter, aber natürlich konnte ich nicht sehr laut rufen. Immerhin mußte ich befürchten, daß ich sonst auch noch von jemand anderem gehört werden würde." Sie schüttelte den Kopf. "Nein, Marcella beachtete mich nicht. Ihre ganze Haltung drückte Trauer und Resignation aus. Sie tut mir unendlich leid. Ich bin mir ganz sicher, daß sie in diesem Haus gefangengehalten wird, genauso wie sie in ihrem Brief geschrieben hat."
"Nach allem, was Sie mir von der Großmutter und diesem alten Diener erzählt haben, bezweifle ich, ob die beiden bei klarem Verstand sind."
"Ich glaube es nicht." Cynthia nippte an ihrem Wein. "Aber wie bekommen wir heraus, wo Cedric ist? Irgendwie muß es uns gelingen, mit Marcella in Verbindung zu treten."
"Lassen Sie mich einen Moment nachdenken", bat Brian. Er lehnte sich zurück und schloß die Augen. Ganz flüchtig glaubte Cynthia, wieder hinter ihm einen Schatten wahrzunehmen, aber es konnte auch das Sonnenlicht sein, das sie blendete.
"Ich weiß, was wir tun", sagte er. "Die deMurillos sind sicher sehr gläubig. Ganz bestimmt gehen sie am Sonntag in die Kirche. Wir werden uns in der Nähe des Hauses verstecken und es beobachten. Wenn Dona Teresa mit Marcella das Haus verläßt, werden wir das Mädchen ganz einfach ansprechen. So in aller Öffentlichkeit kann ihr ihre Großmutter ein Gespräch mit uns ganz sicher nicht verwehren."
"Das ist eine fabelhafte Idee", gab die junge Frau zu. "Aber Son ntag ist erst übermorgen."
Er berührte ihre Hand. "Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an, Miß Moore. "Bitte, haben Sie etwas Geduld. "Sie helfen Ihrem Bruder nicht, wenn Sie versuchen, Mauern einzureißen, hinter denen eine Wand aus Eisen steht."
"Sie haben ja recht", gab Cynthia
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