Tödliche Schatten (Romantik-Thriller / Unheimlich) (German Edition)
wies sie nach oben und deutete abrupt nach unten.
"Was will sie?" fragte Cynthia.
"Wenn ich das wüßte."
Marcella wiederholte das Ganze noch einmal, und endlich verstanden sie. Sie sollten in den Keller des Hauses gehen. Vermutlich gab es dort eine Verbindungstür. "Komm, Cynthia." Brian nahm ihre Hand. "Versuchen wir unser Glück."
Vorsichtig stiegen sie die Treppen wieder hinunter. Dann suchten sie in der kleinen Halle nach dem Kellereingang. Sie fanden ihn halb verborgen hinter einer Tür, die schrecklich in ihren Angeln quietschte, als Brian sie öffneten. Dumpfer Geruch schlug ihnen entgegen, von unten herauf drangen seltsame Laute. Es war eine Art Fiepen.
"Ratten", bemerkte Brian und ergriff den Arm seiner Begleiterin.
"Ich habe noch nie in meinem Leben eine Ratte gesehen", sagte Cynthia und versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. Ein kalter Schauer rann über ihren Rücken. Immerhin hatte sie schon wahre Horrorgeschichten über Ratten gehört. Dennoch stieg sie hinter Brian die glatten Stufen hinunter, die in die Tiefe führten.
Das Licht ihrer Taschenlampe erfaßte weiß gekalkte Wände. Teilweise waren sie mit grünem Schlick überzogen. Hin und wieder kamen die jungen Leute an einem Sims vorbei, auf dem früher Petroleumlampen gestanden hatten.
Sie erreichten einen schmalen Gang, von dem Türen in kleine Gelasse führten. Nach einigen Metern machte der Gang einen Bogen und mündete vor einer größeren Tür. Sie bestand aus massivem Holz. Als Brian die Klinke nach unten drückte, stellte er fest, daß die Tür abgeschlossen war. Doch es gab eine Klappe. Sie klemmte zwar etwas, ließ sich jedoch mit einiger Mühe aufschieben. Die hinter ihr liegende Öffnung wurde von drei Gitterstäben gesichert.
"Hallo", sagte die junge Frau, die jenseits der Tür stand, sehr leise. Sie war bildhübsch, doch ihr Gesicht wirkte verhärmt. In ihren braunen Augen standen Tränen. "Ich wollte schon alle Hoffnung aufgegeben. Ich hätte nicht gedacht, jemals wieder andere Menschen als meine Großmutter und unsere Dienstboten zu s ehen."
Cynthia stellte sich und Brian McArthur vor. "Bevor mein Bruder nach Spanien flog, hat er mit mir gesprochen und mir ein Foto von Ihnen gezeigt", berichtete sie. "Wo ist Cedric? Ich habe schon seit Wochen keine Nachricht mehr von ihm erhalten."
Marcella nickte. "Ich kann dieses Haus nicht verlassen. Ich werde hier wie eine Gefangene gehalten. Vor dem Schlafen gibt mir meine Großmutter jedesmal eine Spritze. Sie behauptet, es wären Vitamine, aber das glaube ich nicht, denn am nächsten Morgen wache ich immer wie benommen auf." Ihre Lippen verzogen sich schmerzlich. "Mein Großvater war Arzt und Forscher. Ich nehme an, daß meine Großmutter aus dieser Zeit noch eine Menge Betäubungsmittel besitzt."
Marcella strich sich über die Augen. "Es ist einige Wochen her, daß ich Cedric zuletzt gesehen habe. Alfonso ließ ihn ins Haus. Ich befand mich gerade im Hof, als Cedric nach mir fragte. Alfonso erlaubte mir, mich ein paar Minuten mit ihm zu unterhalten. Cedric und ich schmiedeten Fluchtpläne, aber dann kehrte Alfonso mit meiner Großmutter zurück.
Sie schickte mich auf mein Zimmer, weil sie sich unter vier Augen mit Cedric unterhalten wollte. Sie war nett und freundlich, und ich hoffte für einen Augenblick, es würde alles gut werden. Ich wartete in meinem Zimmer, wartete und wartete. Schließlich hielt ich es nicht länger aus und ging in den Salon hinunter.
Meine Großmutter saß an ihrem Stickrahmen. Ich fragte nach Cedric. Sie sagte mir, er sei dort, wo er hingehören würde. Er würde für seine große Schuld bezahlen, genauso wie ich bezahlen müßte."
Cynthia ballte die Hände. "Was, glauben Sie, ist mit meinem Bruder geschehen?"
"Meine Großmutter wird ihm eine Erfrischung angeboten und damit betäubt haben. Vermutlich hat sie ihn irgendwo eingesperrt." Marcella schluckte. "Soweit es mir möglich war, habe ich überall nach ihm gesucht. Aber dieses Haus ist so riesig. All die Nebengebäude! Ein Großteil der Zimmer kann nicht betreten we rden, sie sind abgesperrt."
"Könnte Ihre Großmutter meinen Bruder ermordet haben?" fragte Cynthia mit trockener Kehle.
"Ich weiß es nicht", flüsterte Marcella. "Ich weiß es nicht." Sie faßte sich auf den Leib. "Außerhalb dieses Hauses ahnt niemand, daß ich ein Kind erwarte. Ich soll es hier zur Welt bringen. Gleich nach seiner Geburt, will Großmutter es in ein Kloster geben." Sie schluchzte auf. "Cedric und ich
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