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Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Titel: Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Traber
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steilen Wände nicht mehr.«
    Sie lachten
alle vier übermütig.
    Alex kam
nach einer Weile auf sein Grundstück am Völser Weiher zu sprechen, erwähnte den
Wassergraben und fragte schließlich: »Werner, wärest du an einer Zusammenarbeit
mit mir interessiert? Ich habe nämlich schon lange ein tolles Projekt im Kopf, das
ich realisieren möchte. Wir könnten oben am Weiher gemeinsam eine Kletterschule
eröffnen. Hast du nie daran gedacht, etwas näher bei den Bergen eine kleine Zweitwohnung
zu kaufen? Bis du jeweils von Bozen herauf gefahren bist, verlierst du vor einer
Tour kostbare Zeit. Mit Clarissa zusammen wäre das doch romantisch in der kleinen
Hütte, die man als Wochenendhäuschen ausbauen lassen könnte …«
    Er schilderte
das Paradies am Völser Weiher mit seiner ganzen Überzeugungskraft und Fantasie und
zwinkerte Eva zwischendurch heimlich zu. Sie begriff, dass er wieder einmal versuchte,
ein Geschäft abzuschließen oder zumindest in die Wege zu leiten. Es hätten sich
bereits andere Leute für das Grundstück am Waldrand interessiert, gab er vor, und
er müsste deshalb bald Bescheid bekommen, ob Werner …
    Clarissa
hatte glänzende Augen bekommen. Ein eigenes Häuschen an einem kleinen, idyllischen
Bergsee, vielleicht mit einer Kletterschule verbunden? Warum nicht, fand sie und
versprach, sich das Projekt durch den Kopf gehen zu lassen.
    (Eva erfuhr
erst im Nachhinein, dass Werners Freundin aus einer der reichsten Familien der Gegend
stammte und verstand dann noch besser, warum Alex ausgerechnet mit Werner und Clarissa
über einen eventuellen Verkauf des Grundstücks am Völser Weiher, das ihm gehörte
und auf dem die Hütte stand, verhandelte.)
     
    Gegen ein Uhr morgens fuhren sie
zu ihrem Zimmer in der Sägerei zurück. Alex erwähnte den Arzt nicht mehr und hatte
offensichtlich seine – psychosomatischen? – Beschwerden vergessen oder verdrängt.
Vielleicht hatte er auch nur das nahende Gewitter, den Wetterumschwung gespürt,
der bei empfindlichen Menschen das Nervensystem beeinflussen kann.
    Sie fragte
nicht nach, hatte längst verstanden, dass er es nicht mochte, umsorgt zu werden
und sich ohnehin oft launisch und unberechenbar verhielt. Hauptsache, er war nicht
wirklich ernsthaft krank.
     
    Ein klarer Sommermorgen. Endlich
konnten die richtigen Klettertouren beginnen.
    Fahrt über
eine Hochstraße nach Tires, am alten Schloss Prösels über dem Schlernbach vorbei
gegen das gewaltige Felsmassiv des Rosengartens. Alex hatte Evas Eltern überredet,
ein Stück weit mitzufahren. Auch ihr jüngerer Bruder kam mit. Über Canazei gelangten
sie nach Pera, wo es steil ins Vajolet-Tal hinaufging. Eine Wegbiegung – und das
»Reich der bleichen Berge«, wie der Rosengarten in alten Sagen genannt wird, lag
vor ihnen: die Punta Emma, die Vajolet-Türme, all die Zacken und Spitzen, an deren
Wänden berühmte Kletterer ihr Können und ihren Wagemut eingesetzt hatten. Die Heimat
von Tita Piaz.
    Noch vor
kurzem hatte Eva sein Buch »Dolomiten – meine Freiheit« gelesen, und die magischen
Namen der verschiedenen Berge waren nachts in ihren Träumen aufgetaucht. Jetzt,
nach einer kurzen Wanderung über den schmalen, steinigen Pfad, stand sie vor dem
Denkmal, das Freunde von Piaz ihm dort vor der berühmten Vajolet-Hütte gesetzt hatten.
In diesem Rifugio arbeitete Emma della Giacomo 1899 als Küchenmädchen. Piaz überredete
sie, mit ihm auf den noch namenlosen Gipfel zu steigen, den er als Erster über die
Nordostwand bezwungen hatte. Er versprach, ihr durch den Namen Punta Emma ein großartiges
Denkmal zu setzen und sie für immer berühmt zu machen.
    Langsam
stiegen sie weiter hinauf zur Principe-Hütte. Die Sonne brannte. Kalksteintürme
und Himmel, dazwischen wie ein Mosaik letzte Schneereste.
    Alex ging
mit seinem federnden Bergsteigerschritt voran, das Seil um die Schulter, die weiße
Mütze auf dem Kopf.
    »Dort oben
ist die Spitze des Catinaccio d’Antermoia, der auf Deutsch Kesselkogel heißt. Unser
Ziel.«
    Sie schaute
hoch zu diesem fremden Berg, dem höchsten Gipfel der Rosengartengruppe, hatte jedoch
nicht eigentlich Angst. Eher befürchtete sie, sie könnte sich dumm anstellen, ungeschickt
sein. Lampenfieber vor dem Aufstieg gehörte ohnehin dazu, ein leichtes Ziehen in
der Magengegend, an das sie sich allmählich gewöhnte. Ihr Bruder Matthias, der Alex
und sie begleiten wollte, war zum Glück auch kein erfahrener Bergsteiger. Und wenn
eine Küchenfee es geschafft hatte, auf die weit

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