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Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition)

Titel: Tödliche Seilschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Traber
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Eva gegenüber, beinahe abweisend. Irgendetwas
schien ihn zu beschäftigen. Sie stiegen später zusammen in den Sessellift, der zum
Niger-Pass hinunterfuhr. Alex sagte unterwegs kein Wort mehr zu ihr, und sie schaute,
nachdenklich geworden, zu den Felsen des Rosengartens und den dunklen Wäldern, den
riesigen Tannen, hinter denen der Völser Weiher lag – und ihr wurde in diesem Moment
bewusst, wie sehr sie die Landschaft ins Herz geschlossen hatte.
    Wenn sie
Alex aus irgendeinem Grund als Partner verlieren sollte, würde sie auch Südtirol
verlieren und kaum je wieder in die Gegend zurückkehren, dachte sie auf einmal.
Diese Überlegung stimmte sie traurig.
    Alex war
den ganzen Tag für sie unerreichbar, unnahbar, innerlich abwesend gewesen, fast
ein Fremder. Sie kam sich überflüssig vor. Wollte er lieber allein sein? Störte
oder stoppte sie ihn bei seinen Kletter-Höhenflügen? Liebte er sie plötzlich nicht
mehr? Fühlte er sich nicht wohl? Sie kam nicht an ihn heran, ein Gespräch schien
unmöglich, er blockte jeden Versuch von ihr ab.
    Auf der
Rückfahrt im Auto sagte er auf einmal unerwartet heftig: »Ich glaube, ich kann nie
so leben, wie du dir das vorstellst. Ich kann mich nicht binden, noch nicht. Ich
ertrage auch kein Kindergeschrei, ich muss frei sein, sonst gehe ich zugrunde.«
Dachte er an die lauten, verwöhnten Manzoni-Kinder, die selbst Eva oft auf die Nerven
gingen?
    Der Ausbruch
überraschte sie zwar, aber sie blieb ruhig.
    »Niemand
zwingt dich zu etwas – ich schon gar nicht«, entgegnete sie. »Ein sogenanntes bürgerliches
Leben kann ich mir auch nicht vorstellen, das weißt du. Ich kann mir denken, wie
dir zumute ist. Du möchtest am liebsten immer oben auf einem Gipfel stehen, frei
von Verpflichtungen, obwohl das unmöglich ist. Du bist kein Einsiedler, auch du
brauchst andere Menschen.«
    »Manchmal
befürchte ich, du kommst zu kurz in diesem Sommer«, fuhr Alex stockend fort. »Ich
bin ein schwieriger Mensch und ich kann nicht von dir verlangen, dass du mich verstehst
und mich mit all meinen Schwächen akzeptierst. Weißt du, was ich mir heute gewünscht
habe? Ich möchte an einem einsamen Ort hoch oben, am liebsten hier in den Dolomiten,
Hüttenwart sein, Eis pickeln und monatelang allein sein, nur Felsen um mich haben.«
    »Warum nicht
einmal einen Sommer lang«, meinte sie, »das könnte sogar ich mir vorstellen. Auf
die Dauer würdest du jedoch ein solches Leben kaum aushalten. Ich jedenfalls nicht,
selbst zu zweit nicht.«
    Sie nahm
das Gespräch nicht allzu ernst. Oder war Alex ausnahmsweise einmal ehrlich? Stellte
sie unbewusst zu große Ansprüche, erwartete sie zu viel von ihm? Er suchte zwar
Sicherheit, wie er oft betonte, vielleicht aber in einem ganz andern Sinn als sie.
Sicherheit – eine Illusion, an der er hing und die er gleichzeitig nicht ertragen
konnte, weil er seine Freiheit über alles liebte und sie nie aufgeben würde?
    Hatte er
sich beim Klettern mit dem Gedanken einer möglichen Heirat beschäftigt und auf einmal
Angst bekommen, sich zu binden – Angst, seine Freiheit und Unabhängigkeit zu verlieren?
Das hätte sie verstehen können. Warum jedoch konnten sie darüber nicht wirklich
offen sprechen? Er hatte ja mit dem Thema »feste Bindung« angefangen, schon
bei ihrer ersten Begegnung, sie geradezu bedrängt, ihn zu heiraten, und sie hatte
ihn damals ausgelacht, das habe Zeit, erst müssten sie sich besser kennenlernen.
    Alex wich
auch später Auseinandersetzungen, in denen es um eine gemeinsame Zukunft, eine feste
Beziehung gegangen wäre, aus. Sie glaubte ihm trotzdem nur zu gerne, wenn er von
einem »ruhigen« Leben und von einem Ort, wo er sich daheim fühlen könne, schwärmte.
    Ein »ruhiges«
Leben zu zweit? Wo – und wann?

6
     
    Oswald von Wolkenstein. Geboren
ums Jahr 1377, gestorben 1445 in Meran in einer Zeit großen Umbruchs zwischen Spätmittelalter
und Renaissance. Kriege, Seuchen, Armut gehörten zum Alltag. Oswald, neben Wolfram
von Eschenbach und Walther von der Vogelweide einer der bedeutendsten Lyriker und
Minnesänger seiner Zeit, war auch noch Ritter, Landsknecht, Weltreisender, Pilger,
Politiker, Kaufmann, Gutsbesitzer, Verpächter von Bauernhöfen und Landwirt. Ein
Abenteurer, Teufelskerl und Hasardeur, ein Frauenheld, Weinkenner und Genießer.
    Für Adlige
üblich, zog er früh in die Welt hinaus, nahm am Italienfeldzug von König Ruprecht
teil, beteiligte sich an Feldzügen gegen Litauen und Italien, reiste nach Frankreich,
Ungarn

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