Tödliche SMS (German Edition)
Kleidung, Handtasche, Schuhe. Einfach alles.“
„Warum? Was bezweckt so jemand damit?“
„Ich weiß es auch nicht genau. Vielleicht so eine Art Trophäe.“
Rita Schuhmann kam und brachte heißen Tee.
„Trophäe?“, fragte Andrea verständnislos.
Die Polizistin zog einen freien Sessel an den Tisch, nahm neben Andrea Platz.
„Ja, es gibt Täter, die nehmen sich Wertgegenstände oder manchmal sogar menschliche Teile ihrer Opfer mit nach Hause.“
Andrea schauderte. „Wozu?“
„Sie weiden sich an ihrem Anblick, manchmal dient so eine Trophäe dazu, sexuelle Wünsche zu befriedigen. Aber genauer kann ich Ihnen das auch nicht erklären. Da müssten Sie schon mit unseren Psychologen sprechen“, beeilte sich Rita Schuhmann hinzuzufügen.
Andrea schüttelte den Kopf. So genau wollte sie es gar nicht wissen. „Und Sie denken, dass Silkes Kleider und ihre Handtasche so eine Art Siegespreis sind?“
„Ja, das denken wir.“
„Wurde sie …?“
„Nein“, unterbrach Remo Bauer Andrea, bevor sie noch das Wort „vergewaltigt“ aussprechen konnte. „Wir haben zwar Spermaspuren gefunden …“ Er ließ den Satz im Raum hängen, machte eine kurze Pause, so als wäre es ihm unangenehm weiterzusprechen. „Also! Ihre Freundin hatte Geschlechtsverkehr – vor ihrem Tod. War aber keine Vergewaltigung.“
„Max?“, entfuhr es Andrea.
„Wissen wir noch nicht. Meine Kollegen sind gerade bei ihm zu Hause.“
„Verdächtigen Sie ihn?“
„Im Moment verdächtigen wir jeden und niemanden“, antwortete Remo Bauer.
„Können Sie wenigstens schon sagen, ob ein Mann oder eine Frau sie umgebracht hat?“
„Im Moment tippen wir auf einen Mann.“
„Warum?“
„Sagen wir so. Wir haben ein schwaches Indiz dafür gefunden.“
„Was für ein Indiz?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen. Nicht zu diesem Zeitpunkt.“
Andrea warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. „Ich habe Max sicher schon über ein Jahr nicht mehr gesehen. Aber ich bin sicher, dass er niemandem etwas zuleide tun würde, und Silke schon gar nicht. Er hat ihr einen Heiratsantrag gemacht.“
„Hat sie Ihnen das erzählt?“
„Nein, er hat es mir erzählt. Gestern Abend.“
Sie glaubte in seinen Augen einen Anflug von Verhöhnung zu sehen. „Wann hat er ihr diesen Antrag gemacht?“
„Bevor sie sich trennten …“
Er fiel ihr ins Wort. „Bevor sie sich trennten?“, fragte er und beugte sich weit nach vor. Er war durchaus attraktiv und roch verdammt gut, so dass Andrea unmittelbar an Handschellen denken musste, und daran, was sie gemeinsam damit alles anstellen konnten, wenn die Sache hier nicht so verdammt ernst wäre. Das Gefühl war gut. Keine Angst, kein Misstrauen. Ohne auf das aufkeimende Gefühl in ihrem Unterleib zu achten, antwortete sie: „Ja, sagte ich doch, oder? Die beiden haben sich vor meiner Übersiedlung getrennt und sind seit zwei Monaten wieder zusammen.“
Remo Bauer lehnte sich wieder etwas zurück und schwieg. Andrea nützte diese Gelegenheit, um wieder auf das eigentliche Thema ihres Besuchs zu kommen.
„Warum schickt mir der Täter eine SMS, nachdem er Silke getötet hat? Wäre doch viel klüger das Ding einfach wegzuschmeißen.“
Remo Bauer saß weitere Sekunden schweigend vor ihr, verlor sich fast in ihren Augen, bevor er antwortete: „Sie haben mir doch ein Foto von sich und Ihrer Freundin gegeben. Dabei haben Sie erwähnt, dass Ihre Freundin auch so eines hatte. Vielleicht hatte sie es ebenfalls bei ihren Ausweisen, so wie Sie, und er hat es gefunden.“ Er kramte in den Akten auf seinem Schreibtisch.
„Das heißt aber noch lange nicht, dass er meinen Namen kennt.“
„Sie haben uns erzählt, dass Ihre Freundin die Einladung nach Wien per SMS an Sie geschickt hat. Fall sie sie nicht gelöscht hat vor ihrem Tod, dann kennt er jetzt sämtliche Nachrichten und weiß, dass Sie gestern Geburtstag hatten und deswegen nach Wien gekommen sind. Das würde bedeuten, dass er auch Ihren Namen kennt. Und noch etwas kommt hinzu.“
Andrea strich ihre rotblonden Locken zurück und stützte ihren Kopf auf ihre Hände. Was musste sie noch alles ertragen?
Einatmen. Ausatmen.
„Und das wäre?“
„Er hat das Foto, weiß, wie Sie aussehen.“
Andrea erschrak. „Kann man das Telefon nicht orten? Solche Sachen sieht man doch andauernd im Fernsehen …“
Er unterbrach sie herablassend, reichte ihr das Foto, das sie ihm im Foyer der BELLA Film überlassen hatte. „Natürlich kann man Telefone orten.
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