Tödliche SMS (German Edition)
Schweigend schenkte sie ein. Die Stille war bedrückend.
„Es tut mir so leid“, flüsterte Andrea.
Ruckartig hob Maria König den Kopf. „Ich möchte nur verstehen, was passiert ist. Warum sie ermordet wurde. Die Polizei sagt, dass sie in ihrem Atelier gefunden wurde. Ich war nie dort. Kanntest du diese Werkstatt?“
Andrea schüttelte den Kopf, holte tief Luft und atmete dann lautlos aus.
„Nein! Ich wusste nicht einmal, dass sie eine hat.“
„Sie haben uns erzählt, dass du sie gefunden hast.“
Andrea nickte.
„Wie hat sie ausgesehen? Musste sie leiden?“
Andrea warf einen kurzen Blick zu Silkes Vater. Tränen liefen ihm über die Wangen. Er machte keine Anstalten sie abzuwischen. Nein, diesen liebenswürdigen Menschen konnte sie unmöglich die Wahrheit sagen und allem Anschein nach hatte die Polizei sich ebenfalls mit Details zurückgehalten, sonst würde Maria ihr nicht diese Frage stellen. „Ich glaube nicht, dass sie leiden musste“, log sie, obwohl sie es besser wusste.
„Wer hat ihr das angetan?“ Nervös strich Maria König über ihren Rock.
„Ich weiß es nicht. Aber ich bin nicht nur hergekommen, um mit euch über Silkes Tod zu sprechen, sondern auch, um euch meine Hilfe anzubieten. Ich kann euch die Identifizierung abnehmen, wenn ihr das wollt.“
Plötzlich streckte Maria König beide Hände aus, ergriff Andreas rechte Hand. „Das ist lieb von dir, Andrea. Aber den Weg müssen wir alleine schaffen. Es ist das Letzte, das wir für unsere Tochter tun können, das letzte Mal, dass wir sie sehen, und vielleicht wird es uns helfen, ihren Tod eines Tages zu begreifen.“ Sie ließ Andreas Hand wieder los. „Obwohl ich nicht daran glaube, dass Eltern es jemals schaffen, den Tod ihres Kindes zu verarbeiten. Wir sind beide um die siebzig. Ich denke, wir werden Silke bald wiedersehen.“ Sie nahm einen Schluck Tee und Andrea wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihr zu widersprechen.
„Hast du gewusst, dass sie noch vor einem Jahr heiraten wollte?“, fragte Silkes Mutter. Noch bevor Andrea eine Reaktion zeigen konnte, stand Maria König auf und kramte aus einer Lade des Wandverbaus im Wohnzimmer zahlreiche Brautjournale hervor. Sie waren alle vom Vorjahr. Damals hatte Max ihr den Antrag gemacht.
„Die hat sie alle zu uns schicken lassen, mit der Post. Ich glaube, sie wollte nicht, dass ihr Bräutigam sie auslacht. Sie hat erzählt, dass er Regisseur ist und wir ihn bald kennenlernen werden. Aber das ist jetzt sowieso …“
„Hat sie euch Max nicht vorgestellt?“
„Nein, sie kam ja so selten, war immer so …“
Das Läuten von Andreas Mobiltelefon unterbrach Silkes Mutter. Andrea murmelte flüchtig „Entschuldigung“ und hob ab. Es war Remo Bauer, der ihr mitteilte, dass Silkes Handy gefunden worden war.
„Wo haben Sie’s gefunden. Am Grund der Donau?“, fragte sie erleichtert.
Keine SMS würde ihr mehr Angst machen.
„Nein, in einem Papierkorb in der Lerchenfelder Straße im achten Bezirk.“
Lerchenfelder Straße. Das war dort, wo Max wohnte.
Als Andrea am frühen Abend die Wohnung von Silkes Eltern verließ, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass in Silkes Leben ein Geheimnis darauf wartete, gelüftet zu werden. Sie konnte sich nur nicht erklären, warum ihre beste Freundin sie aus einem wichtigen Teil ihres Lebens ausgeschlossen hatte. Max’ Heiratsantrag und dieser mysteriöse Liebhaber passierten etwa einen Monat vor ihrem Umzug nach München. Warum hatte Silke ihr nie davon erzählt? Warum hatte sie die Brautjournale in der Wohnung ihrer Eltern deponiert? Andrea kam zu dem Schluss, dass sie noch länger in Wien bleiben musste. Es gab noch so viele offene Fragen und sie ahnte, dass sich die Polizei nicht dafür interessieren würde, oder doch?
Aber hatte Remo Bauer ihr nicht am ersten Tag ihrer Begegnung die Karte nur deshalb gegeben, damit sie ihn jederzeit anrufen konnte, falls ihr noch etwas einfallen würde? Oder sollte sie zuerst mit Max über die Angelegenheit sprechen?Darüber, dass Silke seinen Antrag angenommen, ihn zwei Tage später aus der Wohnung geworfen und sich gleichzeitig mit Magazinen über Brautmode eingedeckt hatte. Und auch wenn sie dieses Geheimnis niemals lüften würde, es war ihr im Augenblick einfach nach Gesellschaft. Sie wollte nicht alleine in Silkes Wohnung sitzen. Etwas tun war wie eine Therapie. In diesem Moment läutete ihr Handy. Diesmal war es Max. Er erzählte ihr, dass BELLA Film für nächste Woche eine
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