Tödliche SMS (German Edition)
Papier. Ray Charles’ raue Stimme nahm die gesamte Wohnung ein. Dies wäre ein schöner Moment gewesen, wenn da nicht Silkes Tod als Damoklesschwert über ihren Köpfen geschwebt wäre.
„Sie denken jetzt sicher, dass die Nachricht vom Mörder Ihrer Freundin stammt“, sagte er.
„Was sollte ich sonst denken? Meine beste Freundin wurde ermordet, ich werde per SMS zu ihrer Leiche geführt und bekomme auch danach eigenartige Nachrichten. Verdammte Scheiße! Das ist nicht lustig.“ Sie schlug mit der flachen Hand auf die Anrichte. Da war Wut, keine Angst. Sie genoss dieses neue Gefühl in ihr.
„Keineswegs. Da haben Sie recht“, pflichtete er ihr bei.
Andrea drehte sich herum, nahm zwei Tassen aus der Anrichte, goss Kaffee ein und reichte eine dem Inspektor. Sie hatte frischen aufgebrüht, während sie auf ihn gewartet hatte. Sie musste einfach etwas tun. Kurz hatte sie überlegt, zu kochen, nur um sich abzulenken. Aber sie hatte ja erst kurz zuvor bei Max gegessen. Und um halb ein Uhr morgens zu kochen, war ihr dann aber doch albern vorgekommen. Obwohl Silke und sie das gerne getan hatten, nach durchzechten Nächten. Ihr Kater am nächsten Morgen hatte sich dann zumeist in Grenzen gehalten.
„Gehen wir ins Wohnzimmer“, sagte sie, nahm ihre Tasse, ging um die Anrichte herum, stolperte, der Kaffee schwappte über.
„Scheiße!“
Er fing sie auf, berührte dabei unbeabsichtigt ihre Brüste und wurde rot.
„Danke“, sagte sie knapp. Sie ignorierten beide die Berührung, so, als wäre sie niemals passiert, begaben sich schweigend ins Wohnzimmer. Andrea drehte den Knopf der Stereoanlage zurück, ließ sich auf das Sofa sinken, winkelte die Beine an und umfasste mit ihren Händen ihre Knie. Die Kaffeetasse behielt sie dabei in den Fingern. Warum zitterte sie? Angst war es nicht.
Remo Bauer nahm neben ihr Platz. Er ließ seinen Blick auf Andrea ruhen. Sie trug einen dunkelgrauen Jogginganzug. Ihre Füße waren nackt, der Zehenring an seiner Stelle, so wiedamals, als er sie gemeinsam mit seinen Kollegen aus dem Bett geholt hatte. Ein süßer Vanilleduft ging von ihr aus. Ihre langen, rotblonden Locken fielen seitlich über ihre Arme und bedeckten teilweise ihr ebenmäßiges Gesicht. An ihrem entschlossenen Blick und ihren grünen Augen konnte er ablesen, dass sie noch lange nicht bereit war, einfach aufzugeben. Andrea hatte ihre beste Freundin verloren, wurde von einem Verrückten in den Wahnsinn getrieben, sah aber selbst in dieser Situation und jetzt, um ein Uhr morgens, umwerfend aus. Sein Blick verriet, dass er sich wünschte, sie unter anderen Umständen kennengelernt zu haben.
„Was haben Sie getan, als Sie die SMS gelesen haben?“
„Ich habe Sie angerufen und mich dann wie ein hysterisches Weib verhalten.“ Sie lachte. Das war gut. Humor entspannte. „Ich habe sämtliche Lichter eingeschaltet, eine andere CD eingelegt … Vorher lief die Streisand, Somewhere over the rainbow , Silkes Lieblingslied … Dann hab ich Kaffee gemacht, mich umgezogen und aus dem Fenster in den Innenhof gesehen. Da war natürlich niemand. Dann habe ich die Vorhänge vorgezogen. Blöd nicht? Ich wohne hier im dritten Stock und die Fenster gehen allesamt in den Innenhof. Wer sollte mich da sehen können?“ Trotzdem hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden, fügte sie in Gedanken hinzu.
„Hatten Sie denn das Gefühl, beobachtet zu werden?“, fragte er.
Er kann meine Gedanken lesen, dachte sie.
Blödsinn.
Energisch schüttelte sie den Kopf. „Nein. Natürlich nicht“, kam es um eine Spur zu schroff.
Misstrauisch beäugte er sie aus den Augenwinkeln. „Ich denke, nachdem was Sie alles erlebt haben, wäre so etwas ganz normal.“
„Wie meinen Sie das?“
Remo Bauer nahm einen ordentlichen Schluck Kaffee und stellte die leere Tasse auf den Tisch.
„Hatten Sie vorher schon einmal das Gefühl, beobachtet zu werden, oder erst, seit Sie Ihre Freundin gefunden haben?“
Was sollte diese Scheiße jetzt? „Herr Bauer“, begann sie giftig, „ich habe kein Gefühl, bin auch nicht durchgeknallt, ich habe eine SMS bekommen.“
„Ihre Freundin bekam keine SMS, wie Sie sie erhalten. Sie wurde weder bedroht, noch haben wir Nachrichten gefunden, die uns beweisen, dass sie vor dem Mord beobachtet wurde, deshalb schließe ich den Mörder Ihrer Freundin jetzt einmal aus.“
„Und wenn sie die Nachrichten gelöscht hat?“
„Unsere Techniker finden was, glauben Sie mir, die sind gut, haben alles überprüft, aber
Weitere Kostenlose Bücher