Tödliche SMS (German Edition)
an. „Ich verstehe, was du meinst. Vielleicht ist es auch gut so.“
„Und?“
„Wenn du meinst, ich musste mir vor den Jungs einen runterholen, dann irrst du dich gewaltig.“ Er grinste sie herausfordernd an.
Sie spürte, wie sie errötete. „Das habe ich auch nicht gemeint. Ich wollte …“
„Sie haben mir Haare abgeschnitten und sicherheitshalber einen Speicheltest gemacht“, unterbrach er sie und zuckte mitden Achseln. „Ist ja alles kein Problem. Ich hab sie nämlich nicht umgebracht.“
„Hat ja auch keiner gesagt, dass du das warst. Die Polizei wird jetzt jeden in Silkes Umfeld vernehmen. Das ist, denke ich, die mühselige Kleinarbeit eines Kriminalisten. Und ich hoffe, dass dabei etwas herauskommt.“
„Das hoffe ich auch, Andrea. Verdammt, das hoffe ich auch.“ Er hatte Tränen in den Augen.
Sie schwiegen eine Weile und jeder hing seinen Gedanken nach.
„Wann hast du Silke eigentlich das letzte Mal gesehen?“, unterbrach Andrea die Stille.
Max überlegte einen Augenblick. „Muss am Mittwoch gewesen sein. Sie ist abends zu mir gekommen und über Nacht geblieben. Danach war ich leider mit dem Film so sehr beschäftigt, dass ich nicht einmal die Zeit fand, sie anzurufen. Du weißt schon, die letzten Drehtage sind immer hektisch. Der Film muss zeitgerecht fertig werden, sonst reißt dir der Produzent den Arsch auf. Und wir waren bereits einen Tag im Verzug, das musste aufgeholt werden. Das habe ich denen von der Polizei auch schon erzählt.“ Er stützte seinen Kopf auf seine linke Hand. „Scheiße, Andrea. Vielleicht hätte ich es verhindern können … aber ich dachte …“ Er klang so verzweifelt. Max, der coole Schönling der Szene. Immer leicht distanziert, überlegen, wenn nicht sogar manchmal überheblich wirkend.
„Ich glaube nicht, dass man so etwas verhindern kann. Du konntest ja nicht die ganze Zeit um sie herum sein.“ Andreas Stimme wurde lauter, viel lauter als sie wollte. „Außerdem rechnet man doch niemals im Leben mit so was.“
Während sie das Essen auf den Tellern anrichtete, rechnete sie blitzschnell nach. Was hatte Remo Bauer erzählt? Silke war bereits seit drei Tagen tot, als sie sie im Atelier gefunden hatte?Das würde bedeuten, sie wäre am Donnerstag ermordet worden. Das war der sechsundzwanzigste. Dann wäre zweifelsfrei Max derjenige gewesen, mit dem sie vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr gehabt hatte. Aber das würde alles ans Tageslicht kommen, sie wollte sich damit jetzt nicht auseinandersetzen und schon gar nicht mit Max darüber reden.
Sie stellte die Teller auf die Küchenbar, dann nahm sie neben Max auf einem Barhocker Platz. Sie begannen stumm zu essen.
„Wusste gar nicht, dass du eine so verdammt gute Köchin bist“, lobte Max das Huhn in Zitronensauce nach dem ersten Bissen.
„Ich hatte bisher auch noch nie Gelegenheit, es dir zu beweisen. Damals, als du mit Silke zusammen warst, seid ihr beide eher selten aus dem Schlafzimmer rausgekommen. Und wenn, dann hat Silke Pizza bestellt.“ Er schenkte Wein nach. Dass die Polizei Silkes Handy in einem Papierkorb in der Nähe von Max’ Wohnung gefunden hatte, erzählte Andrea nicht. Vielleicht war ja alles nur ein böser Zufall.
„Weißt du, was eigenartig ist, jetzt im Nachhinein betrachtet?“, fragte er kauend.
„Nein, weiß ich nicht.“
„Wir haben uns doch seit ungefähr zwei Monaten wieder getroffen, unregelmäßig, aber doch. Sie wollte aber nie, dass ich zu ihr in die Wohnung komme. Wir waren immer bei mir und manchmal in ihrem Atelier. Komisch! Nicht? Aber wahrscheinlich such ich nur verzweifelt nach … Keine Ahnung, wonach ich suche.“
Sie schaute ihn aufmerksam an, schwieg einige Sekunden, dann fragte sie streng. „Du kanntest ihr Atelier?“
„Natürlich kannte ich ihr Atelier, hab ihr das Ding doch über die Hausverwaltung vermittelt.“
„Wie vermittelt?“
„Der Raum stand schon lange leer und die Hausverwaltung ist an die BELLA Film herangetreten, ob sie ihn nicht mieten will. Als Lager oder so. Ist ja nur ein Raum mit WC und mit Dusche, als Wohnung kannst du’s vergessen. Gerhard wollte aber nicht so recht. Und irgendwann hab ich Silke davon erzählt.“
„Wer ist Gerhard?“
„Der Produktionsleiter der BELLA Film.“
7.
Dienstag, 31. Oktober
Es war knapp nach Mitternacht, als sich Andrea auf den Weg in die Argentinierstraße machte. Das Taxi schlängelte sich langsam durch das nächtliche Wien. Hin und wieder betrachtete sie die Silhouetten der Häuser.
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