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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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danach verspürt hätte, ein Ähnliches leisten können. Er würde vielleicht auf das eine oder andere verzichten müssen, aber unmöglich wäre es nicht gewesen.
    Laurence dagegen hatte es vorgezogen zu heiraten und eine gewisse Rolle in der Gesellschaft zu spielen. Überdies wählte er seine Fälle größtenteils auf Grund des zu erwartenden Honorars aus, um seinen Lebensstil zu finanzieren. Ein solches Verhalten hätte Rathbone widerstrebt. Seine Wohnung eignete sich bestens für seine Zwecke. Falls er heiratete, würde sich daran natürlich etwas ändern müssen.
    Er betrat das Haus und stellte fest, dass schon mehrere Gäste vor ihm angekommen waren. Die Kronleuchter verströmten glitzerndes Licht. Das Geräusch von Lachen und Gläserklirren erfüllte den Raum, der ansonsten von den exquisiten Kleidern der Frauen, dem Funkeln der Juwelen und dem hellen Schimmern von Schultern und Brüsten beherrscht wurde.
    Er wurde begrüßt und in das bunte Treiben hineingezogen. Man war höflich und sprach von allen möglichen Themen: dem Stück, das gegenwärtig im Theater gegeben wurde, der jüngsten Parlamentsdebatte und den Erwartungen in Bezug auf die nächste und der Frage, wer vielleicht wen heiraten würde. Die Atmosphäre war beschwingt und angenehm entspannt.
    Erst nach dem Essen, als die Damen sich in den Salon zurückgezogen hatten und die Herren am Tisch sitzen blieben , um sich an Portwein und exzellentem Stiltonkäse zu erfreuen, kam man auf das Thema Killian Melville zu sprechen und auch dann nur sehr indirekt.
    »Der arme alte Lambert«, bemerkte Lofthouse mit einem leichten Zungenschnalzen. Er hielt sein Glas in der Hand und drehte es so, dass das Licht durch die rubinfarbene Flüssigkeit schien. »Er muss sich wie ein kompletter Narr fühlen.«
    »Mir tut eher seine Tochter Leid«, erwiderte Weatherall brüsk. »Wie muss sie sich erst fühlen? Sie hat sich vollkommen in die Irre führen lassen.«
    Lofthouse dreht sich zu ihm um und zog seine buschigen Augenbrauen in die Höhe. »Sie hat schließlich kein Vermögen für Gebäude ausgegeben, die jetzt wertlos sind!«, gab er mit ungeduldigem Tonfall zurück.
    Rathbones Nerven lagen ohnehin schon blank. Jetzt verlor er die Fassung.
    »Das hat Lambert auch nicht getan!«, sagte er sehr klar und deutlich.
    Ein halbes Dutzend Männer am Tisch fuhren zu ihm herum, aufmerksam geworden durch den harten Klang seiner Worte.
    »Wie bitte?«, fragte Colonel Weatherall, dessen dünnes weißes Haar das Licht auffing, verwirrt.
    »Ich sagte: »Das hat Lambert auch nicht getan.« Jedes Gebäude, für das er bezahlt hat, ist heute genauso viel wert wie noch vor einer Woche.«
    »Wohl kaum!« Lofthouse lachte, »Mein lieber Freund , ausgerechnet Sie müssten doch die Wahrheit kennen! Ich will nicht unfreundlich sein oder auf Ihrem Missgeschick herumreiten, wenn man es denn so bezeichnen kann, aber Melville war eine Frau, um Himmels willen!« Mehr sagte er nicht, als sei diese Tatsache allein Erklärung genug.
    Weatherall räusperte sich und hüstelte diskret in sein Taschentuch.
    Ein rothaariger Mann nahm sich noch eine Portion Käse.
    »Genau!«, antwortete Rathbone zustimmend und sah Lofthouse unverwandt an. »An den Bauten hat sich deshalb nichts geändert. Wir haben neue Kenntnisse über Melvilles Geschlecht gewonnen, nicht über ihre Fähigkeiten als Architekt.«
    »Oh! Na, kommen Sie schon!« Lofthouse lachte abermals laut auf und warf einen Blick in die Runde, bevor er sich wieder Rathbone zuwandte. »Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten, dass eine Frau - noch dazu eine junge Frau - technisch perfekte Pläne ersinnen und entwerfen kann? Noch dazu für Gebäude von der Art, wie Lambert sie in Auftrag gegeben hat? Um Himmels willen, Rathbone! Wir haben doch alle Verständnis für Ihre peinliche Lage. Jeder von uns hat bei der einen oder anderen Gelegenheit mal ein falsches Urteil getroffen…« Ein Lächeln spielte um seine Lippen. »Wenn auch wohl nicht von dieser Größenordnung… oder in dieser Richtung.« Sein Lächeln wurde breiter.
    Rathbone spürte, dass er den Zorn, der in ihm aufwallte, kaum noch zu beherrschen vermochte. Wie konnte dieser selbstgefällige Esel es wagen, schäbige Witze über Killian Melvilles Tragödie und die Vorurteile der Gesellschaft zu reißen?
    »Lofthouse, ich denke…«, begann Laurence, obwohl auch in seinen Augen ein amüsierter Ausdruck stand oder es Rathbone jedenfalls so erschien.
    »Na, kommen Sie schon, mein lieber

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