Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
Häusern, die er noch bauen wollte. Er versteht sehr viel von Geschichte, vor allem von der Kunstgeschichte Italiens. Ich - ich finde es wunderbar, ihm zuzuhören, weil ihm die Dinge so sehr am Herzen liegen.«
    Eine gewisse Anspannung in ihrer Stimme zog Sacheveralls Mundwinkel nach unten, und seine Augen blickten durchdringend.
    »Ganz recht«, sagte er steif. »Kurzum, Miss Lambert, man könnte sagen, er hat Ihnen den Hof gemacht.« Das war eine Schlussfolgerung, keine Frage. Er fuhr unverzüglich fort. »Er hat von seinen Gefühlen gesprochen, er hat Ihnen von seinen Hoffnungen für die Zukunft erzählt, er hat Ihnen ein außergewöhnliches Vertrauen entgegengebracht, mehr, so dürfen wir vermuten, als irgendjemandem sonst. Hat er unmissverständlich klargemacht, dass er tiefe Gefühle für Sie hegt, ganz gleich, auf welche Weise oder mit welchen Worten?«
    »Ja… ich habe es jedenfalls geglaubt.« Sie suchte in ihrem Retikül nach einem Taschentuch und wischte sich damit über die Augen. »Entschuldigen Sie bitte.«
    »Aber selbstverständlich«, erwiderte Sacheverall sanft. »Ich nehme an, dass jeder in diesem Raum verstehen wird, was Sie empfinden, abgesehen von Melville und vielleicht von seinem Anwalt.«
    Rathbone dachte daran, Einspruch zu erheben, aber es lohnte der Mühe nicht. Die Bemerkung war gefallen, und ihre Wirkung würde weniger ausschlaggebend sein als Zillahs Verhalten. Man konnte spüren, wie das Mitgefühl für sie sich im Raum ausbreitete. Selbst auf der Galerie herrschte völliges Schweigen. Wenn irgendjemand geneigt gewesen war, über sie zu lachen oder ihr Missgeschick mit einem Gefühl der Genugtuung zu betrachten, hatte er jetzt entweder seine Meinung geändert oder spürte die Stimmung im Saal und hielt sich klugerweise zurück.
    ».Miss Lambert«, fuhr Sacheverall fort. »Was sic h Mr. Melville vollauf im Klaren über die Hochzeitspläne und all die Vorbereitungen?«
    Sie klang überrascht. »Natürlich.«
    »Er war zugegen, als Sie über Dinge wie die Auswahl der Kirche sprachen? Er wurde diesbezüglich um Rat gefragt, nicht wahr?«
    »Ja, natürlich wurde er gefragt.« Sie erwiderte seinen Blick.
    »Glauben Sie, wir würden so etwas arrangieren, ohne uns seiner Gefühle zu versichern?«
    »Nein, das glaube ich nicht, Miss Lambert, aber Sir Oliver scheint davon auszugehen, dass es so war.« Das leichte Schnauben, mit dem er seine Worte begleitete, war höhnisch.
    »Hat Mr. Melville Ihnen zu irgendeiner Zeit auch nur den leisesten Hinweis darauf gegeben, dass er sein Versprechen nicht einhalten würde?« Er machte eine ruckartige Kopfbewegung in Melvilles Richtung.
    »Nein«, sagte sie schlicht.
    »Und hat er Ihnen seither Gründe für sein Verhalten genannt?«, hakte Sacheverall noch einmal nach.
    »Nein.« Sie hatte Mühe, ihre Gefühle zu beherrschen, das konnte jeder sehen. Einige der Geschworenen musterten sie durchdringe nd, anderen war das Ganze um ihretwillen peinlich, und sie wollten nicht aufdringlich wirken. Wenn Sacheverall nicht vorsichtig war, ging er das Risiko ein, seinerseits das Wohlwollen der Geschworenen einzubüßen. Vielleicht spielte das keine Rolle für ihn, solange er nur sicher sein konnte, dass sie auf ihrer Seite waren. Was Rathbone über ihn wusste, legte die Vermutung nahe, dass er ein Mann war, der um jeden Preis gewinnen wollte.
    Sacheverall biss sich auf die Unterlippe und zeigte deutlich sein Widerstreben.
    »Miss Lambert, hat er Ihnen einen Grund für sein Benehmen genannt, irgendeinen Grund?«
    »Nein«, sagte sie so leise, dass man es kaum hören konnte.
    Der Richter beugte sich vor, bat sie aber nicht, ihre Worte zu wiederholen.
    »Nur noch eine Frage, Miss Lambert«, versprach Sacheverall.
    »Haben Sie selbst eine Ahnung, warum er das getan haben könnte? Haben Sie ihm irgendeinen Anlass gegeben? Gibt es etwas, das er über Sie in Erfahrung gebracht haben könnte, über Ihre Familie oder über Ihr persönliches Verhalten, das seine Entscheidung erklären oder rechtfertigen könnte?«
    »Das sind mindestens drei Fragen, Mr. Sacheverall« , bemerkte der Richter.
    »Es wird nur eine Antwort notwendig sein, Mylord« , antwortete Sacheverall und hob die Hände. »Danach gehört die Zeugin Sir Oliver.«
    »Miss Lambert?«, hakte der Richter nach.
    »Nein, Mylord, ich weiß von nichts«, versicherte sie. Sacheverall zuckte die Achseln und sah erst die Geschworenen, dann Rathbone an. »Sir Oliver, Ihre Zeugin.« Rathbone erhob sich. »Vielen Dank, Mr.

Weitere Kostenlose Bücher