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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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schätzen wusste. Und Mrs. Lambert war ebenfalls für all diese Dinge empfänglich und hat sie auf ihre Weise perfekt ergänzt. Alles in ihrem Speisesaal war vollkommen. In den Vasen befand sich nicht eine Lilie, an der ein Makel gewesen wäre, am Kristall war nicht ein Fingerabdruck oder eine angeschlagene Stelle zu entdecken, das Silber hatte nirgends einen Kratzer und die Tischwäsche nirgendwo auch nur den Schatten eines alten Flecks.« Er neigte ganz leicht den Kopf. »Alles, aber wirklich alles war von erlesenem Geschmack. Und sie selbst war die perfekte Gastgeberin. Das Essen war natürlich köstlich und reichlich, ohne auch nur im Mindesten protzig zu sein.«
    »Interessant«, stellte Monk fest. »Aber es hilft uns nicht weiter.«
    »Ich weiß nicht, wie ic h Ihnen helfen könnte.« Sandeman zog die massigen Schultern hoch. »Barton Lamberts Ruf ist untadelig, sowohl in beruflicher als auch in privater Hinsicht. Ich habe nie auch nur die leiseste Andeutung darüber gehört, dass er etwas anderes ist als das, was er zu sein scheint: ein raubeiniger, aber gewitzter Geschäftsmann, der ein Vermögen gemacht hat und aus dem Norden des Landes nach London kam, um seinen Erfolg auszukosten, die Künste zu fördern - hauptsächlich Architektur, aber auch Musik und Malerei - und Frau und Tochter die Annehmlichkeiten der Londoner Gesellschaft zu bieten. Und sollten Sie versuchen, irgendwelche Beweise dafür zu finden, dass er die Bordelle im West End aufsucht oder sich heimlich eine Mätresse hält, sich an Glücksspielen beteiligt oder gelegentlich einen über den Durst trinkt, dann bezweifle ich, dass Sie Erfolg haben werden. Und selbst wenn, würde es Ihnen nicht helfen. Das alles tun nämlich die meisten Männer in seiner Position. Keines dieser Laster wäre ein Grund, seine Tochter nicht zu heiraten.«
    Das wusste Monk. »Was ist mit Mrs. Lambert?«, fragte er.
    »So weit ich weiß, ist sie genauso über jeden Verdacht erhaben«, erwiderte Sandeman. »Sie hat einen untadeligen Ruf. Vielleicht ist sie eine Spur zu ehrgeizig für ihre Tochter, aber ich bin mir nicht sicher, ob man das als Fehler bezeichnen würde. Wenn ja, können Sie etlichen Londoner Müttern dasselbe vorwerfen.«
    »Woher kommt sie eigentlich?«
    »Keine Ahnung.« Sandemans Augen weiteten sich. »Glauben Sie, Melville ist das wichtig?«
    »Nein. Ich versuche nur, jeder Möglichkeit nachzugehen. Könnte ihre Tochter außerehelich sein?«
    »Nein«, sagte Sandeman lächelnd. »Ich weiß, dass sie achtzehn Jahre alt ist, und die Lamberts haben jüngst ihren zwanzigsten Hochzeitstag gefeiert. Das wurde an dem Abend, als ich dort zu Gast war, erwähnt. Es muss jetzt einige Monate her sein, sieben oder acht. Und würde das etwas an Melvilles Meinung über das Mädchen ändern?« Er zog abermals die Schultern hoch. »Ja, wahrscheinlich wäre das möglich. Weil er nicht wüsste, wer der Vater war. Könnte dann so ziemlich jeder gewesen sein.«
    Monk versagte es sich zu bemerken, dass sich dasselbe von vielen anderen behaupten ließe, denn dies war ein Argument, an dem Sandeman vielleicht Anstoß nehmen würde. Ihm fielen keine weiteren Fragen mehr ein, die vielleicht eine nützliche Antwort versprachen, also stand er auf und bedankte sich.
    »Ich hoffe, Sie können irgendwie helfen«, sagte Sandeman stirnrunzelnd.
    »Ja, hoffentlich«, sagte Monk.
    »Tja, unschöne Sache«, meinte Sandeman. »Wenn ich irgendetwas höre, werde ich Sie davon in Kenntnis setzen.«
    Und damit musste sich Monk zufrieden geben.
    Er verbrachte einen anstrengenden Nachmittag mit der Betrachtung des jüngsten Gebäudes, das nach den Plänen Killian Melvilles errichtet wurde und kurz vor der Fertigstellung stand. Zuerst musste er die Erlaubnis eines dubiosen Hausaufsehers einholen und sich dann vorbei an viel beschäftigten Handwerkern mühsam einen Weg über Bretter und Gipsfässer bahnen.
    Es war eine unangenehme Erfahrung. Eigentlich wollte er nichts mit Melville zu tun haben, aber schon jetzt faszinierte ihn die Kraft seiner Visionen. Als er im Hauptwohntrakt stand, wo gerade Carraramarmor verlegt wurde, waren überall um ihn herum Licht und Helligkeit. Es war kein kaltes, farbloses Licht, sondern eins, das den Eindruck von Weite und Freiheit vermittelte. Es wirkte fast so, als sei das Innere so grenzenlos wie das Äußere mit seinen klaren, aufstrebenden Linien und großflächigen Fassaden. Das Gebäude war äußerst modern und avantgardistisch, aber auch zeitlos.
    Während

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