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Tödliche Täuschung

Tödliche Täuschung

Titel: Tödliche Täuschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Gesicht und war sogleich wieder verschwunden.
    »Er ist jedenfalls nicht mein homosexueller Geliebter!«, stieß er voller Entrüstung hervor. »Ich schwöre das im Namen Gottes! Er ist so normal und männlich, wie ein Mann nur sein kann.«
    »Aber was hat das alles dann zu bedeuten? Ist er ein Verwandter, ein Blutsverwandter oder angeheiratet?« Noch während er fragte, ging Rathbone durch den Sinn, dass er unmöglich ein Blutsverwandter sein konnte. Die beiden Männer waren in körperlicher Hinsicht denkbar verschieden. Wolff musste zehn oder zwölf Zentimeter größer sein. Er war dunkelhaarig, Melville hingegen blond; ein düsterer, mystischer, keltischer Typ, während Melville offen, klar und angelsächsisch war. »Was ist es?«, wiederholte er unerbittlich.
    Aber Melville weigerte sich zu antworten.
    Der Justizwachtmeister stand neben dem Tisch.
    »Mr. Sacheverall erwartet Sie, Sir Oliver. Ich werde Sie zu ihm führen.«
    »Wollen Sie aufgeben?«, fragte Rathbone, der Melville nach wie vor fixierte. »Diese Entscheidung kann ich Ihnen nicht abnehmen. Ich weiß nicht, was Sacheverall herausfinden wird oder was diese Zeugen sagen können.«
    »Ich weiß es genauso wenig!«, erwiderte Melville fahrig.
    »Aber ich werde Zillah Lambert nicht heiraten.« Er schloss die Augen. »Tun Sie einfach, was Sie können…« Seine Stimme versagte, und er wandte sich ab.
    Rathbone blieb nichts anderes übrig, als dem Wachtmeister zu folgen und sich mit Sacheverall zu treffen, ohne die geringste Ahnung, was er aus dem Chaos, in das man ihn hineingestürzt hatte, retten könnte. Nur dass er, wenn er ehrlich war, zugeben musste, dass man ihn nicht hineingestürzt hatte - er war vielmehr selbst hineingesprungen. Seine eigene Gedankenlosigkeit hatte ihm diesen Schlamassel eingebracht.
    Sacheverall lehnte in einer halb sitzenden Position an dem kahlen Tisch in dem kleinen Raum, der eigens für derlei Besprechungen vorgesehen war. Er erhob sich auch nicht, als Rathbone eintrat und die Tür hinter sich schloss. Seine hellen Augenbrauen hoben sich fragend an.
    »Bereit zum Rückzug?«
    Rathbone setzte sich auf einen der Stühle und schlug die Beine übereinander. Ihm wurde klar, dass er Sacheverall nicht mochte, aber nicht weil dieser den Prozess gewinnen würde - er hatte schon früher Fälle verloren und das an Gegner, die er durchaus schätzte und bewunderte. Was ihm an diesem Mann missfiel, war die Art, wie er all das Elend, das Melville bevorstand, auch noch auskostete. Er genoss die Rolle, die er selbst dabei spielte. Es widerstrebte Rathbone zutiefst, diesem Mann auch nur das Geringste in die Hand zu geben.
    »Wenn Sie meinen, ob ich bereit bin zu kapitulieren, nein, das bin ich nicht. Wenn Sie glauben, dass wir die Situation erörtern sollten, dann bin ich natürlich bereit dazu. Ich dachte, dass hätte ich mit meiner Bitte um eine Vertagung bereits deutlich gemacht.«
    »Um Gottes willen, Mann!«, sagte Sacheverall mit einem schiefen Lachen. »Sie sind geschlagen! Nehmen Sie Ihre Niederlage mit Anstand hin, und ich rufe meine Zeugen nicht auf, die Wolff und Melville in den intimsten und kompromittierendsten Situationen zusammen gesehen haben! Natürlich will der Mann nicht heiraten!« Seine Stimme troff vor Verachtung. »Er ist homosexuell… Ich benutze das höflichste Wort, das ich für das, was er tut, finden kann.« Seine Miene machte allzu deutlich, welche Worte ihm wirklich auf der Zunge lagen.
    »Sie können jedes Wort benutzen, das Ihnen geläufiger ist«, antwortete Rathbone mit einem höhnischen Lächeln, das er nicht einmal zu verbergen suchte. »Sie brauc hen hier drinnen nicht auf Ihren Ruf zu achten.«
    Sacheverall errötete. Vielleicht war es ihm deutlicher bewusst, als er sich anmerken ließ, was für eine jämmerliche Figur er neben Rathbone abgab, ungelenk, unelegant, mit zu großen Ohren.
    »Wenn Sie glauben, ich würde diese Sache nicht ausschlachten, dann irren Sie sich!«, sagte er wütend. »Ich werde es tun! Jede schmutzige Einzelheit, die notwendig ist, um die Sache meiner Mandantin zu unterstützen und den Schadenersatz zu fordern, der ihr zusteht. Melville wird im Gefängnis landen… Und genau dort gehört er hin.«
    »Wenn es das ist, was Barton Lambert will«, sagte Rathbone leise, »dann muss er Melville hassen… oder ihn fürchten…. und zwar weit mehr, als sich durch die Ereignisse, die uns bisher bekannt sind, erklären ließe! Ich habe allerdings einen exzellenten Ermittler auf den Fall

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