Toedliche Traeume
nicht. Er wollte ein richtiges Blutbad.«
»Und Sie dachten, er wäre womöglich auf direktem Weg ins Schloss gekommen?«
»Eigentlich nicht. Aber Devlin ist erstaunlich schmerzresistent, deshalb wollte ich mich vergewissern«, antwortete er heiser. »Ich musste Ihre Stimme hören. Ich konnte mir schon denken, was wir in dem Gehöft vorfinden würden, und ich wollte angesichts von Devlins Werk nicht an Sie denken müssen. Ich wusste, dass mir das den Magen umdrehen würde.«
Ihre Augen weiteten sich. »Das würde doch jedem den Magen umdrehen.«
Er schüttelte den Kopf. »In den ersten Monaten, nachdem ich aus Garwood abgehauen war, hätte es mich in keiner Weise berührt. Meine Gefühle waren komplett abgetötet.« Er verzog das Gesicht. »Eine der Nebenwirkungen von REM-4. Hat ziemlich lange gedauert, bis es besser wurde.«
»Mein Gott.«
»Geht das schon wieder los mit Ihren Schuldgefühlen. Hätte ich mir ja denken können. Für jemanden wie Sie ist das fast genauso schlimm wie Bewusstseinskontrolle. Falls es Sie tröstet: Was ich in dem Gehöft gesehen habe, hat mich zutiefst erschüttert. Dieses kleine Mädchen …« Er musste schlucken. »Ja, da oben in dem Gehöft hatte ich eine Menge intensiver Gefühle.«
»Das tröstet mich kein bisschen«, antwortete sie mit zitternder Stimme. »Es ist mir kein Trost, Sie leiden zu sehen. Ich habe nie jemandem ein Leid zufügen wollen. Diese armen Leute …« Sie holte tief Luft. »Kein Wunder, dass MacDuff so kurz angebunden war. Wahrscheinlich macht er mich dafür verantwortlich.«
»Vielleicht. Am besten, Sie fragen ihn morgen früh. Ich weiß nur, dass er eine Mordswut hat und wild entschlossen ist, sich Devlin vorzuknöpfen. Falls ich den Dreckskerl nicht vor ihm erwische.« Als er ihren Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: »Keine Bange, ich lasse mich nicht von unserem gemeinsamen Ziel ablenken. Ich brauche ihn nicht zu jagen, denn er wird sich sowieso an meine Fersen heften. Devlin kann es nicht ausstehen, verwundet zu werden, und ich habe ihm ein Messer in die Schulter gejagt. Selbst wenn Sanborne ihm den Auftrag entzieht, wird er hinter mir her sein.«
»Das ist ja sehr beruhigend.«
»Ja, das ist es tatsächlich. Es wird mir die Sache erleichtern.« Royd stand mühsam auf. »Haben Sie eine Ahnung, welches Gemach in diesem Museum für mich vorgesehen ist?«
»Das Zimmer am Ende des Flurs. Ich helfe Ihnen –« Sie brach ab. »Jetzt hätte ich es beinah ganz vergessen. Gehen Sie nur allein. Falls Sie im Flur ohnmächtig werden, steige ich einfach über Sie rüber, wenn ich morgen früh zum Frühstücken runtergehe.«
»Hauptsache, Sie treten nicht auf mich.« Er ging zur Tür. »Falls Sie oder Michael mich brauchen, rufen Sie mich.«
»Meinen Sie, falls wir ›Hilfe‹ brauchen?«
»Touché.« An der Tür blieb er noch einen Augenblick stehen. »Möchten Sie mich ausziehen und ins Bett bringen? Ich würde es Ihnen gestatten.«
»Nein, das möchte ich nicht. Sie hatten Ihre Chance.«
»Feigling. Aber vielleicht ist es besser so. Ich bin heute Abend nicht ganz ich selbst.«
Sie war versucht, ihm zu folgen, als er langsam den Flur hinunterging. Er musste starke Schmerzen haben, und er war schwächer, als er zugab. So offen hatte er noch nie mit ihr gesprochen, was wahrscheinlich auf die Schmerzen und den Schock zurückzuführen war. Wahrscheinlich hatte er sich in dem Gehöft die Gefühllosigkeit zurückgewünscht, die REM-4 bei ihm verursacht hatte.
Eine Nebenwirkung, hatte er gesagt. Noch ein Horror, der auf ihr Konto ging. Wie viele Nebenwirkungen von REM-4 mochten sonst noch bei den Leuten in Garwood aufgetreten sein?
Eins nach dem anderen. Sie konnte nicht klar denken, wenn sie sich wegen Garwood zerfleischte. Sie musste weitermachen. Sie musste ihren Sohn beschützen und Sanborne und Boch vernichten.
Und sie musste sich darauf gefasst machen, dass MacDuff ihr am Morgen befehlen würde, ihren Sohn zu nehmen und aus seinem Schloss und seinem Leben zu verschwinden. Nach dem, was Menschen, die er zu den Seinen zählte, angetan worden war, konnte sie mit nichts anderem rechnen. Royd hatte ihr von MacDuffs Wut erzählt, und sie war diejenige, die den Mörder in diesen friedlichen Landstrich gelockt hatte.
Damit würde sie sich morgen auseinandersetzen, dachte sie erschöpft, als sie die Tür schloss. Jetzt würde sie über Michael wachen und hoffen, dass er eine friedliche Nacht verbrachte.
13
»KANN ICH SIE einen Augenblick
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