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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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nahm seinen Ellbogen. »Wir werden ja sehen, wie vernünftig Sie –«
    Er schwankte und stieß gegen den Türrahmen. »Huch.«
    »Herrgott noch mal.« Sophie legte sich seinen unverletzten Arm um die Schultern und sah sich nach Hilfe um. MacDuff und seine Männer waren spurlos verschwunden. »Ich kann nicht hier unten bleiben, ich muss zurück zu Michael. Schaffen Sie es die Treppe rauf, wenn ich Ihnen helfe?«
    »Kein Problem.«
    »Doch, Sie haben ein Problem«, sagte sie, während sie mit ihm die Treppe hochging. »Das sollten Sie sich endlich eingestehen.«
    »Okay, ich habe ein Problem.« Langsam erklomm er Stufe um Stufe. »Aber keins, das ich nicht in den Griff kriegen kann.«
    »Am besten, Sie warnen mich rechtzeitig, ehe Sie ohnmächtig werden. Nicht, dass wir noch alle beide die Treppe runterfallen.«
    »Ich kann allein raufgehen. Lassen Sie mich doch einfach –«
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich Ihnen nicht helfen will. Ich möchte nur vorgewarnt werden, damit ich verhindern kann, dass wir beide stürzen. Kommt nicht in Frage, dass Sie sich allein hier raufschleppen.«
    »Das ist keine weise Entscheidung. Was haben Sie davon, wenn Sie auch stürzen?«
    »Keiner von uns beiden wird –« Sie holte tief Luft. »Aber wenn Sie mich weiterhin beleidigen, könnte ich in Versuchung kommen, Sie die Treppe runterzuschubsen und verbluten zu lassen.«
    »Ich blute gar nicht mehr.«
    »Halten Sie einfach die Klappe.« Auf dem ersten Treppenabsatz angekommen, packte sie ihn etwas sicherer und führte ihn die zweite Treppe hoch. »Man kann Hilfe auch einfach dankbar annehmen.«
    Er schwieg. Als sie den Flur entlanggingen, sagte er schließlich: »Ich habe nie gelernt, wie man das macht. Schon als Junge wusste ich, dass ich mich allein durchs Leben schlagen musste. Ich kann mich nicht erinnern, dass mir einmal jemand Hilfe angeboten hätte. Dann, als ich in die Armee kam, war es sowieso anders. Da musste ich immer der Beste sein.«
    »Und wer der Beste ist, kann nicht um Hilfe bitten?«
    »Ich konnte es jedenfalls nicht«, antwortete er.
    Ja, sie konnte sich gut vorstellen, dass er nicht in der Lage war, sich so weit preiszugeben. Er hatte zu viele alte Wunden, und seine schroffe, abweisende Art hätte jeden abgeschreckt, der versucht hätte, die raue Schale zu durchdringen.
    Gott, er tat ihr tatsächlich leid. Mitleid war das Letzte, was Royd wollte. Aber Sophie konnte sich in den kleinen Jungen hineinversetzen, der sich schrecklich allein gefühlt haben musste. Sie selbst hatte so etwas als Kind nicht erlebt. Ihre Eltern waren immer liebevoll und verständnisvoll mit ihr umgegangen. Erst nach dem schrecklichen Tag am See hatte sie sich verwirrt und allein gefühlt. Aber selbst damals hatte sie Michael und Dave gehabt, die ihr ihre Einsamkeit nehmen konnten. Ja, sie empfand Mitgefühl für Royd, aber das minderte nicht ihr Bedürfnis, ihn in ihre Arme zu schließen und ihn zu trösten.
    »Hören Sie auf damit.« Er funkelte sie wütend an. »Ich sehe Ihnen doch an, dass Sie schon wieder gefühlsduselig werden. Sparen Sie sich Ihre süßen Worte, darauf kann ich verzichten.«
    Sie sah ihn entgeistert an. Obwohl er verwundet und schwach war, hinderte ihn das nicht daran, so grob und widerspenstig zu sein wie immer. »Wie Sie wollen. Man kann es Ihren Pflegeeltern wirklich nicht verübeln, dass Sie sie nicht in den Arm genommen haben. Sie hätten wahrscheinlich zugebissen.«
    »Wahrscheinlich.« Er grinste. »So gefallen Sie mir schon viel besser. Aber Sie würde ich nicht beißen.« Dann fügte er hinzu: »Es sei denn, Sie stehen darauf.«
    Himmel. Eben wollte sie ihn noch trösten, und jetzt bekam sie schon wieder weiche Knie. Nach allem, was vorgefallen war, hätte sie nicht damit gerechnet, dass sie immer noch so auf ihn reagieren würde.
    Hastig wandte sie ihren Blick ab. »Sie sind unverbesserlich.« Sie führte ihn zu einer mit Samt gepolsterten Bank gegenüber Michaels Zimmertür. »Setzen Sie sich und warten Sie hier. Ich muss kurz nach meinem Sohn sehen. Sie können aber auch in mein Zimmer gleich nebenan gehen und dort warten.«
    »Ich glaube, ich bleibe lieber hier.« Er lehnte den Kopf gegen die Wand und schloss die Augen. »Lassen Sie sich Zeit.«
    Mit geschlossenen Augen wirkte er so verletzlich, dass sie seine harschen Worte beinahe hätte vergessen können. Aber das durfte nicht passieren. Royd war alles andere als verletzlich, und sie konnte sich keine zärtlichen Gefühle für ihn erlauben. »Nicht,

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