Tödliche Unschuld
Terroristen und Leute, die versuchen, die Ermittlungen in diesen Fällen zu behindern, jedoch ganz sicher nicht. Ich muss diese Gruppe so schnell wie möglich stoppen, aber man enthält mir ein wichtiges Werkzeug, das ich dafür brauche, vor. Hier geht es nicht darum, der Öffentlichkeit Einblick in versiegelte Akten zu gewähren, sondern einzig einer Polizeibeamtin, die einen guten Grund zur Einsicht in diese Dokumente hat. Wenn Sie in diesem Fall entscheiden müssten, wie sähe dann Ihr Urteil aus?«
Archer lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Haben Sie wirklich stichhaltige Gründe für die Einsicht in die Akten, Lieutenant - und bitte quatschen Sie nicht rum.«
»Ich habe äußerst stichhaltige Gründe. Das Jugendamt behauptet, dass die Akten weiter versiegelt bleiben müssen, um die Minderjährigen und ihre Familien vor weiterem Unglück zu bewahren und um ihre Privatsphäre zu schützen. Der Staatsanwalt hingegen meint, dass die Ermittlungen zu einem Mordfall Vorrang davor haben und dass darüber hinaus der Inhalt dieser Akten nur den zuständigen Ermittlern bekannt gegeben wird.«
»Wenn das die Argumente sind, hätte ich Ihnen die Erlaubnis zur Akteneinsicht längst gegeben. Wer hat die Versiegelung der Akten damals angeordnet?«
»Richter Matthews.«
»Und er hat sie jetzt auch aufrechterhalten?«
»Nein, Euer Ehren. Die Sache wurde Richter Lincoln vorgelegt.«
»Lincoln, ich verstehe … Ich höre mich mal um.«
Zusammen mit Peabody verließ Eve das Gerichtsgebäude und blieb kurz draußen stehen. »Wenn sie nicht sauber ist, habe ich jedes Gespür für meinen Job verloren.«
»Gehen wir die Liste weiter durch?«
»Ja, wir gehen sie weiter durch. Aber als Erstes prüfen Sie, was über Richter Lincoln rauszufinden ist.«
»Noch ein Richter? Himmel.«
»Er steht nicht auf Greenes Liste. Aber auf der von Archer. Sie hatte sich gut unter Kontrolle«, erklärte Eve, während sie sich hinter das Steuer ihres Wagens schwang. »Aber nicht gut genug. Als ich ihr erzählt habe, dass er die Versiegelung der Akten, die ich einsehen muss, aufrechterhalten hat, hat sie kurz ein etwas komisches Gesicht gemacht.«
Stirnrunzelnd zog sie ihr piepsendes Handy aus der Tasche. »Dallas.«
»O’Malleys«, meinte Dwier knapp. »In zwanzig Minuten. Kommen Sie allein.«
»Blue Squirrel«, entgegnete Eve, denn sie wollte einen Heimvorteil. »In einer Viertelstunde.«
Damit brach sie die Übertragung ab.
20
E ve suchte das Blue Squirrel nicht mehr so oft wie früher auf. Das Essen oder die Bedienung dort waren nicht der Rede wert. Tagsüber kam eine Hand voll säuerlicher Stammkunden, und ab und zu verirrte sich eine verlorene Seele in den Laden, die so närrisch war zu denken, dass es hier neben einem günstigen Essen vielleicht noch etwas Action gab.
Abends aber platzte das Lokal aus allen Nähten. Dann kamen all die Leute, die Action boten und die ihre Härte oder ihre Verrücktheit dadurch demonstrierten, dass sie ihre Leben riskierten und das tranken, was an einem Ort wie diesem unter der Bezeichnung Alkohol in die kaum gespülten Gläser kam.
Die Musik war laut, die Tische waren klein und selten sauber, und der Gestank des Billigfusels und des kalten Rauchs von Zoner hingen in der Luft.
Eve empfand eine langjährige Verbundenheit mit der Spelunke, die zu ihrer großen Freude völlig unverändert war.
Mavis war eine Zeit lang im Blue Squirrel aufgetreten. Sie war in unbeschreiblichen Kostümen auf der Bühne herumgewirbelt und hatte ihre Songs in Richtung der Tanzfläche gekreischt, die bei jedem ihrer Gigs von unzähligen Fans belagert worden war.
Ob die bevorstehende Mutterschaft sie wohl ruhiger werden ließe?
Nie im Leben, dachte Eve innerlich grinsend.
»Schnappen Sie sich einen Tisch auf der anderen Seite«, wies sie Peabody an. »Und essen Sie was, falls Sie es wagen.«
»Die Fritten sind nur halb so schlimm. Ich glaube, ich werde es riskieren.«
Eve wählte einen Tisch in einer Ecke und überlegte, dass die Pommes frites gar nicht so übel waren. Sie hatten eine zweite Chance verdient.
Sie drückte den entsprechenden Knopf auf der elektronischen Speisekarte, beschloss aber, ihr Glück nicht dadurch überzustrapazieren, dass sie dazu einen Kaffee trank.
Stattdessen entschied sie sich für Wasser, das, wie sie befürchtete, irgendein flachnasiger Kerl mit behaarten Handrücken in einem der schmutzstarrenden Hinterzimmer in die Flasche gab.
Da Dwier noch nicht aufgetaucht war, zog sie ihr
Weitere Kostenlose Bücher