Tödliche Unschuld
erzählte ihr von dieser Gruppe, die Antworten auf ihre Fragen sucht und sich darum bemüht, einen besseren Weg zu finden. Aus dem Untergrund heraus.«
»Die Reinheitssucher?«
»Genau die. Er meinte, eine Menge Leute, besorgte Bürger wie er selber und wie sie, hätten einen Verein gegründet, und er wollte von ihr wissen, ob sie nicht mal zu einem ihrer Treffen kommen will.«
»Wo?«
»Im Keller einer Kirche in der City. Die Kirche des Erlösers.«
»Im Keller einer Kirche?« Sie hatte keine Ahnung, weshalb sie das derart traf. Doch obwohl sie niemals religiös gewesen war, war irgendwas in ihrem Inneren darüber entsetzt.
»Die Gruppe agiert von einer Kirche aus?«
»Dort ist nur einer der Versammlungsorte. Wir treffen uns an allen möglichen verschiedenen Orten, meistens aber in Kirchen oder Schulen. Zu dem ersten Treffen ging sie zusammen mit Don, mit Donald Dukes. Es hat sie wieder aufgerichtet, hat sie aus der Depression herausgeholt. Hat ihr wieder einen gewissen Halt gegeben. Zu dem zweiten Treffen habe ich sie dann begleitet. Es macht einen Sinn«, erklärte er. »Das Programm macht durchaus einen Sinn. Wenn man die Stadt sauber kriegen will, muss man den Müll entfernen. Der Polizei und den Gerichten sind Fesseln angelegt. Niemand hat mehr Achtung vor den Gesetzen, denn sie funktionieren nicht. Verdammt, sie funktionieren einfach nicht, das wissen Sie genauso gut wie ich.«
Sie sah in sein vom Bier und von Selbstgerechtigkeit gerötetes Gesicht. Nicht immer, dachte sie. Es funktioniert nicht immer, denn sonst kämst du für deine Taten eindeutig in den Knast.
»Wer leitet diese Treffen?«
»Es ist eine Demokratie«, erklärte Dwier voller Stolz. »Zwar ist Dukes einer der Gründer, aber jeder von uns hat dort etwas zu sagen. Wir haben Polizisten, Ärzte, Richter, Wissenschaftler, Geistliche. Wir haben jede Menge kluger Köpfe in unserem Verein.«
»Namen.«
Er ließ den Kopf etwas sinken und fuhr sich mit der kalten Flasche über die Stirn. »Wir sprechen uns nur mit Vornamen an, aber ein paar der Leute habe ich erkannt und ein paar andere überprüft. Schließlich will man wissen, mit wem man es zu tun hat, oder nicht? Wir hatten anfangs ein paar Probleme mit unserem Programm. Eventuell haben wir die Sache zu schnell begonnen. Die Computerspezialisten waren davon ausgegangen, dass sie den Virus löschen können, sobald die vollkommene Reinheit erreicht ist, aber es gab ein paar unvorhergesehene kleinere Probleme, und jetzt sitzen sie Tag und Nacht vor ihren Rechnern, um sie zu beheben. Wir haben Geld für Halloway gesammelt und zahlen es in seinem Namen in den Fonds für Hinterbliebene im Dienst gestorbener Polizeibeamter ein.«
»Ich bin sicher, dass das seine Familie unglaublich trösten wird. Nennen Sie mir Namen.«
»Glauben Sie, es wäre leicht, Ihnen all das zu erzählen?« Krachend stellte er die fast leere Flasche auf den Tisch. »Glauben Sie, es wäre leicht, Leute zu verraten, mit denen man zusammengearbeitet hat?«
»War das Töten leichter? War es leichter, ein paar Dollar für einen toten Polizisten in einen Hut zu werfen, weil er infolge unvorhergesehener kleinerer Probleme getötet worden ist? Ihr Schmerz und Ihr kranker Sinn für Loyalität interessieren mich nicht im Geringsten, Dwier. Ich will Namen hören. Entweder kriege ich die anderen - oder ich halte mich an Sie. Ohne Namen gibt es keinen Deal.«
»Hinterfotzige Schlampe.«
»Ja, genau. Vergessen Sie das besser nicht. Also. Donald Dukes. Seine Frau?«
»Nein. Er hat sie aus allem rausgehalten. Er arbeitet nicht gern mit Frauen zusammen.«
»Aber er hat Clarissa rekrutiert.«
»Ich nehme an, aufgrund ihrer gemeinsamen Geschichte hatte er keine andere Wahl.«
Dwier zuckte mit den Schultern. »Matthew Sawyer, irgendein hochrangiger Arzt aus dem Kennedy Memorial Hospital. Hat den Virus zusammen mit Dukes entwickelt. Er war Devins Taufpate. Stanford Quillens, ebenfalls Arzt. Richter Lincoln. Angie und Ray Anderson - ihr Sohn wurde von Fitzhugh vergewaltigt. Angie hat ein eigenes Medienberatungsunternehmen in der Stadt.«
Ohne seine Aufzählung zu unterbrechen, bestellte er das vierte Bier. Vier Bier in weniger als einer Stunde, und er war noch völlig klar. Sein Körper war den Alkoholkonsum demnach eindeutig gewöhnt.
Er zählte weitere Ärzte, weitere Polizisten, eine Stadtratsabgeordnete, etliche Programmierer, zwei ehemalige Sozialarbeiter und am Schluss noch einen Priester auf.
»Das sind alle Namen, die ich
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