Tödliche Versuchung
Bobs Napf mit Wasser und stellte ihn in der Küche auf den Boden. »Er bleibt nur ein paar Tage«, sagte ich. »Simon holt ihn Sonntag wieder ab.«
Grandma beäugte kritisch die Packung mit dem Hundefutter. »Ziemlich viel Futter für zwei Tage.«
»Vielleicht frisst er viel.«
»Wenn er das alles in zwei Tagen frisst, kannst du dein Kotschäufelchen vergessen«, sagte Grandma. »Dann brauchst du eine Schneeschippe.«
Ich klinkte Bobs Leine aus und hängte sie an die Garderobe. »Na, Bob«, sagte ich, »so schlimm wird’s wohl nicht werden. Ich wollte schon immer einen Golden Retriever haben.«
Bob wedelte mit dem Schwanz und sah erst zu Grandma, dann zu mir.
Grandma teilte an uns drei die Hafergrütze aus. Sie und ich trugen unsere Schüsselchen zur Essecke, nur Bob fraß seine Grütze in der Küche. Als Grandma und ich fertig waren und wieder in die Küche kamen, war Bobs Napf leer, und der Pappkarton mit dem Kuchen war auch leer.
»Ein Schleckermäulchen, der kleine Bob, was?«, sagte Grandma.
Ich drohte ihm mit dem Zeigefinger. »Das war gemein. Außerdem wird man von Kuchen dick.«
Bob wedelte mit dem Schwanz.
»Vielleicht ist er doch nicht so klug wie ich dachte«, meinte Grandma.
Zum Kuchenfressen reichte seine Intelligenz allemal.
Grandma hatte für neun Uhr eine Fahrstunde angemeldet. »Wahrscheinlich bin ich den ganzen Tag unterwegs«, kündigte sie an. »Mach dir also keine Sorgen, falls ich nachher nicht da sein sollte. Nach der Fahrstunde gehe ich mit Louise Greeber ins Einkaufszentrum, danach schauen wir uns noch ein paar Wohnungen an. Wenn du willst, kann ich heute Nachmittag ein bisschen Rinderhack kaufen. Ich hätte Lust auf falschen Hasen zum Abendessen.«
Ein riesiges Schuldgefühl baute sich in mir auf. Grandma kochte jeden Tag was Warmes für uns beide. »Diesmal bin ich dran«, widersprach ich. »Den falschen Hasen heute Abend mache ich.«
»Ich wusste gar nicht, dass du falschen Hasen kochen kannst.«
»Wieso?«, sagte ich. »Ich kann viele Gerichte.« Eine faustdicke Lüge. Ich kann so gut wie gar nicht kochen.
Ich gab Bob einen Hundekuchen, und Grandma und ich verließen gemeinsam die Wohnung. Auf halbem Weg nach unten blieb Grandma plötzlich stehen. »Was ist das für ein Lärm?«, fragte sie.
Wir lauschten beide. Hinter meiner Wohnungstür jaulte Bob.
Meine Nachbarin Mrs. Karwatt steckte den Kopf durch ihre Tür. »Was ist denn das für ein Lärm?«
»Das ist Bob«, sagte Grandma. »Er ist nicht gern allein zu Hause.«
Zehn Minuten später saß ich mit Bob im Auto, erzwungenermaßen. Er hielt den Kopf aus dem Fenster, und seine Ohren flatterten im Wind.
»Oh«, sagte Lula, als wir ins Büro spaziert kamen. »Wen hast du uns denn da mitgebracht?«
»Das ist Bob. Ich passe auf ihn auf.«
»Ach so. Was ist das für ein Hund?«
»Ein Golden Retriever.«
»Hat wohl zu lange unter der Trockenhaube gesessen.«
Ich strich ihm das Fell glatt. »Er hat auf der Fahrt den
Kopf
aus dem Fenster gehalten.«
»Das kommt aufs Gleiche raus.«
Ich ließ Bob von der Leine, und sofort lief er zu Lula und zog wieder seine Schnüffelnummer ab.
»He«, sagte Lula, »geh weg. Ich will keinen Nasenabdruck von dir auf meiner neuen Hose.« Sie gab Bob einen Klaps auf den Kopf. »Wenn er das noch mal macht, müssen wir ihn auf den Strich schicken.«
Von Connies Apparat aus rief ich meine Freundin Marylin Truro bei der Zulassungsstelle für Kraftfahrzeuge an. »Hast du einen Moment Zeit?«, fragte ich sie. »Ich müsste mal ein Autokennzeichen überprüfen lassen.«
»Machst du Witze? Hier stehen vierzig Leute Schlange. Wenn die sehen, dass ich telefoniere, hagelt es Beschwerdebriefe bei meinem Vorgesetzten.« Sie sprach mit gedämpfter Stimme weiter. »Ist das für einen Fall, an dem du gerade arbeitest? Ich meine, geht es um Mord oder so?«
»Könnte sein, dass es mit dem Mord an Ramos zusammenhängt.«
»Willst du mich verarschen? Ist ja echt cool.«
Ich gab ihr das Autokennzeichen durch.
»Einen Moment«, sagte sie. Das Geklicke von Computertasten war zu vernehmen, und nach kurzer Zeit kam Marilyn wieder an den Apparat. »Das Kennzeichen gehört zu einem Wagen, der auf den Namen Terry Gilman eingetragen ist. Arbeitet die nicht für Vito Grizolli?«
Im ersten Moment verschlug es mir die Sprache. Terry Gilman rangierte auf meiner Liste geliebter Feinde gleich hinter Joyce Barnhardt. Auf der Highschool war sie mit Joe Morelli
gegangen —
sage ich mal, aus Ermanglung eines
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