Toedliche Worte
Ablenkung siehst du mich also?« Carol zuckte die Achseln. Zwei rote Flecken brannten auf seinen Wangen. »Du hast mich benutzt«, sagte er, denn langsam dämmerte es ihm. »Du hast mich benutzt, um dir selbst zu beweisen, dass du über die Vergewaltigung wegkommen kannst.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Du hast auch bekommen, was du wolltest, ein Bild von dir als starker, sensibler Retter aus der Not. Aber das war dir nicht genug, oder? Es sollte für mich bedeutungsvoll sein, du wolltest der Mann sein, der mein Herz heilt. Also, Jonathan, ich muss dir mal was sagen. Du bist nie auch nur in die Nähe meines Herzens gekommen, weil vor dir ein anderer darauf Anspruch hat.«
Wie es mitten in einem emotionalen Streit oft vorkommt, versteifte er sich auf den am wenigsten relevanten Punkt. »Du hast mir gesagt, dass du mit niemand anderem ausgehst. An dem Abend, als wir zum Essen aus waren, hast du es mir gesagt.«
Carol ballte die Fäuste. »Ich gehe mit niemandem aus. Nicht in dem Sinn, wie du das meinst. Aber man kann Beziehungen nicht auf die simple Ebene von Sport- und Spielregeln reduzieren.«
»Du warst unaufrichtig«, sagte er verbittert. »Du warst emotional niemals frei.«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich habe das niemals behauptet. Du hast es angenommen. Du hast gesehen, was du sehen wolltest, und hast dir den Rest zusammengereimt.«
»Ich habe das nicht verdient«, sagte er mit zitternder Stimme.
Carols Ärger war plötzlich verpufft, und sie fühlte sich nur noch leer und müde.
»Nein«, sagte sie. »Wahrscheinlich nicht.« Sie machte die Tür auf. »Ich bin nicht undankbar, Jonathan. Und ich hätte es schön gefunden, wenn wir Freunde hätten bleiben können. Aber das geht jetzt nicht mehr.«
Er trat durch die offene Tür. »Ich beneide ihn nicht, diesen Mann, den du liebst«, sagte er bitter.
»Das ist der erste vernünftige Satz, den du heute Abend gesagt hast«, war Carols traurige Antwort. »Wiedersehen, Jonathan.«
Sie sah ihm nach und spürte, wie die letzten Reste des Adrenalins schwanden. Herrgott noch mal, wie viel schlimmer konnte es heute Abend noch kommen?
Tony saß an seinem Schreibtisch und starrte auf die Stadt hinaus, die sich über den Hügel zum Zentrum von Bradfield hinunter erstreckte. In der Ferne nahmen sich die Bürogebäude des Bankenviertels mit ihren unregelmäßigen Lichtervierecken wie halb fertige Bingospiele aus. »Du bist irgendwo da draußen«, sagte er leise. »Machst deine Pläne, denkst dir aus, wie du uns dazu bringen kannst, dein Spiel mitzumachen, und triffst die Entscheidung, was du mit Paula tun wirst.« Ein Bild von dem Menschen, der hinter diesen Verbrechen stand, begann sich in seinem Kopf zu formen. Es war anstrengend gewesen, die schemenhafte Psyche des Marionettenspielers zu erfassen. Aber schließlich fügte sich aus dem Durcheinander der unzähligen Informationen in seinem Kopf allmählich ein sinnvolles Bild zusammen. Carol davon zu überzeugen würde allerdings um einiges schwieriger sein, dachte er.
Er sah ihren Wagen anhalten und rannte hinunter, um ihr aufzumachen. Es schockierte ihn, wie mitgenommen sie aussah. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen, ihre Haut war schlaff und blass. »Du siehst kaputt aus«, sagte er, trat zur Seite und ließ sie hereinkommen.
»Ich hab die Tim-Golding-Verhöre vermasselt. Wir haben anscheinend den richtigen Mann gehen lassen und einen falschen behalten. Kevin denkt zwar, der Tatverdächtige sei so selbstsicher, dass er nach Hause gehen wird und wir ihn noch einmal verhaften können. Aber ich bin mir nicht sicher. Bei der Suche nach Paula kommen wir nicht weiter. Don und Jan streiten sich, weil Jan sagt, Paula sei eine Lesbe, und Don behauptet, das stimme nicht. Und Sam Evans glaubt, dass er einen wundervollen Erfolg einfahren wird. Die Einzige, die mich nicht zum Wahnsinn treibt, ist Stacey – allerdings nur deshalb, weil sie ausschließlich mit Computern spricht.« Sie zog ihren Mantel aus und warf ihn über den Endpfosten des Treppengeländers. »Wie weit sind wir?«
»Willst du was trinken? Oder bist du noch im Dienst?«
»Ja zu beidem. Ich warte darauf, von Kevin zu hören, aber ich geh heute Abend nicht mehr ins Büro zurück, außer es tut sich etwas mit Paula.«
»Gehen wir also in die Küche. Ich mach eine Flasche auf.«
Während Tony die Gläser holte und füllte, machte Carol es sich am Küchentisch bequem. »Ich habe Jonathan gerade den Laufpass gegeben«, sagte sie.
Tony stand mit
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