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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Tatverdächtigen zu nehmen. Aber abgesehen von den praktischen Voraussetzungen kann ich mir Hart einfach nicht in Verbindung mit dieser Sache vorstellen. Ich glaube einfach nicht, dass er dazu imstande wäre.«
    Sie seufzte, weil sie nicht ganz überzeugt war, aber auch kein Gegenargument hatte. »Mist. Na ja, wenigstens werde ich mich nicht bei Brandon lächerlich machen.« Sie trank aus. »Ich muss schlafen. Es war ein elender Tag.«
    »Halt mich auf dem Laufenden, ja?« Er ging mit ihr zur Haustür.
    Auf der Schwelle drehte sie sich um, legte ihm die Hand auf die Schulter und küsste ihn auf die Wange. »Danke«, sagte sie.
    »Wofür?« Er war überrascht.
    Sie grinste. »Du bist doch der Psychologe, sieh mal zu, dass du selbst daraufkommst.«
    Dann war sie fort und ließ ihn bei seiner Reise ins labyrinthische Innenleben eines anderen Menschen allein.

    Zur Abwechslung zieht einmal ein sonniger Morgen herauf, und ich stelle mir vor, dass all die doofen Bullen das als gutes Omen betrachten. So ist das mit dem Aberglauben. Die Idioten, die an so was glauben, scheinen nie zu bedenken, dass es für ein Omen seiner Natur nach keine Unterschiede geben kann. Sie schauen aus ihrem Schlafzimmerfenster, sehen, dass sich ein perfekter Regenbogen über ihrem Landstrich wölbt, und sind überzeugt, er werde ihnen Glück bringen. Dabei ist ihnen nicht klar, dass es für ihren Nachbarn, ihren Erzfeind, genau das Gleiche bedeutet. Wenn also der sonnige Morgen ein gutes Vorzeichen für meine Feinde ist, muss er es auch für mich sein.
    Ich sehe noch mal nach der Webcam. Der Bildaufbau ist nicht besonders schnell, selbst mit Breitband, aber wenigstens kann ich ein Auge auf Paula in Echtzeit haben. Außer als der Döskopf aus Versehen auf die Pausentaste drückte, während er zum ersten Mal die Videokassette wechselte. Wenigstens hat er bemerkt, was ihm passiert war, und es wieder in Ordnung gebracht, bevor er ging. Das wird ihm nicht so schnell wieder passieren. Ich habe meine Unzufriedenheit deutlich geäußert, was ihn praktisch zu einem Häufchen Elend werden ließ. Danach versucht er jetzt verzweifelt, meine Gunst zurückzugewinnen.
    Da liegt sie also, ausgestreckt, wie ich es mag. Der Anblick erregt mich, aber ich habe keine Zeit, ihn zu genießen, und zwinge mich, an praktischere Dinge zu denken. Ich habe noch keine so lange behalten, und das bringt gewisse Probleme mit sich. Ich weiß, sie kann lange ohne Nahrung durchhalten, aber ich bin nicht sicher, wie lange sie ohne Wasser auskommt. Es macht mir nichts aus, wenn sie phantasiert, aber ich will nicht, dass sie stirbt. Nicht bevor ich finde, dass die Zeit dafür reif ist. Und wenn es so weit ist, wird sie auf die Art und Weise sterben, die ich festlege, nicht aufgrund irgendwelcher physiologischer Bedingungen. Zwischendurch werde ich mal im Internet nachsehen.
    Es wird schwierig sein, sie trinken zu lassen. Wenn er den Knebel herausnimmt, wird sie versuchen zu schreien. Es sollte möglich sein, ihr durch die Zähne Wasser in den Mund zu träufeln, aber ich bin nicht sicher, dass der angelernte Affe etwas so Schwieriges schafft. Ich werde es vielleicht selbst tun müssen. Ganz und gar nicht ideal.
    Nicht weil die Gefahr besteht, dass sie überleben und es dann erzählen würde, sondern weil das Geheimnis zerstört würde, wenn sie mich sähe.
    Während ich sie beobachte, schiebt sich meine Zungenspitze zwischen die Zähne. Sie ist wirklich zum Anbeißen.
    Aber auch das ist eine Vorstellung, die ich mir für später aufhebe. Denn jetzt gibt es Arbeit.

    Paula merkte nichts von der Dämmerung. In ihrem hell erleuchteten Gefängnis gab es weder Tag noch Nacht, sondern nur eine unendliche, stumme Helligkeit. Als sie die Augen schloss, schien das Licht rot durch die Augenlider und erinnerte sie an das Meer von Blut, in dem Sandie Foster und Jackie Mayall wie Inseln lagen. Ihr Kopf tat weh, ein stumpfer Schmerz, der am Schädelansatz begann und wie die Vorhut einer feindlichen Armee nach oben kroch, bis ihr Gehirn sich anfühlte, als müsse es platzen.
    Sie hatte auf ihre Gedanken keinen Einfluss mehr. Etwas kam ihr in den Sinn, doch bevor sie es genauer überdenken konnte, entglitt es ihr wieder oder verwandelte sich in etwas anderes. Erinnerungen brachen ab und verschmolzen ineinander, Leute tauchten an Orten auf, wo sie ganz sicher nie gewesen waren, und sie gaben Dinge von sich, die sie nie gesagt hätten. Geliebte verwandelten sich in Kolleginnen, die Umrisse alter

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