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Toedliche Worte

Toedliche Worte

Titel: Toedliche Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Schreiben: »Er hat es aber bestimmt ausgestellt, oder er nimmt nicht ab. Ich gebe Ihnen auch seine Privatadresse. Ich glaube, er sagte, er würde heute Vormittag zu Hause sein.«
    »Und wenn er nicht dort ist?«
    Carol zuckte mit den Schultern. »Dann versuchen Sie es in Bradfield Moor.«
    Jan lächelte. »Da scheint er sich ja äußerst wohl zu fühlen, was?«
    Carol wurde ärgerlich. Genau so etwas hätte sie selbst zu Tony gesagt. Aber das war ein Vorrecht unter Freunden, von ihren jüngeren Mitarbeitern wollte sie das nicht hören. »Wir brauchen ihn mehr als er uns, Sergeant. Vergessen wir das nicht, ja?«
    Jan zuckte entschuldigend mit den Schultern und ging. Merrick kam auf Carol zu und fuhr sich dabei durch seine ungewaschenen fettigen Haare. Er starrte sie hohläugig und freudlos über den Rand seiner Tasse an, wobei er mit einem Bein vor nervöser Energie wippte. »Ich habe immer das Gefühl, es muss doch noch etwas geben, das wir tun sollten«, sagte er mit vor Erschöpfung ganz heiserer Stimme.
    »Ich weiß. Aber es ist schwer darauf zu kommen, was das sein könnte. Und es hilft niemandem, wenn Sie sich vollkommen aufreiben, Don«, sagte sie ruhig.
    Sie sah den Zorn in seinen Augen aufblitzen. »Paula ist nicht einfach eine von meinen Leuten«, sagte er gereizt. »Ich bin mit ihr befreundet. Ich weiß, das hört sich vielleicht komisch an. Die meisten Leute können mit der Vorstellung, dass eine Frau und ein Mann Freunde sein können, nichts anfangen. Aber bei uns ist es so.«
    Und trotzdem hast du nicht gewusst, dass sie lesbisch ist, dachte Carol. Das sagte wahrscheinlich genauso viel über Paulas instinktive Vorsicht aus wie über Merricks Mangel an Durchblick. »Das glaube ich Ihnen, Don«, sagte sie. »Und ich verstehe durchaus, dass das die ganze Sache für Sie noch schwieriger macht.«
    »Wirklich?« Er schüttelte den Kopf. »Sie hat sich wahnsinnig gefreut, als sie der Gruppe zugeteilt wurde, wissen Sie das? Sie war ganz aufgeregt, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen. Seit dem Fall Thorpe sind Sie ihre Heldin. Deshalb hat sie zugestimmt, die verdeckte Aktion zu machen, obwohl sie vor Angst fast ausflippte. Sie wollte, dass Sie viel von ihr halten. Und sie war entschlossen, dass sie alles, was Sie können, auch fertig kriegen müsse.«
    Seine Worte machten Carol tief betroffen, obwohl ihr klar war, dass er nur so wild austeilte, weil er seine eigenen Schuldgefühle besänftigen wollte. »Ich glaube, sie hat es für sich selbst getan, Don. Nicht um mich zu beeindrucken, sondern um ihrer eigenen Vorstellung davon, was eine Kripobeamtin sein sollte, treu zu bleiben«, sagte sie. »Aber was immer Paulas Motive waren, es hat keinen Sinn, einander die Schuld zuzuschieben. Wir müssen uns darauf konzentrieren, sie zu finden.«
    »Meinen Sie etwa, das weiß ich nicht? Aber worauf soll man sich konzentrieren? Es gibt Hunderte von Unterlagen und Schriftstücken, und aus allen geht der gleiche Mist hervor. Es ist, als hätte sie sich in Luft aufgelöst.«
    »Wir kommen voran. Wir grenzen die Möglichkeiten immer weiter ein. In Temple Fields haben wir schon ein riesiges Gebiet untersucht. Nach unseren eigenen Aufstellungen sind wir tatsächlich in mehr als fünfundsiebzig Prozent aller Gebäude dieser Gegend gewesen. Es kommt auf Zeitaufwand und sorgfältige Methodik an.«
    Er seufzte. »Ich weiß. Ich kann gar nicht mehr richtig denken. Schauen Sie, Ma’am, wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mich gern für eine Weile abmelden und mich hinlegen. Ich gehe in ein Motel, um meinen Kopf ein paar Stunden auszuruhen.«
    »Gute Idee, Don. Alles wird nicht mehr so düster aussehen, wenn Sie eine Weile geschlafen haben.«
    Er wandte sich wortlos ab und stapfte davon. Es war erst halb zehn, aber Carol fühlte sich, als hätte sie schon einen ganzen Arbeitstag hinter sich. Als sie die Herausforderung angenommen hatte, eine Elitegruppe zu führen, hatte sie nicht bedacht, wie anstrengend es sein würde, eine Schar von Polizisten zusammenzuhalten, die aufgrund ihrer natürlichen Veranlagung so schwierig und aufmüpfig waren wie sie selbst in früheren Jahren. Manchmal sehnte sie sich fast nach der Verkehrspolizei.

Die Anlagen in Bradfield waren ausschließlich im Hinblick auf eine pflegeleichte Unterhaltung entworfen worden. Aber an einem Wintermorgen mit kahlen Bäume boten sie durch den hohen Maschendrahtzaun eine Aussicht weit über die Moorlandschaft im Norden. Man konnte die Stadt unten aus den Augen

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