Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
Vom Netzwerk:
davon.
    Als ich dem Auto hinterhersehe, steigt Zorn in mir auf. »Ich hatte gehofft, dass sie einfach nur weggelaufen ist.«
    Tomasetti seufzt. »Irgendwie passt das alles nicht so richtig zusammen.«
    »Chief Burkholder, Agent Tomasetti«, hören wir Goddard hinter uns rufen und drehen uns um. Er trägt eine gelbe Regenjacke und hat zwei Kaffee-to-go von McDonald’s in der Hand. Als er mir einen reicht, bin ich ihm über die Maßen dankbar.
    »Ist es Annie King?«, frage ich.
    »Keiner hier erkennt sie wieder.« Der Sheriff schüttelt den Kopf. »Und wir haben kein Foto.«
    Ich erzähle ihm von dem typisch amischen Muster des Kleides, dass sie keinen Schmuck trägt und ihre Nägel nicht lackiert sind. »Sie könnte amisch sein.«
    Goddards Gesicht verdüstert sich. »Dann ist sie es wahrscheinlich. Von der Zeit her könnte es passen. Verdammt.« Er stößt einen tiefen Seufzer aus. »Wir müssen sie von den Eltern identifizieren lassen.«
    »Wer ist der Bischof der amischen Gemeinde?«, frage ich.
    Beide Männer sehen mich an.
    »Auch wenn wir die Eltern nur zur Identifizierung der Leiche kommen lassen, sollte der Bischof auf jeden Fall dabei sein – falls es ihre Tochter ist«, sage ich.
    Goddard nickt. »Old Abe Hertzler. Er wohnt mit seiner Frau in der River Road.« Er senkt die Stimme. »Ich sag ihm Bescheid. Können Sie hierbleiben und das Ganze beaufsichtigen? In ein paar Stunden sehen wir uns dann im Krankenhaus in Warren, da ist unser Leichenschauhaus.«
    Kein Polizist reißt sich darum, Angehörige zu benachrichtigen. Ich wage sogar zu behaupten, dass es mit zu den schwierigsten Pflichten eines Chief of Police gehört. Die Todesursache ist dabei nicht von Bedeutung – ob Autounfall, Ertrinken oder ein Verbrechen –, aber die Nachricht zu überbringen setzt einem Polizisten oft stark zu.
    Goddard dreht sich um und will gehen, doch ich halte ihn auf. »Ich mache es.«
    Er sieht mich ungläubig an. »Das ist wirklich nett gemeint, Chief Burkholder, aber das kann ich Ihnen nicht aufbürden.«
    »Vielleicht hilft es, dass ich selbst einmal amisch war«, sage ich.
    Ich spüre Tomasettis Blick auf mir ruhen, weiß nicht, ob er mir die »Es macht mir überhaupt nichts aus«-Haltung abnimmt. »Deshalb bin ich ja hier«, füge ich noch hinzu.
    Ich lasse unerwähnt, dass die meisten Amischen nicht nur gegenüber Englischen misstrauisch sind, sondern auch gegenüber Amischen aus anderen Gegenden – und nicht zu vergessen gegenüber den Exkommunizierten, so wie ich eine bin.
    Die Erleichterung steht Goddard ins Gesicht geschrieben. »Um ehrlich zu sein, fühle ich mich bei den Amischen immer ein bisschen fehl am Platz«, gesteht er kleinlaut.
    »Das ist bei Chief Burkholder nicht der Fall«, sagt Tomasetti.
    »Wie finden wir den Bischof?«, frage ich.
    Der Sheriff beschreibt uns den Weg zum Bischof, der nur ein paar Meilen weiter südlich wohnt. »Wir sehen uns dann später im Leichenschauhaus.«

11.
    Kapitel
    »Bist du sicher, dass du dich nicht überforderst?«
    Tomasetti stellt die Frage erst, als die Farm von Bischof Abraham Hertzler, genannt »Old Abe«, und seiner Frau Ruth schon in Sichtweite ist.
    »Ja.« Ich sehe ihn nicht an, denn er kennt mich viel zu gut, um die Beklemmung in meinem Gesicht nicht wahrzunehmen. »Ich kann das jedenfalls besser als Goddard.«
    »Du willst nicht lieber vom Tahoe überfahren werden?«
    Ich kann nicht anders und muss lachen. »Du versuchst doch nicht etwa, mir auf subtile Weise zu sagen, ich sei eine Masochistin?«
    »Der Gedanke ist mir durchaus gekommen.«
    Doch er versucht nicht, es mir auszureden – er weiß, dass ich recht habe.
    Als Tomasetti neben einem alten, pferdegezogenen Dungstreuer bei der baufälligen Scheune parkt, ist der Horizont im Osten in pastellfarbene Ostereierfarben getaucht. Schweigend steigen wir aus dem Wagen. Die Fenster des Hauses sind gelb erleuchtet, die Hertzlers also wach, und auf halbem Weg zur Veranda geht auch schon die Tür auf.
    Eine alte amische Frau mit einem Flechtteppich über dem Arm sieht uns durch runde Brillengläser an. Sie trägt ein schlichtes schwarzes Kleid und eine weiße Schürze. Ihr silbergraues Haar ist streng nach hinten gekämmt und mit der traditionellen Kapp bedeckt. »Wer ist da?«, fragt sie mit fester Stimme.
    »Mrs Hertzler?«, rufe ich.
    »Ich kann Sie nicht sehen. Wer sind Sie?«
    »Ich bin Chief of Police Kate Burkholder, und das hier ist Agent John Tomasetti vom Bureau of Criminal Identification and

Weitere Kostenlose Bücher