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Toedliche Wut

Toedliche Wut

Titel: Toedliche Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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foltern und töten?«
    »Die Mittel sind radikal«, gibt er zu. »Aber die Mädchen sind auch weit vom Weg abgekommen. Irgendwann werden sie mir dankbar sein.« Und in dem Moment sehe ich zum ersten Mal nackten Wahnsinn in seinen Augen aufblitzen. »Leah Stuckey war nicht mehr zu retten. Aber sie starb nicht durch meine Hand. Gott nahm sich ihrer an und gab sie der Erde zurück.«
    Ich betrachte ihn fassungslos. Nicht Gott hat sie langsam sterben lassen, sondern Hunger, Ohnmacht und Quälereien haben zu ihrem Tod geführt.
    Da mir klar ist, dass sein Denkprozess nicht den Regeln der Vernunft folgt und Reden somit keinen Sinn hat, sehe ich mich verstohlen um. Der Spaten lehnt ungefähr einen Meter weit weg an der Wand. Komme ich da dran, bevor Mast sein Gewehr senkt und auf mich feuert?
    »Haben Sie den Tunnel gegraben?«, frage ich, obwohl ich mich vage erinnere, dass seine Farm einmal zum Netzwerk der Underground Railroad gehört hat.
    »Den Tunnel gibt es seit dem Bürgerkrieg, für die Sklaven aus Afrika. Sie konnten so aus dem Haus fliehen und sich in den Wäldern verstecken –«
    In diesem Augenblick hechte ich zum Spaten, greife den Stiel überm Blatt und wirbele herum, schleudere ihm das Blatt an die Brust. Mast geht in die Knie, stößt einen kehligen Laut aus und lässt das Gewehr fallen. Obwohl meine rechte Seite höllisch schmerzt, rappele ich mich auf die Füße. Er greift nach mir, aber ich ducke mich rechtzeitig weg und sehe mich schnell nach meiner Waffe um, doch entdecke ich sie nirgends. Wo zum Teufel ist meine Pistole?
    Im nächsten Moment schlingt er die Arme um meine Oberschenkel und versucht, mich zu Boden zu werfen, was mein Ende wäre. Ich packe den Spaten und treffe ihn an der Schulter, er lässt mich jaulend los und fällt auf den Hintern. Ich stürze zur Taschenlampe, er streckt den Arm aus und erwischt mein Fußgelenk, wieder stoße ich den Spaten in seine Richtung, doch der Winkel ist schlecht, und das Blatt streift nur seinen Ellbogen. Mit dem freien Fuß treffe ich ihn am Kinn, sein Kopf fliegt zurück, doch mein Fußgelenk lässt er nicht los. Wenn es ihm gelingt, mich auf den Boden zu werfen, ist es aus mit mir. Das Gewehr liegt etwa einen Meter hinter ihm, selbst wenn ich es schaffe, mich loszureißen und wegzulaufen, schießt er mir in den Rücken.
    Ich sehe zur Decke, suche die Glühbirne, aber sie ist zu weit weg. Doch das Kabel hängt direkt über mir, ich ramme den Spaten mit voller Wucht rein, durchtrenne es funkensprühend. Strom knistert, und die Birne erlischt. Im Dunkeln stoße ich mit dem Spaten nach Mast und lande einen Treffer. Er lässt mein Fußgelenk los, doch er versucht, mir den Spaten zu entreißen. Ich schleudere ihn in seine Richtung, aber nicht hart genug, denn noch während ich wegstolpere, spüre ich, wie der Spaten meine Hüfte streift. Er schwingt ihn umher, versucht, mich zu treffen.
    Und ich renne los, fuchtele mit einem Arm durch die Finsternis vor mir und streiche mit der Hand des anderen an der Wand entlang. Eigentlich wollte ich den Tunnel in die Richtung verlassen, aus der ich gekommen bin, doch die wird von Mast blockiert. Vermutlich laufe ich jetzt auf das Farmhaus zu, das ungefähr sechzig Meter vom Schlachtschuppen entfernt liegt.
    Nach nur wenigen Schritten stoße ich mit der Schulter gegen die Wand und habe Mühe, das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Ich fange mich wieder und gehe schnell weiter. Erde bröckelt unter meinen Fingerspitzen, Spinnweben kleben an meinen Händen. Ich würde gern ausprobieren, ob mein Handy funktioniert, doch ich fürchte, damit nur Zeit zu verschwenden. Mast hat meine Taschenlampe und meine .38er, und nicht zu vergessen das Gewehr. Zweifellos wird er keinen Moment zögern, blind auf mich zu schießen, um mich zu stoppen.
    Hinter mir scheint Licht auf, ich werfe einen Blick zurück über die Schulter und sehe den Strahl der Taschenlampe. Mast ist mir auf den Fersen. Mein Fuß stößt an etwas Hartes, ich stolpere und falle auf Hände und Knie, bin aber sofort wieder auf den Beinen.
    Den linken Arm vor mir ausgestreckt, ziehe ich mit der rechten Hand mein Handy aus dem Clip, klappe es auf und sehe erleichtert zwei kleine Streifen im Display. Ich drücke die Kurzwahltaste für Tomasetti.
    Er nimmt nach dem ersten Klingeln ab. »Kate.«
    Sein Ton verrät mir, dass er versucht hat, mich zu erreichen. Er weiß sofort, dass etwas nicht stimmt. »Ich bin in Schwierigkeiten«, sage ich mit atemloser, schriller Stimme.
    »Wo

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