Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
aus, ich hätte dieses Chaos auch gerne vom Tisch und aus dem Kopf. Morgen habe ich den ganzen Tag mit den Kids eingeplant und hätte mich sehr gefreut, wenn ich nicht die ganze Zeit an die Arbeit denken müsste.«
»Sorry, aber das geht mir genauso, nur ohne Kids«, sagte die Kommissarin, und die beiden wandten sich wieder ihren Unterlagen zu. Eine Stunde später verließen sie das Präsidium, fuhren mit beiden Autos in Richtung Innenstadt, wo sie sich eine Currywurst gönnten, anschließend ging es weiter nach Sachsenhausen zur Wohnung Hubert Bracks.
»Was machen wir, wenn er wieder nicht da ist?«, erkundigte sich Hellmer, der Julia keuchend folgte. Dunstschwaden stoben aus ihren Mündern, es hatte aufgeklart und war schneidend kalt.
»Entscheiden wir dann«, erwiderte die Kommissarin kurz angebunden, denn obwohl sie es niemals zugegeben hätte, setzte ihr das rasche Lauftempo unerwartet stark zu. Du hast dir eben doch etwas eingefangen, dachte sie im Stillen.
Vor dem Eingang begegnete ihnen der unangenehme Nachbar, der in einer abgetragenen Bomberjacke über demselben Trainingsanzug und mit Badelatschen an den Füßen einen gelben Müllsack nach draußen schleppte. Scheppernd stellte er ihn auf den vereisten Boden, Julia erkannte Konservendosen und leere Packungen billiger Fertiggerichte. Insgeheim war sie entsetzt, wie viele Sorten davon sie aus ihrer eigenen Küche wiedererkannte. Julia, das tut nichts zur Sache, wehrte sie diesen Gedanken ab. Erst bekommst du das mit dem Rauchen mal in den Griff, dann, vielleicht, kümmern wir uns irgendwann mal um deine Ernährung.
»Sie schon wieder.« Der Mann zeigte Julia in einem anzüglichen Lächeln seine gelben Zähne, in deren unterer Reihe eine breite Lücke klaffte.
»Stört Sie das?«, erwiderte sie spitz.
»Wie? Ach nein. Sie dürfen gerne jeden Tag bei mir klingeln.« Wieder ein breites Grinsen. »Aber den Weg nach oben können Sie sich heute sparen.«
»Wieso?«
»Na, das habe ich doch schon gestern gesagt. Hubi ist immer noch ausgeflogen. Der kommt so schnell nicht wieder, wahrscheinlich ist er noch nicht mal aufgestanden. Sie wissen schon.« Er zwinkerte vielsagend und zuckte mit den Augenbrauen.
»Hm, wir überzeugen uns lieber selbst«, mischte Hellmer sich ins Gespräch.
»Bitte, Ihre Sache. Ich wollte nur nett sein, wer weiß, wann man’s mal brauchen kann.«
Mit diesen Worten hob der Mann den gelben Sack auf und schlurfte davon.
Nur um ihr Gewissen zu beruhigen, nahm Julia den Weg nach oben auf sich, und erneut standen die beiden Kommissare erfolglos läutend vor Bracks Wohnungstür.
»Dürfen wir uns heute schon Zutritt verschaffen?«, dachte Julia laut.
»Nicht wirklich«, verneinte Hellmer. »Oder denkst du, er ist tot?«
»Wenn ich das denken muss, um da reinzukommen«, Julia deutete mit dem Daumen in Richtung Tür, »dann soll’s mir recht sein.«
»Na gut«, brummte Hellmer, »wir hatten immerhin schon einen abgängigen potenziellen Verdächtigen, der dann tot in seiner Bude hing. Löbler. Versuchen wir meinetwegen unser Glück bei der Hausverwaltung oder zur Not auch beim Schlüsseldienst.«
Julia zwinkerte ihrem Kollegen zu: »Genau das wollte ich hören. Wir müssen ja nichts anfassen, ich möchte nur wissen, ob er da ist.«
»Dann schlage ich vor, du fährst rüber zu Frau von Eisner. Wir müssen ja nicht beide hier herumstehen. Mit Manduschek wird das heute ohnehin nichts mehr.«
»Ich habe da überhaupt kein gutes Gefühl«, murmelte Julia. »Schließlich ist nicht auszuschließen, dass er als Letzter der Big Five in Gefahr ist. Das schmeckt mir nicht.«
»Ich habe ihm zwei Nachrichten hinterlassen, aber wer weiß, wo der sich an seinen Wochenenden rumtreibt.«
»So wie’s aussieht, sind wir hier die einzigen Deppen, die was tun«, kommentierte Julia. »Wo wohnt Manduschek noch mal, in Schwanheim oder so, stimmt’s?«
»Ja, Schwanheim. Wieso?«
»Soll vielleicht mal eine Streife vorbeifahren. Oder meinst du, das ist übertrieben?«
»Vorbeifahren geht immer, ich kümmere mich darum«, nickte Hellmer. »Vielleicht übernehme ich das auch selbst, je nachdem, wie lange das hier dauert.«
»Prima, dann komme ich auch gerne auf dein Angebot zurück, dass du das hier übernimmst«, lächelte Julia. »Denn ich kann mir lebhaft vorstellen, wie dieser Typ von nebenan mich die ganze Zeit über angaffen wird.« Sie schüttelte sich kurz. »Brr, ekelhaft, der hat sicherlich nicht nur den Anzug, sondern auch die Unterwäsche
Weitere Kostenlose Bücher