Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
ausgehe, nicht mit dem Sperma im Vaginaltrakt der Toten übereinstimmt, stehen wir allein mit einer unidentifizierten Leiche da. Und nur über die Website des Präsidiums zu suchen wäre wohl etwas dünn, Sie kennen ja die Erfolgsquoten, auch wenn es hin und wieder mal einen Lichtblick gibt. Bleibt uns also nur der Schritt über die Presse.«
»Schon gut«, brummte Berger, »aber ich wiederhole es noch mal: Seien Sie so diskret wie möglich, und überlassen Sie den Kontakt zu den Medien bitte ausschließlich unserer Pressestelle. Lassen Sie sich da bloß zu nichts hinreißen, auch wenn’s manchmal schwerfallen mag.«
»Ja, wir haben es kapiert«, stöhnte Julia und verdrehte die Augen. Sie wandte sich an Peter Kullmer, der als Einziger noch nichts gesagt hatte. »Du kümmerst dich dann wie besprochen um die Sache mit der Identifizierung, und such dir ruhig ein paar Leute. Aber bevor das hier im Alltagstrubel total untergeht: Es freut mich sehr, dass du wieder hier bist. Ich hoffe, Doris und der Kleinen geht es gut?«
»Ja, danke«, lächelte Kullmer, dessen Augen zwar einen gewissen Glanz hatten, aber auch sehr müde wirkten. Er hielt sich den Handrücken vor den Mund und gähnte herzhaft. »Sorry.« Er zuckte vielsagend mit den Augenbrauen. »Mag sein, dass Babys lange schlafen, aber leider nicht am Stück. Mehr als drei Stunden sind uns derzeit einfach nicht vergönnt.«
Zwei Tage vor Heiligabend hatte Doris Seidel, langjährige Partnerin im K 11 und seit geraumer Zeit mit Peter Kullmer liiert, ihre gemeinsame Tochter Elisa entbunden. Ebenso wie für Julia war es auch Kullmers erster offizieller Arbeitstag im neuen Jahr. Doch im Gegenteil zu ihr schien ihm der neue Fall bei weitem nicht so nahezugehen. Gut möglich, dass dies nur Einbildung war, aber ihn umgab eine leicht verklärte Aura, was wohl auf sein Vaterglück zurückzuführen war. Ja, es schien ihm sehr gutgetan zu haben, dachte Julia im Stillen, und sie gönnte es ihm auch. Kullmer, der selbst unmittelbar vor seinem fünfzigsten Geburtstag noch etwas von einem Dressman hatte, war vielleicht drei, vier Kilo schwerer als vor der Schwangerschaft, aber die konnte er sich durchaus leisten. »Ich habe Fotos dabei, aber nur auf dem USB-Stick, vielleicht sende ich sie zwischendurch einfach mal herum. Total süß und ganz dunkle Haare, Mensch, es ist eben ein echtes Wunder.«
»Ich freue mich drauf«, lächelte Julia. »Aber mal was anderes: Wo ist denn Sabine?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt«, antwortete Kullmer. »Ich wollte sie nach der Besprechung anklingeln. Hoffe, sie meldet sich nicht wieder krank, sonst müssen die Vertretungskollegen Kohn und Leißner uns eben noch ein Weilchen verstärken.«
»Das entscheiden wir später«, schloss Julia, »wir machen uns dann erst mal auf den Weg zu Herrn Brack. Bin gespannt, ob wir ihn zu Hause oder an seinem Arbeitsplatz antreffen.«
»Wollen wir wetten?«, grinste Hellmer. »Ich tippe ganz klar auf Möglichkeit eins. Der wird den Teufel tun, da heute aufzukreuzen.«
»Und wieso glaubst du das?«, fragte Durant stirnrunzelnd.
»Nur so eine Ahnung. Rufen wir ihn an und finden es heraus!«
Julia suchte die Handynummer in ihrer Anrufliste. Sie ließ das Freizeichen zehnmal ertönen, eine Mailbox schien es nicht zu geben, dann unterbrach sie die Verbindung.
»Nichts. Fahren wir trotzdem zu seinem Arbeitsplatz«, entschied sie, »der liegt ohnehin auf dem Weg.«
Montag, 9.10 Uhr
H ellmer und Durant betraten das Gebäude durch den Haupteingang, es war Montagmorgen, und von der Besinnlichkeit der Feiertage war nichts mehr zu spüren. Ein neues Geschäftsjahr, eine neue Kalenderwoche, ein neues Quartal – und das weltweit: Es gab jede Menge Dinge, über die man sich auf dem Kapitalmarkt nun schleunigst den Kopf zerbrechen musste. Wie würde der Dow Jones starten? Hatte es Naturkatastrophen gegeben? In welchem Krisengebiet würde es zuerst krachen – und wer würde die Waffen dafür liefern?
So zumindest wirkte das emsige Treiben auf die Kommissarin, die den eilenden, teuer gekleideten und wie aus dem Ei gepellten Männern und Frauen hinterhersah, die in das Gebäude oder aus ihm herausströmten. Dabei vergaß sie nicht, den Blick auf den Boden zu richten, es war noch immer eisig kalt, und über Nacht war sogar feiner Schneegriesel gefallen. Doch der Weg wirkte frisch gekehrt, das Salz und der Schotter neu ausgestreut. Hättest du mal lieber mit deinem Partner gewettet, dachte sie hämisch und
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