Tödlicher Absturz: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
bereits einen ersten Eindruck verschaffte.
»Die Spurensicherung ist also mit allem durch?«, vergewisserte sie sich, bevor sie sich dem Schreibtisch näherte.
»Hat Kullmer zumindest gesagt, ja. Es gab keine Hinweise darauf, dass es sich bei der Wohnung um den Tatort handeln könnte, kein Blut, keine Laken, keine Meldungen wegen Ruhestörung. Wobei an Silvester die Toleranzgrenze sicher höher liegt als sonst. Aber wir klingeln uns ja sowieso nachher durchs Haus, auch wenn es leider nur zwei Haushalte sind. Der Rest ist auf der Arbeit oder im Urlaub.«
»Das übernehmen Sabine und Peter später«, nickte Julia, »ich möchte nur mal eben sehen, mit wem wir es bei unserem Opfer zu tun hatten.«
»Fotos, Tagebuch, Laptop? Oder soll ich ein psychologisches Profil anhand ihres Bücherregals machen?«
»Ihre Identität wurde ja hinlänglich bestätigt, oder?«
»Na, hier stehen doch Fotos, und in den sichergestellten Dokumenten dürfte sich genügend Material befinden«, gab Hellmer zurück. »Das, zuzüglich der Handydaten und dieser Wohnung hier dürfte wohl genügen.«
»Nun, dann sollten wir nach Dingen Ausschau halten, die nicht ins Bild eines normalen jungen Mädchens passen«, sagte Julia nachdenklich. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass bei Lara Emmels eine ganze Menge nicht ins Bild passt, oder was meinst du? Sieht das hier aus wie die Wohnung einer Hure?«
Hellmer überlegte kurz und zog die Mundwinkel nach unten. »Irgendwie … nicht. Aber ich könnte dir auch nicht sagen, wieso.«
Küche, Wohnzimmer und Flur waren aufgeräumt, überall hingen Landschaftsfotografien, kitschige Glasskulpturen mit Ballerinas standen herum, die Sofakissen trugen Zebramuster, und drei Paar grellfarbige Plüschpantoffeln waren zu sehen. Die Wohnung hatte keinen klaren Stil, es gab weiße, moderne Hocker ebenso wie einen klobigen, alten Nussbaumschrank, eine Vitrine aus schwarzem Sperrholz mit Glastüren, einen lila Teppich und zwischen Wohnzimmer und Küche einen weißen Flokati. Von billig bis teuer war alles vertreten.
»Da hat jemand entweder zu viel oder zu wenig Geschmack«, kommentierte Hellmer trocken.
»Ja, als würde man losziehen und alles kaufen, was einem gefällt, ohne darüber nachzudenken, wie es hinterher zusammenpasst.«
»Oder, als bekäme man Geschenke von Personen, die einen überhaupt nicht kennen«, sinnierte Hellmer, und Julia schnippte mit den Fingern.
»Gute Idee, das merk dir mal!«, sagte sie anerkennend, dann begaben die beiden sich auf die Suche. Julias erster Blick galt dem Bücherregal, einer Art Wohnwand, über drei Meter breit, deren Mittelpunkt ein großer Fernsehmonitor bildete. Es gab weitaus mehr DVDs als Bücher, viele der Buchrücken waren abgegriffen, als stammten sie vom Flohmarkt oder aus einer Leihbücherei. Die Titel schienen wahllos gemischt, darunter Reiseführer und Ratgeber, das meiste waren Taschenbuchtitel. Leichte Kost, schloss Julia, nichts Ungewöhnliches. Das Gleiche galt für die Filmsammlung. Einige Cover waren kopiert, innen befanden sich zweifelsohne raubkopierte oder aus Filmzeitschriften herausgetrennte Scheiben. Liebesfilme und Komödien, außerdem ein paar klassische Actionfilme wie die Stirb-langsam-Reihe und einige neuere James-Bond-Titel. Erhellende Erkenntnisse konnte Julia hieraus nicht ableiten.
»Lassen wir es dabei bewenden«, entschied Julia nach einiger Zeit. »Der Laptop ist bei Schreck, Notizen gibt es keine brauchbaren mehr, denn ich schätze mal, das liegt alles bei der KTU. Ein Tagebuch wäre prima, aber davon hätten die Kollegen uns wohl erzählt.«
»Das gibt’s leider nur im Film«, lächelte Hellmer. »Aber ich habe dafür einen netten Fang gemacht. Schau mal.«
Er wedelte mit einem Bündel Geld, vornehmlich grüne und lilafarbene Banknoten.
»Wow!«, entfuhr es Julia. »Wo hast du das denn her?«
»Aus dem Klo«, grinste Hellmer. »Nein, ehrlich. Ich war eben im Bad und dachte mir ganz spontan, schaust du mal unter den Porzellandeckel der Spülung.«
»Ich frage jetzt besser nicht, wie man auf so etwas kommt«, erwiderte Julia und musste unwillkürlich an Hellmers Kommentar denken, dass es manches nur im Film gäbe. »Fernsehen bildet anscheinend doch, wie?«
»Nein, es ist viel profaner.« Hellmer wirkte mit einem Mal sehr ernst. »Damals, du weißt schon, als ich dieses Problem mit dem Alkohol hatte …«
»Ja?«
»Nun, ich hatte die tollsten Verstecke für meine kleinen Helfer. Hier eine Flasche Chantré, da eine
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